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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 9
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0398

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Stücke dazu in sehr schlechten einfarbigen Wiedergaben.
Jeder weiß, welche Rolle die Farben in der chinesischen
Keramik, deren Höhepunkt übrigens bei weitem nicht im
achtzehnten Jahrhundert liegt, spielen. Er stellt den chine-
sischen Vasen einen japanischen kleinen Henkelbecher gegen-
über, dessen Reize wir übrigens bei der einfarbigen Wieder-
gabe auch nicht recht werten konnten. Wenn die japanischen
Künstler die Technik des Hartporzellans nicht kultivierten,
liegt der Grund, unserer Meinung nach, nicht nur darin,
daß die harte lichtdurchlässige Masse dem japanischen Ge-
schmack keineswegs entsprach, sondern darin, daß es den
Japanern nur sehr spät und nie vollkommen gelungen ist,
ein dem chinesischen gleichwertiges Porzellan zu erzeugen
und daß ihnen auch die farbenprächtigen und edlen Gla-
suren niemals recht glückten. Daß die japanischen Töpfer
aus diesen Mängeln Tugenden machten, ist ihnen allerdings
hoch anzurechnen.

Im großen und ganzen scheint es uns, als ob das Anfecht-
bare von Großes Vortrag in der Fragestellung lag. Mehr als
ein geschmacklicher Vergleich zwischen den beiden Ländern
hätte uns eine Darstellung der inneren Zusammenhänge bei-

der Künste interessiert. Schließlich ist es kein wissenschaft-
liches Problem, ob der allgemeine Kunstgeschmack sich heute
mehr dem Chinesischen als dem Japanischen zuwendet.
Wer unsere Zeit erkannt hat, wird die Ursache für diese
Tatsache darin sehen, daß die sinnlich-lebendige chinesische
Volkskunst stärker auf die heutigen Menschen wirkt, als die
übergeschmackvolle, blutarmere japanische Sammlerkunst.
Die chinesische Kunst hochschätzen, heißt nicht die japani-
sche unterschätzen, aber die letzte ist schon durch das kul-
tivierte moderne Japan und durch die europäische Wissen-
schaft bis ins verborgenste Fältchen erforscht, während das
ungeheuere Gebiet der chinesischen Kunst noch in vieler Hin-
sicht Neuland bedeutet. Daß den Forschern chinesischer
Kunst Irrtümer unterlaufen, ist bei der Fülle des Materials
leicht begreiflich. Daß manches Zweitklassige, solange
man das Erstklassige nicht kennt, zu hoch eingeschätzt wird,
ist zu entschuldigen, ebenso, daß man hin und wieder auf
eine Fälschung hereinfällt. Aber all dies rechtfertigt nicht
die Angriffe gegen die Forscher, die sich die Durchdringung
des unermeßlichen Materials, das uns die chinesische Kunst
dreier Jahrtausende bietet, zum Ziel gesteckt haben.

CARL BLECHEN, HEIDELBERGER SCHLOSSRUINE. 75:85 cm

AUSGESTELLT IN DER GALERIE KARL NICOLAI. BERLIN

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