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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 10
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0444

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kraft besäße, wie den des Delfter Meisters. So setzte sogleich
nach dem Bekanntwerden der Nachricht ein wahrer Wett-
lauf ein, in dem der ungekrönte König der Kunsthändler,
Sir Joseph Duveen, angeblich mit einem Gebot von 3 50000 Mk.
Sieger blieb. Wie man hört, wird das Bild demnächst in
einer der großen amerikanischen Sammlungen seinen Platz
finden.

Durch den Tod des Malers Becker-Gundahl ist der Plan
der Ausmalung der Apsis des Bamberger Doms, der be-
kanntlich bereits ziemlich weit gediehen war, vereitelt wor-
den. Die HoiFnung, daß das ganze Projekt nun begraben
sei, scheint sich aber nicht zu verwirklichen. Wie wir hören,
soll neuerdings Karl Caspar in München beauftragt worden
sein, einen neuen Entwurf herzustellen. Man braucht nicht
ein grundsätzlicher Gegner des Planes zu sein, um auch
diese Wahl für äußerst bedenklich zu halten. Caspars bis-
herige Versuche religiöser Malerei berechtigen nicht zu der
Hoffnung, daß er eine annehmbare Lösung der schwierigen
Aufgabe finden wird. Trotz allen Geredes von einer Er-
neuerung kirchlicher Kunst, scheint es nicht, daß unsere
Zeit imstande ist, den Weg zu finden, an eine seit langem
erloschene Tradition wieder anzuknüpfen. Für einen Versuch
aber, der aller Voraussicht nach zum Mißlingen verurteilt
ist, scheint kein Platz weniger geeignet als eines der Heilig-
tümer altdeutscher Kunst.

Der Umbau des Berliner Opernhauses ist allen
entrüsteten Protesten der Öffentlichkeit zum Trotz mit einer
bei behördlichen Bauten sonst kaum gewohnten Pünktlich-
keit begonnen worden. Reichlich spät haben sich die Aka-
demie der Künste und der Bund deutscher Architekten nun
besonnen, daß sie wohl die Pflicht hätten, gegen diese
Verschandelung eines der edelsten Baudenkmäler der an
Zeugen einer künstlerisch bedeutenden Vergangenheit gewiß
nicht übermäßig reichen Stadt Berlin Einspruch zu erheben.
Es wird darauf hingewiesen, daß andere Lösungen wohl
möglich seien, daß man einen Weg finden könne, der
Sicherheit des Betriebes ebenso wie den ästhetischen An-
sprüchen Rechnung zu tragen. Ob diese mehr oder weniger
schön stilisierten Protestkundgebungen noch etwas nützen
werden, muß man sehr bezweifeln. Die Herren von der
Hochbauabteilung des Finanzministeriums konnten über die
Meinungsäußerung der Akademie und der Architekten-
schaft nicht ebenso achtlos hinweggehen wie über die kaum
zu mißdeutenden Pressestimmen. Es wurde eine Sitzung
einberufen, die natürlich ergebnislos verlief, weil nicht der
gesamte Fragenkomplex von Grund auf zur Erörterung stand,
weil die Erhaltung des Knobelsdorffbaues überhaupt nicht
mehr zur Diskussion gestellt war, sondern nur die Möglich-
keit, ihn so oder anders zu verunstalten. So ist leider, wie
es scheint, trotz dieser nachträglichen Geste des Finanz-
ministeriums das Schicksal des Opernhauses endgültig besie-
gelt, und mit ihm das Schicksal des einstmals schönsten
Platzes der Stadt Berlin, der im Laufe der letzten zwanzig
Jahre wahrhaft grausam verschandelt worden ist.

Wird man endlich aus dieser traurigen Erfahrung eine
Lehre ziehen? Noch andere finstere Pläne werden von den
städtischen Behörden gebrütet. Will man auch in anderen

Fällen warten, bis es endgültig zu spät ist? Akademie und
Architektenschaft sollten rechtzeitig ihre Stimme erheben,
damit nicht bei den im Inneren Berlins geplanten Straßen-
durchbrüchen wieder wertvolles Kulturgut nutzlos geopfert
wird.

Goyas Bildnis des spanischen Generals Jose Queralt,
das früher in der Sammlung James Simon in Berlin hing,
ist kürzlich von der Münchner Pinakothek erworben worden.
Es handelt sich um eine bedeutende Schöpfung aus der
Spätzeit des Meisters, ein würdiges Gegenstück zu dem
herrlichen Porträt der Königin Luisa, das bereits seit län-
gerem in der Pinakothek hängt.

Der Plan einer Architekturausstellung, wie er vor
kurzem an dieser Stelle entwickelt worden ist, wird bereits
im kommenden Jahre in Stuttgart verwirklicht werden. Der
Stuttgarter Gemeinderat beabsichtigt, eine großzügige städ-
tische Siedelung auf dem Weißenhof Zu errichten, und er
hat sich mit dem Werkbund dahin verständigt, daß die An-
lage zunächst in Form einer Ausstellung „Wohnung der
Neuzeit" der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden soll.
Das Wohnungsbauprogramm der Stadt Stuttgart sieht den
Bau von 1600 neuen Wohnungen vor. Es soll nun zunächst
eine Gruppe mehrstöckiger Miethäuser sowie reiner Siedlungs-
bauten, zum Teil im Serientyp, fertiggestellt werden, die für
weitere billige Massenausführung geeignet sind. Es wird sich
darum handeln, die Erfahrungen, die in den letzten Jahren ge-
macht worden sind, an einer großen Aufgabe zu erproben und
die Brauchbarkeit der neuen Methoden rationellen Bauens und
Wohnens zu erweisen. Die künstlerische Leitung liegt in
den Händen des Berliner Architekten Mies van der Rohe.
Neben ihm sollen aber auch andere führende deutsche Bau-
künstler zur Mitarbeit berufen werden. Die Durchführung
des schönen Projektes wird ohne Zweifel einen bedeutenden
Schritt auf dem Wege zur Verwirklichung der neuen Bau-
gedanken in Deutschland darstellen.

Von dem Allgemeinen Lexikon der bildenden
Künstler ist soeben der neunzehnte Band erschienen, der
den Buchstaben J und den Anfang des Buchstaben K enthält.
Der erste wichtige Artikel behandelt Ingres. Von anderen
Meistern des neunzehnten Jahrhunderts sind Jongkind, Is-
raels, der Schwede Ernst Josephson und die beiden Isabey
zu nennen. M. J. Friedländer behandelt in seiner vorbild-
lichen knappen Weise Adriaen Isenbrant, Zoege von Man-
teuffel hat den Beitrag über Jakob Jordaens verfaßt. Be-
sonders reichhaltig sind in dem Bande die ostasiatischen
Künstler vertreten, deren Bearbeitung von Otto Kümmel
stammt. Seine Darstellung der Kano-Schule ist ein Muster-
beispiel philologischer Akribie. So ist auch dieser Band wie-
der zu einer Fundgrube des Wissens geworden. Man muß
hoffen, daß es glückt, das schwierige Unternehmen weiter
zu fördern und in nicht zu ferner Zeit zum Abschluß zu
bringen.

Van Goghs „Arlesienne" ist vor kurzem durch
Stephan Bourgeois an den New Yorker Sammler Adolf
Lewisohn verkauft worden. Die berühmtere Fassung des

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