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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 12
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Behrendt, Walter Curt: Die deutsche Werkbundausstellung in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0679

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grammatische Bedeutung von höchstem volkswirt-
schaftlichem Wert, musste vor allen Dingen auf
strengste Exklusivität halten; denn jedes, auch das
scheinbar gleichgültigste Kompromiss musste den
Ausstellungsgedanken gefährden, musste die Idee,
auf deren Darstellung und Herausarbeitung alles
ankam, verschleiern oder vielleicht gar travestieren.
Diese Forderung aber enthält in ihrem Kern gleich
die beiden wichtigsten Voraussetzungen, die für das
Gelingen der Ausstellung nicht zu entbehren waren
und die leider beide in Köln nicht berücksichtigt
worden sind. Die Ausstellung musste, da von dem
Guten immer nur das Beste gezeigt werden durfte,
in ganz bescheidenem Umfang gehalten sein, und
sie musste von einer Jury regiert werden, die in
ihrem Urteil mit umfassender Sachkenntnis die voll-
kommenste Reife, Sicherheit und Unbestechlichkeit
in Geschmacksfragen verband. Das aber war nur
möglich, wenn man nicht nur freiwillig, sondern
absichtlich darauf verzichtete, die Ausstellung
zum Gegenstand der Fremdenvereinspolitik einer
von ehrgeizigen Grossstadtwünschen geleiteten
Handelsmetropole werden zu lassen, und wenn
man sich darüber klar war, dass der Beige-
ordnete dieser Stadt, dessen verdienstvolle und
im übrigen sehr scharmante Persönlichkeit in
diesem Bezug gar nicht in Rechnung gestellt werden
durfte, infolge seiner amtlichen, das heisst abhän-
gigen und an tausend persönliche Rücksichten ge-
bundenen Stellung als geschäftsführender Vorsitzen-
der für diese Ausstellung der denkbar ungeeignetste
Mann war. Um Missverständnissen vorzubeugen:
gegen die organisatorischen Fähigkeiten des
Bürgermeisters Karl Rehorst, der sich nach besten
Kräften für die Durchführung der Ausstel-
lung eingesetzt hat und der sich auch sonst, als
Leiter des Hochbauamts der Stadt Köln, stets als
ein tüchtiger, modern gesinnter und umsichtsvoller
Meister seines Faches erwiesen hat, soll damit nicht
der geringste Einwand erhoben werden. Rehorst ist
es dank seines verbindlichen Wesens und seiner diplo-
matischen Geschicklichkeit gelungen, die Kölner
Architekten im Umkreis seines Amtes unter ein-
heitlicher Führung zu einer künstlerischen Aus-
gestaltung des mehr und mehr sich verjüngenden
Stadtbildes heranzuziehen. Eben darum aber
war er für die Geschäfte der Ausstellungs-
leitung nicht die berufene Persönlichkeit. Denn
er war gezwungen zu paktieren, Kompromisse
zu schliessen und mit Männern zu rechnen, von
deren Gutwilligkeit in anderen Fällen sehr oft

das Gelingen seiner Ideen abhängig war. Wenn
man hört, dass er bei der Gestaltung des Ausstel-
lungsgeländes mit den Entwürfen, Wünschen und
Sonderwünschen von achtundvierzig Architekten
zu rechnen hatte, so wird ihn niemand um die
Aufgabe beneiden, diese vielköpfige Künstlerschar
einem leitenden Gedanken unterzuordnen; niemand
aber wird sich unter solchen Umständen auch nur
einen Augenblick der optimistischen Meinung über-
lassen, dass es bei einer solchen Massenschau ohne
schädigende Kompromisse würde abgehen können.
Um eine Ausstellung, die ein Gelände von rund
einundeinhalb Kilometer Länge beansprucht, mit
Gebäuden von einheitlicher künstlerischer Qualität
und Gesinnung zu besetzen, dazu bedurfte es, wenn
man nicht alles in eine, praktisch bereits bewährte
Hand legen wollte, einer Elite von Baukünstlern,
wie sie leider im gegenwärtigen Deutschland kaum
schon (oder vielleicht schon wieder: nicht mehr?)
zu finden sind.

Man ist in Köln sehr stolz daraufgewesen, dass
man für die Ausstellung ein so ideales, durch seine
bevorzugte Lage am Rhein besonders geeignetes Ge-
lände zur Verfügung stellen konnte. Da die Dämme
der Eisenbahn in knapp dreihundert Meter dem
Rheinufer parallel laufen, ist das Terrain in der
Tiefenentwicklung sehr beschränkt. Es liegt auf
der Deutzer Seite, unterhalb der fürchterlichen, von
Schwechten im romanischen Stil erbauten Rhein-
brücke, ausserhalb der grossen Verkehrslinien und
ganz abseits des Stadtmittelpunktes. Die wichtigste
Aufgabe bei der Gestaltung des Ausstellungsplanes
war also die, das Gelände in Beziehung zur Stadt
zu setzen, es durch städtebauliche Massnahmen mit
der Stadt in unmittelbare Verbindung zu bringen.
Am wirkungsvollsten wäre diese Aufgabe gelöst
worden, wenn die vielgerühmte und in der That
auch aussergewöhnlich günstige Lage des Terrains
entlang dem Rheinufer hierbei in grosszügiger Weise
ausgenutzt worden wäre, wenn etwa in der Mitte
des Geländes ein grosser Dampferlandungsplatz ge-
schaffen worden wäre, wie er zum Beispiel in Ham-
burg am Alsterpavillon zu finden ist, und wenn nun
mit dieser zentralen Anlagestelle, die sich in reiz-
voller Weise hätte ausbilden lassen, ein ständiger
Schiffsverkehr von der Stadtseite her eingerichtet
worden wäre. Eine solche durch die natürlichen
Bedingungen der Situation sehr erleichterte, ja ge-
radezu gebotene Lösung der Verkehrsfrage hätte
dann auch für die weitere Aufteilung des Ausstel-
lungsgeländes nützliche Anregungen geben können.

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