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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 10
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Wedderkop, Hermann von: Die Darmstädter Jahrhundertausstellung deutscher Kunst von 1650-1800
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0610

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von der Durchschnirtsvornehmheit, die jedem kleinen
Adeligen, wenn er sie nicht selbst zustande brachte, von
seinem Porträtisten verliehen wurde. Auch durch die
Reinheit und Stärke seiner Farbe fällt er aus demRahmen
der Zeit. In andern Bildern allerdings steht unvermitrelt
das Klassizistische vor uns. Sehr modern wirkt Vogel
auf manchen Porträts. Seine grossen Figuren sitzen
zarr, wie ein Hauch in der Fläche, etwas wie Atmo-
sphäre ist zu spüren und statr des neurralen Hinrer-
grundes scheint er hin und wieder schon die Landschaft
in die Einheirlichkeit des Bildes hineinziehen zu wollen.
Eine Enttäuschung sind die zahlreichen Proben der
Tischbeinschen Kunst. Ihre starke Inanspruchnahme
als Gesellschaftsmaler des Goetheschen Kreises ver-
pflichtere sie zu einem Konventionalismus, von dem in
einigen glücklichen Skizzen August Tischbeins wie in
einigen sehr frisch und unvoreingenommen gehaltenen
Stilleben Wilhelms noch nichts zu spüren ist. Dieselben
Gründe schädigten das Talent A. Kauffmanns, dieses
Prototyps sportlicher Emsigkeit. Hin und wieder rettet
sie doch wenigstens ihr Geschmack aus der allgemeinen
Routine. —

Mit zwei Bildern Chodowieckis ist die Wende vom
achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert deutlich
überschritten. Sie beweisen durch ihre guten malerischen
Qualitäten, dass dieser Künstler nicht nur der einseitige
Zeichner war, als der er gemeinhin gilt.

Von einer eigentlichen Landschaft ist in dieser ge-
sellschaftlichen Zeit auch in Deutschland keine Rede.
Sie tritt nur in einigen Gesellschaftsstücken schüchtern
hervor, so in den zierlichen Bildchen Norbert Grundts,
die in der Flüchtigkeit des Inhalts wie in der Leichtig-
keit der zarten Farbe ungewohnt echte Rokokostimmung
zeigen, freilich deutscher Art, mit einer gewissen
Herbigkeit durchsetzt, die fremd wirkt wie eine Erotik
ohne Eros. Ramberg zeigt in seinen Genreszenen die
seltene Note eines graziösen deutschen Humors, der
nie plump wird. In seinen leicht getönten Federzeich-
nungen sind die merkwürdigsten Gegensätze, klassische
Posen, Watteausche Eleganz und ein englischer Rea-
lismus zu einer neuen Individualität zusammenge-
schlossen.

Mit Recht ist auf die Zusammenstellung eines guten
Pastellmaterials Wert gelegt. Hier wie in der Miniatur
sieht man mehr als sonst die stilisierende Kraft des Ro-
koko, die auch ausbedeutenderen Gesichtern einenmerk-
würdig einheitlichen Typus schafft. Die durchgehends
sichere Technik überwindet selbst die Details leicht
trotz des spröden Materials. Unter den Miniaturen

ragt eine Serie von Füger hervor, die zum Teil bildhaft
grossen Stil hat.

Es ist bezeichnend, dass eine literarisch so be-
deutende Zeit wie die Goethes sich in der Kleinkunst
der Silhouette am besten spiegelr. Das von dem Leip-
ziger Verlagsbuchhändler A. Kippenberg zusammen-
gestellte Kabinett ist ebenso typisch für>die Zeit wie
die von Seekatz gemalten Panneaux in dem daneben
befindlichen Zimmer des „Königsleutnanti". Trotz der
Primitivität der Ausdrucksmittel haben diese Silhouetten,
die in ausgesucht guten Exemplaren vertreten sind, die
unwahrscheinliche Lebendigkeit von Marionetten.

Was man an Plastik sieht, ist naturgemäss bescheiden
und wird, soweit es sich um kirchliche Kunst handelt,
durch die Lösung aus seinem Rahmen in seiner Wir-
kung noch weiter beschränkt. Immerhin sind innerhalb
der Kleinplastik neben vielen spielerischen einige gut
charakterisierende Porträts ausgestellt. Am persön-
lichsten wirkt Permoser, bei dem man bestätigt findet,
wie wenig das sogenannte Malerische der Barockplastik,
wofern es nur nicht perspektivisch-illusionistische Ge-
lüste hat, der plastischen Wirkung Abbruch thut. Eine
Büste von ihm hat das Ekstatische der Zeit.

Das Kunstgewerbe vertreten hauptsächlich durch
die Goldschmiedekunst meist Augsburger Provenienz,
besteht fast durchgehends aus erwählten Stücken. Doch
fällt es auf, dass einige Übergangsstücke aus dem An-
fang des siebzehnten Jahrhunderts etwa alles Nach-
folgende an Grösse des Stils übertreffen.

Wenn nach allem der künstlerische Wert dieser
Ausstellung in dem gezeichneten Maasse bedingt ist, so
ist ihre zeitgeschichtliche Bedeutung um so grösser.
Für den Kulturhistoriker ist hier ein ungeheures physio-
logisches und psychologisches Material zusammenge-
bracht, das in einer von H. Uhde-Bernays höchst ver-
dienstvoll zusammengestellten Porträtgalerie, die das
künstlerische und geistige Deutschland der Zeit — oft
überraschend charakteristisch in allerlei Intimitäten —
vereint, seinen geschlossenen Ausdruck findet. —

Aus der Perspektive der Vergangenheit und der
Zukunft gesehen, erscheinen die beiden Jahrhunderte
wie ein Ausruhen nach den grossen Leistungen der
Gotik, wie eine Vorbereitung auf die Probleme der
kommenden Zeit. Wir waren nicht in der Lage, wie
Frankreich dem achtzehnten Jahrhundert ein ebenso
glänzendes neunzehntes folgen zu lassen, aber die Ruhe
dieses langen Zeitraums war vielleicht einer der Gründe,
die der deutschen Kunst des neunzehnten Jahrhunderts
eine Bedeutung gaben, die nur der französischennachsteht-

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