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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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Zierer, Ernst: Kunstbetrachtung, II
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0122

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Werner Peiner

Der Rhein (Ol)

Ku nstbef Pachtung
von
DR. ERNST ZIERER
II

Es ist leichter zu sagen worauf es in einem Werturteil nicht ankommt als
umgekehrt, die positive Seite eines Kunstwertes auszusprechen, immer wieder
müssen wir die Erfahrung machen, daß wir uns in Widersprüche zu unseren
eigenen Behauptungen begeben, sobald nicht nur eine Phrase und nicht nur
eine Kunsttheorie Gegenstand der Betrachtung ist, sondern das Kunstwerk
selbst einer Beurteilung unterzogen werden soll. Wenn wir beispielsweise
behaupten, daß für den Wert eines Kunstwerkes nicht entscheidend sei „was“
dargestellt wurde, sondern „wie“ es. gestaltet worden sei, so vermag wohl
diese Redensart Sympathie zu erwecken; sie bringt irgendwie unser instink-
tives Verhältnis zum Wesen der Kunst in Schwingung. Wenn wir aber ein
Kunstwerk beurteilen und das Verständnis für diese Redensart zeigen sollen,
so stellt sie sich recht bald als eine leere Phrase heraus, mit der man nichts
anzufangen weiß. Ihre praktische Unbrauchbarkeit kündet sich schon
theoretisch an, sobald die Unterscheidung zwischen dem Was und dem Wie in
der Kunst versucht wird. Es läßt sich nämlich an jedem Werturteil der
Wissenschaft und Kritik beweisen, daß es immer auf das Was gestützt ist,
auch dann noch, wenn es vorgibt, sich mit dem Wie im Sinne des Rein-
Künstlerischen auseinandergesetzt zu haben. Was versteht man denn unter

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