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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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Edon, Magda: Memoiren eines Berufsmodells, II
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0038

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Memoiren eines Berufsmodells
Wir veröffentlichen hier die Lebensbeiradi«
fung eines Malermodells, ganz in der Form, wie
II. Frl. Edon es abgefaßt hat. Ähnliche Artikel
lassen wir folgen.
Die Schriftleitung.

Diesen Monat ist es gerade fünf Jahre her, daß ich zum ersten
Male meinem neuen Beruf nachging. Ich saß damals als Kopf-
modell für ein Bildnis, welches später auf der Ausstellung der
Berliner Sezession einige gute Kritiken in den Tageszeitungen er-
hielt. Ich selbst habe diese Ausstellung nicht besucht, da ich in
diesen Tagen von früh bis spät zu tun hatte, aber ich las eifrig die
Besprechungen, welche in den Zeitungen erschienen, und es durch-
lief mich ganz heiß, als ich auf einmal auf den Namen „meines
Malers“ stieß und seine Arbeit, mein Bildnis, lobend erwähnt sah!
Dieser Maler empfahl mich seinem Freund, welcher an einem
großen Bild: „Badende Frauen“ arbeitete. Ich habe für einige
Figuren dieses Gemäldes Modell „gestanden“ und damals zum
ersten Male aus einer grauen Leinwand ein großes Kunstwerk ent-
stehen sehen. Als ich am ersten Morgen im Atelier erschien,
begrüßte mich der Künstler zwar freundlich, aber ließ auf sein:
„Guten Morgen, freut mich sehr“ gleich folgen: „Da ist Ihre Kabine,
ziehen Sie sich bitte schnell aus, ich möchte anfangen!“ Was ich
da in den wenigen Minuten in meiner kleinen Kabine ausgestanden
habe, kann ich gar nicht beschreiben; ich glaube, am meisten hatte
ich Angst davor, keine gute Figur zum Aktmodell zu haben. Ich
hatte mich zu Hause stundenlang vor meinem kleinen Spiegel
kritisch betrachtet und war zu der beruhigenden Schlußfolgerung
gekommen, daß es gut ginge. Aber als nun der kritische Moment
da war, schnürte mir die Angst die Kehle zu Fünf Minuten
später war dies alles überwunden, und ich saß ganz beruhigt nach
einer kurzen Anweisung des Malers auf einem molligen Teppich
für einen Rückenakt als „badende Frau“, welche sich im Sande aus-
ruht. -Jetzt war ich Aktmodell geworden, und ein Gefühl von
Stolz stieg in mir auf.
Im Lauf der Jahre habe ich noch einmal für ein Gemälde
„Badende Frauen“ Modell gestanden. Dies aber unter ganz anderen

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