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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 12
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Scheffler, Karl: Ein moderner Goldschmied: Emil Lettré
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0699

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sie sind keineswegs
nur von dieser Be-
wegung aus denk-
bar, ja, sie stehen
sogar in gewisser
Weise abseits da-
von. Und wieder
ist auch hier der
Grund, weil sie
nicht von der Theo-
rie, von der Kultur-
tendenz und dem
Programm aus-
gehen, sondern vom
Handwerk und von
der lebendigen

Werkstattstradition.
Lettre arbeitet
mit einigen aus der
Praxis genommenen
und wohl herange-
bildeten Gehilfen in
einer nicht eben
grossen Werkstatt
und verfertigt mit
gelassener Emsig-
keit eine kleine Welt von schönen Dingen. Getrie-
bene silberne Gefässe in sehr edlen Profilen, mit
kräftig geformten, aus der Masse organisch hervor-
schwellenden Henkeln, Knäufen und Griffen, gol-
denen Schmuck, auf dem die Edelsteine mit einer
feinen Originalität gruppiert sind, zärtlich gearbeitete
Kleinigkeiten, Nadeln und Ringe, Riechdosen und
Papiermesser; dann wie-
der schön gehämmerte
Becher, grosse Schalen
und Präsentierteller, alles
mit wenig Schmuck,
aber grosszügig und fein
in den Hauptformen,
alles erfunden und voll-
endet mit jener künst-
lerisch technischen
Sorgfalt, mit jener fein-
fühligen Solidität und
Gewissenhaftigkeit, die
über die Qualität ent-
scheiden und auf einen
hohen Grad von Werk-
stattkultur hinweisen.
Man denkt, wenn man

EMIL LETTRE, FIGUR IN GOLD GETRIEBEN

nach einem Ver-
gleich zur Veran-
schaulichung sucht,
vor diesen Arbeiten,
vor allem vor den
Silbergefässen, an
die Thätigkeit des
Engländers Ashbee.
Wie dieser in Eng-
land seine vor-
bildliche Gold-
schmiedekunst auf
der Basis des aus
dem Präraffaelitis-
mus erwachsenen
Kunstgewerbes aus-
geübt hat, so steht
Lettre auf dem Bo-
den des modernen
deutschen Kunstge-
werbes. Aber er
wirkt persönlicher
und bewusst artisti-
scher als Ashbee —
freilich auch weni-

ger sozial interessiert
— weil seine Situation schwieriger zu gewinnen
und zu behaupten war. Dem Engländer half die
alte gefestigte Lebenskultur einer noch herrsch-
fähigen Aristokratie und einer reifen bürgerlichen
Oberschicht; er arbeitete für ein thatsächlich
vorhandenes Bedürfnis nach vergeistigtem Komfort.
In Deutschland fehlt diese aristokratisierte Nach-
frage fast ganz. Lettre
musste sie in seiner
Vorstellung gewisser-
massen zugleich mit den
schönen Dingen des Ge-
brauchs schaffen; er ar-
beitete und arbeitet
weniger für einen wirk-
lichen als für einen ima-
ginären Käufer; er stellt
sich in den Dienst einer
vergeistigten Vornehm-
heit, die in Deutschland
nicht standesmässig,
sondern nur individuell
besteht. Reiche Käufer
haben wir genug; doch

_ EMIL LETTRE, AGRAFFE MIT SMARAGD. ENTWURF VON PFEIFFER sie kaufen Brillanten-

nichts oder v
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-schmückt

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für Lettre.

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