Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:
Ahlers-Hestermann, Friedrich: Overbeck und sein Kreis: Ausstellung im Behn-Haus zu Lübeck
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0463

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
PETER CORNELIUS, GRABLEGUNG. UNVOLLENDET

und Bildnissen, dann aber auch vor den religiösen Darstel-
lungen, ihrer Ausgewogenheit, dem Adel von Geste und Ge-
wandung. — Hoheitsvoll und mit milder Gebärde steht
Christus am Ostermorgen vor der kniend Hingesunkenen,
die Felsengruft hebt sich dunkel von den morgendlich kla-
ren Bergzügen des Horizonts und dem umbuschten, leicht
verschleierten Flußtal, zu dem die zwei Jünger hinabschrei-
ten, fern, und von seitlichen Strahlen beleuchtet. — Wo
ist hier Härte und Buntheit, wo gar Trockenheit und Kälte?

Freilich gebietet wägende Prüfung, zu sagen, daß bei der
Mehrzahl der religiösen Bilder und zumal bei denen der
schwächeren Genossen nur Einzelheiten uns beglücken, wäh-
rend die Gesamtwirkung das Herz nicht berührt. Denn Over-
beck war nicht der Gewaltige, aus eigenem Sehergeist das
zu schaffen, was in natürlicherweise nur aus der großen
Gemeinschaft der Gläubigen entsteht. So bleibt seiner
Frömmigkeit etwas wie Sehnsucht nach den alten Zuständen
verhaftet, genährt von den Bildern der Alten, etwas Ab-
seitiges, Sektenhaftes, fern seinem Volke: Romantik. Und
so haben wir Heutigen denn den reinsten Genuß vor seiner
schlichten Darstellung eines italienischen Landmädchens
Wittoria Caldoni). Das volle Oval in die Hand gestützt,
blicken uns die Augen gerade an, kindhaft-klar, ohne Ver-
schwiegenheiten und Hinterhalt. Die ruhige Plastik in all
ihrer Selbstverständlichkeit, das Stück Landschaft dahinter,
das bei aller Schönheit doch durchaus Hintergrund bleibt,

die farbige und lineare Harmonik dieses Bildes ergibt ein
phrasenloses Meisterwerk, dessen hoheitsvollen Geist wir
dann später, nach dem Heroischen gesteigert, aber ohne
die menschliche Wärme, in Feuerbachs Römerinnen wieder-
finden.

Unter den Genossen, die oft nur eine kurze Wegstrecke
mit ihm gingen, ist Julius Schnorr v. Carolsfeld einer der
wenigen, der sein ganzes Leben der nazarenischen Idee treu
blieb. Er hat später die populäre Bilderbibel geschaffen,
und überhaupt sind bis zu Josef v. Führich hin schöne Wir-
kungen auf dem Gebiet der Illustration von dem römischen
Kreise ausgegangen. Schnorrs Zeichnungen sind meisterlich:
In den Rohrfederskizzen zu den Massimi-Fresken läßt die
schöne, mehr kraft- und füllegeladene als auswägend ge-
glättete Komposition von fern an die Krönung des Werkes
der Deutsch-Römer, an Hans von Marees denken. Auf
Schnorrs Bildern herrscht eine tiefere, waldigere, schwärz-
liche Farbigkeit, das Landschaftliche ist sehr gefühlt, aber
nicht so glücklich eingeordnet wie bei Overbeck. Leidet
darunter etwas die Einheit des (frühen) Bildes „Der heilige
Rochus Almosen verteilend", so entschädigt uns innige und
präzise Individualisierung der Figuren: die hagere Frau im
Profil ist tief unsentimental gesehen, sie steht dort unver-
geßlich einprägsam in harter, fast edel zu nennender Ab-
gezehrtheit.

Seltsam und erstaunlich ist der Einfluß des stillen Over-

45<5
 
Annotationen