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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0320

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geben könnte, wo Röhricht — um
den Gesamteindruck nicht zu ge-
fährden — aufhört. Nicht alles ist
wie aus einem Guß. Der Hinter-
grund in dem hier abgebildeten,
sonst sehr schönen Blumenstilleben,
ist anders gesehen und gemalt als
die Blumen — mit weniger Anschau-
ung. Solchen Unstimmigkeiten be-
gegnet der Betrachter öfter. Im
ganzen macht die Ausstellung aber
einen vortrefflichen Eindruck. Sie
bestätigt, daß sich die Kräfte in der
Begabung Röhrichts gut mischen:
das Herzhafte und Gefällige, das
Spontane und Überlegende, das
Menschliche und Gesellschaftliche.

Die Bildhauerin Milly Steger
zeigte in derselben Ausstellung
einige ihrer Plastiken, in denen die
Stilabsicht durch Anmut und Sinn-
lichkeit gemildert erscheint.

Über die Ausstellung amerika-
nischer Architektur in der Akade-
mie ist noch nachzutragen, daß
Kenner Amerikas manches vermißt
haben, was geeignet gewesen wäre,
das Niveau ein wenig zu heben.
Wie alles, was man von amerika-
nischer Architektur sieht, impo-
nierte, ja überwältigte auch das in
dieser Ausstellung Gezeigte durch
die Kühnheit der Unternehmung,
durch die Fülle der Quantität. So-
bald man die Säle verlassen hatte,
verflüchtigte sich aber der Ein-
druck , es blieb nichts oder fast
nichts von dem zurück, was nur die
reine Kunst zurückläßt. Es inter-
essierte aufs höchste alles, was
Erich Mendelsohn in seinem amü-
santen Buch „Amerika, Bilderbuch

eines Architekten" (Rudolf Mosse Buchverlag, Berlin) tem-
peramentvoll und stellenweis überzeugend zur Sprache
bringt. Es ist ungeheuer viel; nur für die künstlerische Be-
trachtung ist es nicht viel. Ob man sagen darf und muß „noch
nicht viel", wird die Zeit lehren. Beim Betrachten der Photo-
graphien konnte man an das denken, was Cooper in seinem
Roman „Die Ansiedler" (aus der Reihe der Lederstrumpferzäh-
lungen) aus seiner kleinen amerikanischen Vaterstadt Cooper-
town so amüsant von der damaligen Bauweise, von dem „ge-
mischtenStil" und dem draufgängerischen Dilettantismus Hiram
Doolittles erzählt. Die Komik dieser kolonialen Bauerei ist noch
heute nicht ganz überwunden, das Knabenhafte im Wesen des
Amerikaners zeigt sich noch jetzt in seinen Wolkenkratzer-
architekturen. Sieht mans im großen an, so spielt das kleine
Europa die Rolle des sterbenden alten Griechenland und
Amerika die des zur Weltherrschaft aufsteigenden Rom.
Vielleicht wird sich amerikanische Kolossalarchitektur zur

HENRI ROUSSEAU, DIE ZOLLSTATION

AUSGESTELLT IN DER GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN
MIT ERLAUBNIS DER SOGIETE DU DROIT D'AUTEUR AUX ARTISTES

europäischen Baukunst einst verhalten wie die Roms zu der
Griechenlands. Darüber wird ja aber in den nächsten Jahren
noch oft und viel die Rede sein. K. Sch.

Corinth-Ehrungen. In Berlin, in Deutschland ist noch
kein Künstler geehrt worden wie Corinth. Selbst Menzel
nicht. Von Leibi nicht zu reden. Drei gleichzeitig statt-
findende Ausstellungen in der Nationalgalerie, Akademie und
Sezession, Eröffnungsfeierlichkeiten, die stellenweis mehr den
Charakter von Totenfeiern hatten, Ministerreden, die in ein
verstecktes politisches Rededuell ausarteten, und Presse-
stimmen, die zu dem Glauben verleiten mußten — und ver-
leitet haben! —, die deutsche Kunst hätte einen Künstler
wie Corinth nie hervorgebracht. Nur der Böcklintaumel vor
zwanzig Jahren läßt sich dieser Übersteigerung vergleichen.
Namen wie Grünewald, Rembrandt, Rubens, Frans Hals
waren eben gut genug, um Corinths Ruhm zu messen.

Wie der Rückschlag nach dem Böcklintaumel gekommen
 
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