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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0126

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239

Nekrologe.

240

mernden. Der Tod hattc ihn in schöncn Träumen
von der Hcimat, ivelche er in kurzer Zeit iviederzu-
sehen sich sehnte, hinweggenommen. Jm Begriffe ab-
zureisen, hatte Feuerbach bereits alle Zurüstungen da-
zu getroffen. Das alte liebe Nürnberg wollte er wieder
aussuchen, um sich am häuslichen Herde zn erwärmen;
denn der rauhc Winter, der Jtalien heinisuchte, ließ
es ihm bei sciner angegriffenen Gesundheit nicht räth-
lich erscheinen, länger in Venedig zn verweilen. Doch
Jtalien, welchem seine Seele längst zur Hälfte ange-
hörte, dessen herrliche Kunstschätze ihn zu seinen schön-
sten Schöpfungen begeistert hatten, ließ nicht von ihm
ab; lebend sollte er ihm nicht wieder den Rücken keh-
ren. Einsam, wie er durch's Leben gegangen war,
starb er; kein Freund, der ihm die Augen zngedrückt
hätte, der des letzten Athemzuges gelauscht hätte. Die
Melancholie, welche die Gestalten seiner Palette be-
herrscht, beherrschte auch sein Gemüth und hielt Wache
an seinem Sterbebette. Als die Kunde, daß Feuer-
bach nicht mehr unter den Lebenden weile, sich unter
den in Venedig lebenden deutschen Kllnstlern nnd Knnst-
freunden verbreitete, crfüllte Alle der gleiche Gedanke,
dem Landsmann einen Lorbeerkranz auf die Bahre zu
legen. Aber auch italienische Kunstgenossen wollten
nicht zurückstehen; der Oirooko nrtistioo, welcher nur
wenig Ausländer zu den Seinen zählt, beschloß, dem
deutschen Maler die letzte Ehre zu erweisen. Zahl-
reich versammelt umstanden denn auch Künstler und
Kunstfrennde der verschiedensten Nationen den reichge-
schmücktenSarg bei der inderprotestantischen Kircheabgc-
haltenen Todtenfeier. Von Wien war ein Lorbeerkranz
niit schwarzgelber Schleife übersandt worden alsZeugniß
der Theilnahme der Wiener Akademie der bildenden
Künste, an welcher Feuerbach ein Lehramt bekleidete.
Die Trauerrede wurde von Lr. Elze in dentschcr
Sprache gehalten, was leider dasVerständniß derschönen,
ernsten Worte für die Mehrzahl der Anwesenden un-
möglich machte. Nach Beendigung der kirchlichen Fcier
wurde der Sarg im Vorraum der Kirche noch ein-
mal niedergesetzt, und als die Leidtragenden ihn mit
entblößtem Haupte umstanden, schien es, als erwarte
man eine Ansprache von Seiten eines deutschen Künst-
lers. Keinem jedoch schien das, was er nnvorbereitet
hätte sagen können, bedeutcnd genng zu sein, um den
Todten nach Gebühr zu ehren.

Vor seiner Künstlergröße verstummten Alle, sodaß
einem der italienischen Künstler, Ernesto Marin, welcher
gerne dem scheidenden Leichnam das letzte Abschiedslvort
mitgegeben hätte, die Gelegenheit entging, zu sagen, was
sein Herz bewegte. Er wvllte, Vvrgreifend, unS Deutsche
nicht^beschämen. Einer sreundlichen Mittheilung ver-
dankt Schreiber dieses das Koncept der schvnen Ab-
schiedsworte, die leider ungesprochen bleibcn sollten.
Wenn Ivir sie hier zur Verössentlichung bringen,
so glauben wir des Beifalls Aller sichcr zu sein, welche
der allzusrühe Tvd desHtrefflichen Mcisters mit patrio-
tischem Schmcrze erfüllte*). Sie lauten:

*) Daß ivir es vorziehen/t statt einer Uebersetzung, die
den vollen Reiz des Originals nicht iviederzugeben vermöchte,
den italienischen Text beizubehalten, wird um so leichter
Billigung sinden, als den meisten Lesern dieser Blätter die
Sprache Dante's und Ariost's keine sremde sein ivird.

Ob! l?nron oruäslo, okio rooiäi ooll' inssornbils
tna talos nnolio l'ssistsnrig. äoi ü^li pin olotti alls
Ornris s nlls Nnss.

Oli! ts ornäsls, obs raxisti nsl kiors äsgli
anni nll'arts, nlln tniniAlia s alla pntris, il pin
slstto inASAno, olis OAgi Osrinaniki pianAS s ainniira.
lü olis tn, oli Vsnsris,, noooAlisstl tra i snpsrbi
tnoi monninsnti, trs, i l>s.Innräi äsll'nrts s äslla
soisnra, olis il korsLtisre, nttra,tto äalla tna nmAioa
s Aranäiosa bellsrLa, visns äi lontano aä ainmi-
rars oon sntnsiasrno, aä ispirarsi alla vsra s ü'
bsra possia. Na olis äi Bs oZZi oi rssta, o i4n-
sslnio b'snsrlinoli, ls tns spoAÜs posano snlla nsra
l>s,ra, olis lsnta, lsntg. passa tra i postioi os.ns.Ii
nisntrs l'onäs inollsinsnts bstts, s in popps, o
prors, s pisnAs! — kisnZi, obs ns bsi bsn äonäs,
Vsnsnis niis, tn obs spirssti i soinmi, s äivinirrsrs
l'srts. lü pisnZi tn, pnrs s nobil äonns, obs ässti
i nstsü s si illnstrs srtists, tn obs AÜ istillssti
sinors slls bsllsr^s sovrsns, süs virtü s slls xs-
tris; rsnäs osro slls 6rsris s prsäilstto slls Llnss.
Ns 1s tus opsrs, o Ansslino, oi rsstsno; ssss sono nn
prsnioso riooräo äsl tno splsnäiäo inASAno, äslls
tns Zrsnäs sniins äi srtists orsstors, äovs i po-
stsri sniinirsrsnno l'srts oollsAsts slls soisn^s, ls
kloritsr^s äslls vsrs sonols, obs ssZnsno si ^iorni
ls vis obs oonänos slls psrtsÄons nsll' srts, ispirs
ls vsrs possis, unioo s ssnto nsttsrs, äovs l'srts
trovs iäss, oonostto s kornis. lH ss psr un' wtsnts
il niio psnsisro volssss slls inslvsZits äi obi ti
inosss inviäis, ri8ponäsro loro oon osntors äsi 86-
polori, obs Is 8nbümi sninis pS886Agisno 80prs ls
ts8ts äslls nioltitntins, obs, inostsnsts äslls loro
grsnäsrrs, tents äsriäsrls, s obisnis psrris ls
sÄoni obs 688s, ininisrss nsl ksnAo, non puö, non obo
sinniirsrs, oono8osrs.

lH ors, obs 8si obisnisto ls88n riooniinoisrs
ls 'I'ns opsrs nslls ltsAis äi Oio, sbbiti in gnssto
8olsnns inoinsnto l's8trsino vsls äsi oollsgbi 6 Slliioi.

Wir kvnnten es nns nicht versagen, drci Deutsche
und zwei Jtalicner, die Barke, welche dcn Leichnaw
zum Bahnhof brachte, dort zu erwarten nnd sv lange
zu verweilen, bis dcr Sarg in dem Transpvrtwagen
nntergebracht und damit die letzte Spur des Künstlers
unsercn Augen entrückt war. Die Stadt Dürer's
wird Fenerbach die letzte Nuhestättc bereiten. Mögc
sie sein Andenkcn in Ehren haltcn und mit ihm den
Sinn nnd das Verständniß für die hohc Knnst be-
wahren, die, nach Jdealen trachtend, heutzntage sc'
leicht der Geringschätznng der Menge ausgcsetzt ist."

Venedig, den 8. Januar 1880. A. Wolf.

Jndem lvir auf die trefsliche Eharakteristik, dic
Fr. Pecht im 8. Jahrgange dieser Zeitschrist, S.
168 ff. von Fenerbach gegeben, verweisen, fügen
wir dem obigen Berichte unsercs Korrcspondcnten
noch folgendc Mittheilnngen aus Nürnberg an. J»>
December fühlte sich Feucrbach in Folgc des strcn-
gen Frostwctters schvn nnbehaglich inVcnedig und klagtc
darüberin Briefen anseincMntter. Dannabcrbcssertcsich
sein Befinden nnd um dic JahreSlvcnde war er wie-
dcr ganz munter, so daß die Mutter sorglos scin konntc.
 
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