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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 2
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Glaser, Curt: Ausstellungen chinesischer Kunst: Paris-Amsterdam-Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0095

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LEOPARD (TEIL EINES GERATES).
BRONZE, MIT SILBEREINLAGE.

HAN-DYNASTIE
HÖHE 12 cm

BESITZER : A. STOLET, BRÜSSEL

des Bronzegusses führt kein Weg. Der starke Einstrom
buddhistischer Fremdkunst, der von Indien nach China ge-
langte, erklärt eine neue Entwicklungsphase ostasiatischer
Kunst, aber er hat ältere Schichten künstlerischer Kultur,
die immer wieder zur Oberfläche dringen, nur überlagert,
nicht verdrängt.

In der Epoche der Tangkaiser gipfelt die künstlerische
Entwicklung des alten China. In dem offenbar in seinen
Hauptteilen unmittelbar aus China importierten Hausrat eines
japanischen Kaisers der Epoche, der in dem berühmten Schatz-
hause zu Nara erhalten ist, besitzen wir ein historisches
Denkmal ersten Ranges und in ihm einen vollgültigen Maß-
stab für alle in neuerer Zeit dem Boden Chinas abgewonne-
nen Schätze. Die zeitliche Stellung vieler nach Europa ge-
langter Gegenstände wird durch den Vergleich mit Stücken
des Shösöin gesichert, das Vorkommen bestimmter Arten
sehr kunstvoller Keramik in so früher Zeit bestätigt. Das
in der Vollendung seiner Formen und dem fein gravierten
Rankenzierat an Gerät des augusteischen Rom erinnernde
Silber, das neuerdings in einer Reihe köstlicher Stücke zutage
gekommen ist, bereichert unsere Kenntnis von der viel be-
sungenen Kultur der Tangzeit, von der wir glücklich genug
sind, wenigstens eine durch viele Einzelstücke belegte Ge-
samtvorstellung zu besitzen. Allerdings erinnern manche

versuchsweise Datierungen sehr merkwürdiger und stilistisch
schwer zu deutende Stücke daran, daß nichts falscher wäre,
als auf Grund einer solchen doch nur sehr vorläufigen
Allgemeinvorstellung den Begriff chinesischer Kunst des
siebenten bis neunten Jahrhunderts allzu eng dogmatisch fest-
zulegen.

Machte es den Hauptreiz der Pariser Ausstellung aus,
daß eine Uberfülle neuer und unerwarteter Kunstgegenstände,
deren ästhetischer Wert unmittelbar überzeugte, vor eine
ebenso große Fülle von Fragen und Problemen historischer Art
stellte, so versuchte die kleine, sehr gewählte Ausstellung,
die von den Freunden asiatischer Kunst in Amsterdam ver-
anstaltet wurde, eine im Vergleich nur bescheidene Zahl
von Kunstwerken hohen Ranges in sorgfältigster Aufstellung
zu eindringlicher Wirkung zu bringen. Keramik, Plastik
und Malerei waren in drei Räumen gesondert. Man sah
vielfach die gleichen Gegenstände, die auch in Paris gezeigt
worden waren, aber sie gewannen in der anderen Umgebung
eine andere Bedeutung. Eindrucksvoll waren die fünf Vitrinen
mit keramischen Meisterwerken der Tang- und Sungzeit,
die aus den besten Sammlungen von London und Paris
zusammengetragen waren. Feierlich standen auf ihren Posta-
menten, durch schmale Pfeiler geschieden, die alten Sakral-
bronzen, in ihrer Mitte das malachitgrüne, von zwei archaisch
stilisierten Widdern getragene Weingefäß aus dem Besitze
des Herrn Eumorfopoulos in London, gegenüber buddhisti-
sche Kleinplastiken in vergoldeter Bronze, als bedeutendstes
Stück der in dieser Zeitschrift zuerst veröffentlichte Buddha,
der Herrn Prof. Sarre in Berlin gehört, und zwei zierliche Holz-
figuren, die versuchsweise in die Sungzeit datiert werden.

Auch in Amsterdam sah man das seltsame Zierwerk und
Gerät der Hanzeit aus Bronze und Jade, Tiere in naturalisti-
schen und ebenso merkwürdig wie großartig stilisierten
Formen, auch hier begegnete man dem gewaltig phantastisch
gebildeten bronzenen Drachen der Sammlung Stolet in
Brüssel, der mit — einem Fragezeichen — in die Zeit vor der
Handynastie versetzt wird. Die Berliner Sammlung erwarb
kürzlich ein geflügeltes Bein, das Fragment eines ähnlichen
Ungeheuers, das wohl einstmals mit dem jetzt in Brüssel
befindlichen ein Paar bildete.

Berlin hatte der Amsterdamer Ausstellung eine Anzahl
seiner besten chinesischen Gemälde geliehen und damit
dieser Abteilung der Ausstellung das Rückgrat gegeben.
Denn im Gegensatz zu dem vielen Vorzüglichen, was an
Plastik, Bronze, Keramik und Kleinkunst des alten China
nach Europa gelangte, ist der Zuwachs an einwandfreien
Gemälden der ältesten Epochen gering geblieben. Allein
eine Reihe von Bruchstücken von Freskomalereien, die in
ziemlicher Anzahl erschienen, ist als neue Gattung zu nennen.
Ihre Datierung schwankt noch von der Tang- zur Mingzeit.
Frühere Stücke scheinen vorzukommen, in Paris war ein
solches zu sehen, die meisten scheinen wie die zwei guten
Proben, die in Amsterdam gezeigt wurden, der späteren
Zeit anzugehören.

Kommt man von Ausstellungen, wie sie in Paris und
Amsterdam zu sehen waren, nach Berlin zurück, so empfindet
man einerseits sehr stark wohl den gesicherten Charakter
des musealen Besitzes unserer Sammlung, andererseits aber
die abseitige Stellung, in die sie durch die Abschließung


 
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