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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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Edon, Magda: Memoiren eines Berufsmodells, I
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0016

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Memoiren eines Berufsmodells
Wir veröffentlichen hier die Lebensbelrach-
fung eines Malermodells, ganz in der Form, wie
!• Frl. Edon es abgefaßt hat. Ähnliche Artikel
lassen wir folgen.
Die Schriffleitung.
Ich war siebzehn Jahre, da wurde ich durch eine merkwürdige
Verkettung verschiedener Zufälle — Berufsmodell. Und das kam
so: ich hatte eine Stellung in einem Kaufhaus, das Pleite machte.
Ich saß förmlich auf der Straße und wußte nicht ein noch aus.
Vergebens mühte ich mich um Erwerb. Leider, es gelang mir nicht
so eilig, als ich es hatte, einen Posten zu finden. Ganz verzagt
dachte ich bereits an das Ärgste, sah mich verhungert oder, was
mir damals noch ärger schien, verkauft, da lernte ich in einem
Laden, wohin ich mich vergebens wegen einer Arbeit bemüht hatte,
einen berühmten Maler kennen, der mich als Kopfmodell ver-
wendete. Der Mann gefiel mir durch sein wortkarges, aber dennoch
menschenfreundliches Gehaben. Er nahm mir das Mißtrauen gegen
diesen arg verleumdeten Beruf. Ich entdeckte, daß es hier nicht so
schlimm zugeht, als oberflächliche Gemüter glauben urteilen zu
dürfen.
Es hängt nur von dem Benehmen des Modells ab. Außerdem
sind ja diese Art Künstler in gewisser Hinsicht an Frauenreize
beruflich gewöhnt und abgestumpfter im Begehren.
Im weiblichen Akt schaut der Künstler den Weg zu dem Bild-
werke, darum er sich strebend müht. Also — das Weibchen kommt
nicht in Frage, wenn — es sich nicht just um gegenseitige, heftige
Zuneigung handelt. Das sind aber Ausnahmefälle, die ja in jedem
Berufszweige einem Mädchen widerfahren können.-Gegen die
Liebe gibt es keine Schranke. —
Mir selbst ist das wohl einmal zugestoßen, daß ich mit einem
Künstler mich vorübergehend fand, aber das geschah nicht in
meiner Eigenschaft als Modell, sondern bei einem Fünfuhrtee, wo
ich ihn als Tanzpartner hatte. Er hatte keine Ahnung, wer und
was ich bin, und ich desgleichen wußte auch nicht seinen Namen.
Die Überraschung stieg, als ich eines Tages durch einen Maler die

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