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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 10
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0612

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und tendenzvoller Artistik bedroht. Eine gewisse
ornamentale Eigenwilligkeit verschuldet es in die-
sem Fall, dass man die Majuskeln U und A leicht
verwechselt, dass das G dem etwas outriert wirken-
den E zu ähnlich sieht und dass man das S zuweilen
für ein L nimmt. Hiermit sind die Einwände aber
eigentlich erschöpft. Alles andere ist überzeugend,
schön und lesbar und dieses Wenige kann wohl gar
mit der Zeit noch verbessert werden. Einen sehr
guten Eindruck machen die Satzproben. Einige der
sorgfaltig und mit reifem Geschmack gesetzten, ja
man darf sagen „aufgebauten" Seiren wirken muster-
haft, zum Beispiel Seite 7, Seite 9, Seite 13. Zu be-
merken ist, dass die Schrift in ihren kleineren Graden
am angenehmsten und edelsten wirkt; zum Teil hängt
das aber wohl mit dem Verhältnis von Typen und
Seitengrösse zusammen. Der Schmuck ist reich an
geistreichen Variationen und typographisch gut er-
fundenen Formen. Dass damit ausgezeichnete Ge-
samtwirkungen zu erzielen sind, beweisen die
Satzproben. In ihnen ist viel bewegliche Phantasie
und ein bei aller Kühle vorbildlich geschulter Ge-
schmack. Besonders glücklich sind Beispiele wie die
auf den Seiten 70—72 oder auf Seite 60 gezeigten.

Dem Probenbuch hat E. R. Weiss ein Begleit-
wort beigegeben, in dem er manches Kluge und Feine
— neben einigem Allzufeinem — sagt, das um so
grösseren Wert hat als man spürt, wie es aus der
praktischen Arbeit, aus der lebendigen Thätigkeit
heraus gedacht worden ist. Daneben fällt, nicht er-
freulich, in diesem Begleitwort ein gereizter und ver-
bitterter Ton auf, ein Kampf gegen Gespenster der
Kritik, um die sich ein rechter Künstler doch den Teufel
zu scheren braucht.

Von den neuen Schriften der letzten Jahre möchte
man, nach diesen Proben, der Weiss-Fraktur die weiteste
Verbreitung, die bequemste Anwendbarkeit prophe-
zeien.

«•

Das Ereignis des Juni, fast möchte man sagen: des
Sommers, ist eine nahezu iyo Bilder umfassende van
Gogh-Ausstellung im Salon Paul Cassirer. Die Aus-
stellung ist vorzüglich gemacht, ihr ist ein sorgfältig ge-
arbeiteter Katalog beigegeben worden und sie wirkt,
mehr noch wie die grosse van Gogh-Ausstellung vor zwei
Jahren im Kölner Sonderbund, sehr instruktiv. Sie hilft
das Verhältnis zu van Gogh klären. Es zeigt sich auch
hier wieder, dass umfangreiche Ausstellungen van Gogh
nicht günstig sind. Das einzelne Bild des Holländers
wirkt überall kraft der menschlichen Originalität, die
daraus spricht; in vielen Bildern gesehen, erhält diese
Originalität aber etwas Starres und Eintöniges. Man
erkennt dann, dass das Menschentum van Goghs nicht
eigentlich vollständig Kunst geworden ist, dass sich der
Künstler zwischen Gewaltsamkeit und Artistik, hin
und her bewegt. Es fiel letzthin in der Dresdener

PIETER DE HOOGH, MUTTER MIT KINDERN. 1658

SAMMLUNG BARON VON OPPKNHEIM

Franzosen-Ausstellung schon auf, wie merkwürdig
künstlich, mit einer pikant gemachten, fast süsslichen
Farbe eines der besten Bilder van Goghs, eine der „Zug-
brücken", zwischen den gesundheitstrotzenden Werken
der Impressionisten hing. Dieser Eindruck verstärkt
sich bei Paul Cassirer und wird van Gogh gefährlich.
Man erkennt nun deutlicher, was van Gogh bei den
Intellektuellen und bei der Jugend populär macht. Es
ist die heftig schwärmende und programmatisch wol-
lende Persönlichkeit, die lapidare Art der Welt-
empfindung, die sich zu ihrer „Synthese" einer über-
deutlichen, einer überoriginellen Handschrift bedient
und eine neue Art von nazarenischer Romantik, von
lyrisch entflammter Weltanschauungskunst schafft, die
van Goghs Malerei im höheren —ja im höchsten Sinne zu
einer Publikumskunst macht. Diese Malerei muss, wenn
man alles bedenkt, am stärksten durch ihre genialische
Problematik wirken. In sieben kurzen Jahren hat van
Gogh seine Entwicklung mit rasender Eile durchlaufen
und sein imposantes, Ehrfurcht weckendes Lebenswerk
geschaffen. In einer so kurzen Zeit kann sich eine Kunst
wie die Malerlei nicht fest auf Handwerk und Tradition
gründen. Vielleicht ist alles gesagt, wenn man konsta-
tiert, dass die Malerei van Goghs nicht aus dem Hand-

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