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Heft 9
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NEUE BUCHER
Lewis Mumford, Vom Blockhaus zum Wolken-
kratzer. Eine Studie über amerikanische Architektur und
Zivilisation. Bruno Cassirer Verlag, Berlin. M. 9.—.
Dieses Buch, verfaßt nicht von einem „Fachmann", son-
dern von einem Outsider, schildert die amerikanische Archi-
tektur von ihren charaktervollen Anfängen im neuenglischen
Dorfe bis zu ihrem Niedergang in den unschöpferischen und
gestaltlosen Werken der großstädtischen Zivilisation. Diese
kurze und ungestüme Entwicklung, die sich auf wenige
Jahrhunderte zusammendrägt und nach Tempo und materiel-
len Kräften außer allem Vergleich steht, wird hier, zum
erstenmal, nicht als eine philologisch
trockene Zusammenstellung bauge-
schichtlicher Daten gegeben, auch
nicht als eine fachmännische Apotheose
des technischen Fortschritts; sondern
sie wird kritisch betrachtet als Ergeb-
nis einer geistesgeschichtlichen Ent-
wicklung. Die Architektur erscheint
dem Verfasser unauflöslich verknüpft
mit dem Lauf der Zivilisation. Von
solchem Standpunkt empfinder er jene
Entwicklung, die uns so oft als ein
beispielloser und unvergleichlicher
Aufstieg dargestellt worden ist, als
einen furchtbaren und verhängnisvollen
Niedergang. Einen Niedergang, dessen
tiefste und letzte Ursache in der Auf-
lösung aller sozialen Bindungen erkannt
wird — womit dann die Identität mit
der europäischen Entwicklung festge-
stellt wäre. Und wenn man sich ver-
gegenwärtigt, wie weit diese Auflösung,
unter dem unbeschränkten Einfluß
eines übermächtigen Kapitalismus, von
keiner geschichtlichen Überlieferung
gehemmt, im Lande der Freiheit ge-
trieben worden ist, so wird damit zu-
gleich auch der chaotische Zustand an-
gedeutet, in dem sich die zeitgenössische
Baukunst Amerikas befindet. Hervor-
ragende Einzelleistungen, architekto-
nische Schöpfungen von hohem künst-
lerischen Wert, an denen es nicht
fehlt und denen der Verfasser volle
Bewunderung und Anerkennung zollt,
vermögen an diesem Zustand nichts
rURU-SCHNITZEREI AUS NEUMECKLENBURG
AUSGESTELLT IN DER GALERIE
A. FLECHTHEIM, BERLIN
zu ändern, noch die Tatsache zu verschleiern, daß für die
gedeihliche Entwicklung der Architektur, wie aller Kunst,
die unentbehrlichen Voraussetzungen durch Ordnung der
sozialen Zustände erst noch zu scharfen sind.
Dieses Buch legt in schonungsloser Weise die Struktur und
die Zielrichtung des modernen amerikanischen Geistes bloß
und gründet damit einen gerechten Maßstab für die Schätzung
auch seiner architektonischen Leistungen. Es erscheint somit
zu rechter Zeit, um die in Blüte stehende Legendcnbildung
über amerikanische Baukunst zu zerstören. Da der Verfasser
überdies seinen schwierigen Stoff voll Temperament und
unbeschwert von allem theoretischen
Ballast vorzutragen weiß und seine
anziehende Darstellung bei gelegent-
lichen Abschweifungen auf Neben-
gebiete mit allerlei geistreichen Be-
merkungen von oft aphoristischer
Prägung durchsetzt, so ist ein unter-
haltsames Buch entstanden, das man
mit unverminderter Spannung von
Anfang bis zu Ende durchliest.
W. C. Behrendt.
Julius Aufseesser: Aus mei-
nem Sammlerleben. Bruno Cassirer
Verlag 1925.
Das meiste, was in diesem rei-
zenden Buch steht, ist vorher in
„Kunst und Künstler" erschienen. Da
diese Beiträge mit größtem Anteil
aufgenommen worden sind, werden
sie den Lesern in Buchform doppelt
willkommen sein. Jeder kommt auf
seine Kosten, weil in aller An-
spruchslosigkeit eine Fülle des kunst-
historisch, kulturell und lokalgeschicht-
lich Wertvollen gesagt ist. Daneben
ist das Buch so unterhaltend, so spon-
tan aus Lebensgefühl und Sammler-
erfahrung heraus geschrieben, daß es
sich wie ein Zeitroman liest und wie
ein solcher zu fesseln vermag. Das
Buch enthält 32 Abbildungen und
stellt sich in geschmackvoll sachlicher
Form höchst vorteilhaft dar.
Karl Schelf ler.
373
Lewis Mumford, Vom Blockhaus zum Wolken-
kratzer. Eine Studie über amerikanische Architektur und
Zivilisation. Bruno Cassirer Verlag, Berlin. M. 9.—.
Dieses Buch, verfaßt nicht von einem „Fachmann", son-
dern von einem Outsider, schildert die amerikanische Archi-
tektur von ihren charaktervollen Anfängen im neuenglischen
Dorfe bis zu ihrem Niedergang in den unschöpferischen und
gestaltlosen Werken der großstädtischen Zivilisation. Diese
kurze und ungestüme Entwicklung, die sich auf wenige
Jahrhunderte zusammendrägt und nach Tempo und materiel-
len Kräften außer allem Vergleich steht, wird hier, zum
erstenmal, nicht als eine philologisch
trockene Zusammenstellung bauge-
schichtlicher Daten gegeben, auch
nicht als eine fachmännische Apotheose
des technischen Fortschritts; sondern
sie wird kritisch betrachtet als Ergeb-
nis einer geistesgeschichtlichen Ent-
wicklung. Die Architektur erscheint
dem Verfasser unauflöslich verknüpft
mit dem Lauf der Zivilisation. Von
solchem Standpunkt empfinder er jene
Entwicklung, die uns so oft als ein
beispielloser und unvergleichlicher
Aufstieg dargestellt worden ist, als
einen furchtbaren und verhängnisvollen
Niedergang. Einen Niedergang, dessen
tiefste und letzte Ursache in der Auf-
lösung aller sozialen Bindungen erkannt
wird — womit dann die Identität mit
der europäischen Entwicklung festge-
stellt wäre. Und wenn man sich ver-
gegenwärtigt, wie weit diese Auflösung,
unter dem unbeschränkten Einfluß
eines übermächtigen Kapitalismus, von
keiner geschichtlichen Überlieferung
gehemmt, im Lande der Freiheit ge-
trieben worden ist, so wird damit zu-
gleich auch der chaotische Zustand an-
gedeutet, in dem sich die zeitgenössische
Baukunst Amerikas befindet. Hervor-
ragende Einzelleistungen, architekto-
nische Schöpfungen von hohem künst-
lerischen Wert, an denen es nicht
fehlt und denen der Verfasser volle
Bewunderung und Anerkennung zollt,
vermögen an diesem Zustand nichts
rURU-SCHNITZEREI AUS NEUMECKLENBURG
AUSGESTELLT IN DER GALERIE
A. FLECHTHEIM, BERLIN
zu ändern, noch die Tatsache zu verschleiern, daß für die
gedeihliche Entwicklung der Architektur, wie aller Kunst,
die unentbehrlichen Voraussetzungen durch Ordnung der
sozialen Zustände erst noch zu scharfen sind.
Dieses Buch legt in schonungsloser Weise die Struktur und
die Zielrichtung des modernen amerikanischen Geistes bloß
und gründet damit einen gerechten Maßstab für die Schätzung
auch seiner architektonischen Leistungen. Es erscheint somit
zu rechter Zeit, um die in Blüte stehende Legendcnbildung
über amerikanische Baukunst zu zerstören. Da der Verfasser
überdies seinen schwierigen Stoff voll Temperament und
unbeschwert von allem theoretischen
Ballast vorzutragen weiß und seine
anziehende Darstellung bei gelegent-
lichen Abschweifungen auf Neben-
gebiete mit allerlei geistreichen Be-
merkungen von oft aphoristischer
Prägung durchsetzt, so ist ein unter-
haltsames Buch entstanden, das man
mit unverminderter Spannung von
Anfang bis zu Ende durchliest.
W. C. Behrendt.
Julius Aufseesser: Aus mei-
nem Sammlerleben. Bruno Cassirer
Verlag 1925.
Das meiste, was in diesem rei-
zenden Buch steht, ist vorher in
„Kunst und Künstler" erschienen. Da
diese Beiträge mit größtem Anteil
aufgenommen worden sind, werden
sie den Lesern in Buchform doppelt
willkommen sein. Jeder kommt auf
seine Kosten, weil in aller An-
spruchslosigkeit eine Fülle des kunst-
historisch, kulturell und lokalgeschicht-
lich Wertvollen gesagt ist. Daneben
ist das Buch so unterhaltend, so spon-
tan aus Lebensgefühl und Sammler-
erfahrung heraus geschrieben, daß es
sich wie ein Zeitroman liest und wie
ein solcher zu fesseln vermag. Das
Buch enthält 32 Abbildungen und
stellt sich in geschmackvoll sachlicher
Form höchst vorteilhaft dar.
Karl Schelf ler.
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