Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:
Scheffler, Karl: Eine Sammlung deutscher Bilder in Amerika
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0589

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MAX LIEBERMANN, STUDIE ZUR SCHUSTERWERKSTATT. l88o

sagen können, um Corot und die Impressionisten
recht kennen zu lernen, müsse man nach Amerika
fahren. Die deutsche Kunst ist bei diesem Prozess
einfach vergessen worden; man weiss drüben von
ihr sehr wenig und glaubt immer noch, dass die
deutsche Malerei des neunzehnten Jahrhunderts von
Namen wie Defregger, Knaus, Achenbach usw.
repräsentiert werde. Die Ursache liegt zu Tage.
Von der französischen Kunst, besonders vom Im-
pressionismus, ist in der ganzen Kulturwelt laut
und oft die Rede gewesen; die deutschen Meister
des neunzehnten Jahrhunderts sind aber selbst bei
uns noch nicht allgemein bekannt und anerkannt
und man weiss jenseits der Grenzen kaum mehr
von ihnen als ihre Namen. Nach Amerika ist der
Ruhm Leibls und Trübners, Feuerbachs, Böcklins
und Marees', Liebermanns und selbst Menzels kaum
jemals gedrungen; denn wenn einmal, bei Gelegen-
heit der Weltausstellungen, eine Anzahl deutscher
Bilder gezeigt wurde, so handelte es sich nie um
Eliteausstellungen, die die Anschauungen von mo-
derner deutscher Malerei drüben hätten revolutio-
nieren können.

Um so mehr erscheint es bei diesem Stand der

Dinge gerechtfertigt, dass auf eine Sammlung deut-
scher Bilder in Amerika hingewiesen wird, der
die Tendenz innewohnt, die falschen Anschau-
ungen über moderne deutsche Malerei drüben zu
korrigieren. Diese Sammlung ist nach verschie-
denen Seiten hin merkwürdig und beachtenswert.
Ihr Besitzer ist der bekannte Leiter der Philhar-
monischen Konzerte in New York, Josef Stransky.
Schon dieser Umstand ist ungewöhnlich. Es giebt
nur sehr wenige Musiker, die ein natürliches Inter-
esse für bildende Kunst haben und noch seltener
findet man bei ihnen jenen schönen, sich selbst
erziehenden Willen zur Qualität, der den Musiker
Stransky auszeichnet. Weiterhin ist diese Samm-
lung dadurch bemerkenswert, dass sie, wie gesagt,
in der Hand ihres Besitzers zu einem Mittel der
Aufklärung über moderne deutsche Kunst wird.
Stransky schreibt in amerikanischen Blättern mit
dem Eifer jungen Erkennens über seine Bilder,
knüpft daran Betrachtungen über gute deutsche Ma-
lerei überhaupt und Aufforderungen an die Ameri-
kaner, ihr Interesse erneut unseren besten Künstlern
zuzuwenden. Er hat es folgendermassen einmal
selbst formuliert; „Ich brachte meine Sammlung

53*
 
Annotationen