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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Lindner, Arthur: Karl Aldenhoven
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Friedrich Schneider
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Friedrich Schneider f

16

Präsentierenden war er zwar weit entfernt, aber vor
jedes neue Bild trat er mit dem redlichen Willen,
Schönheiten darin zu entdecken, und im Mai dieses
Jahres erklärte er in seiner Eröffnungsrede der Kölner
Kunstausstellung: »Wie wenig Menschen sind sich
dessen bewußt, daß sie einem Kunstwerke gegenüber
auch Pflichten haben, daß sie ein Ding, das mit aller
Kraft eines Menschengeistes, mit aller Wärme eines
Menschenherzens geschaffen ist, nicht mit einem flüch-
tigen Blick abtun dürfen, daß sie nicht hochmütig
abweisen dürfen, was ihnen in ihrer beschränkten
Erfahrung fremdartig und unverständlich erscheint!«

So bemühte sich Aldenhoven, der Kunst jeder Zeit
gerecht zu werden. Verwandter freilich, wie den alten
Kölnern und den neuen Berlinern, fühlte er sich seinen
geliebten Griechen. Seine ganzen Kunstanschauungen
wurzelten in der Antike und immer, wenn er Fühlung
mit südlicher Kunst und Landschaft nehmen konnte,
fühlte er sich am glücklichsten. Neben dem Jugend-
jahre in Rom rechnete er eine längere Rekonvaleszenz
an der ligurischen Felsenküste (Sommer 1904), wo er
im Hause einer alten philosophisch veranlagten Bäuerin
ein langerträumtes Phäakenleben führen durfte, zu den
Höhepunkten seines Daseins. Von Jugend an be-
schäftigte ihn ein nun unvollendet in hochgeschichteten
Manuskripten ruhendes Hauptwerk, seine Erforschung
der griechischen Mythologie. Da ist es tragisch, daß
der Tod ihm die Erfüllung seines Lebenswunsches,
die Ausführung der für das kommende Jahr geplanten
großen Reise durch Griechenland vereitelt hat.

Im dienstlichen wie im privaten Verkehr konnte
man Aldenhoven kaum jemals ungelegen kommen.
Immer und allen war er der teilnehmende Freund,
der wohlwollende Berater, der nie den Mann nach dem
Rocke beurteilte. Seine Arbeiter, denen er Museums-
führungen und Gürzenich-Vorträge schenkte, verehrten
ihnjgleich hoch, wie das gebildete Publikum seiner
stets sehr besuchten Kollegs an der Kölner Handels-
hochschule. Im Gespräche, das Aldenhoven gern
leitete, offenbarte sich die ganze Feinheit seines Wesens.
»Er sammelte Goldkörnchen und reihte sie aneinander«,
sagte ein Freund an seiner Bahre. Gleichmäßige ab-
geklärte Heiterkeit und antike Ruhe waren ihm eigen,
und dazu kam die glückliche Fähigkeit, im Kleinsten
und Unbedeutendsten das Schöne zu finden und stets,
wie er es nannte, Geschichten mit Pointen zu erleben,
und sein attischer, den Freunden des Karnevals nicht
immer verständlicher Humor.

Aber dieser friedfertige Mann war tapfer und uner-
schrocken und kehrte die ganze zähe Widerstands-
fähigkeit seines Volksstammes heraus, wenn es galt,
das für richtig Erkannte auch dem Mächtigeren gegen-
über zu vertreten. Er war Hofrat, aber keiner jener
Leute, denen der Charakter von oben her verliehen
wird. Karl Aldenhovens Leben ist nicht frei gewesen
von Sprüngen und Disharmonien, aber was an ihm
lag, es zum Kunstwerk zu gestalten, hat er als echter
Weiser redlich getan.

ARTHUR LINDNER.

FRIEDRICH SCHNEIDER f
Ein Leben mit reichem Inhalt und mit noch
reicheren Möglichkeiten ist unerwartet rasch zu Ende
gegangen.

Friedrich Schneider entstammte einer eingesessenen
Mainzer Kaufmannsfamilie. Er ward in Mainz am
7. August 1836 geboren und folgte zuerst seinem
Vater im Kaufmannsstand, widmete sich aber bald den
Wissenschaften. 1855 bestand er in Darmstadt das
Maturitätsexamen und trat dann in das bischöfliche
Seminar in Mainz ein. Er fühlte sich besonders an-
gezogen durch die Persönlichkeit des späteren Dom-
dekans und Generalvikars Dr. Heinrich. Dieser hervor-
ragende Theologe und feine und vielseitige Geist
hatte sich von der Jurisprudenz der Theologie zuge-
wandt und machte mit dem späteren Bistumsverweser
Dr. Moufang und anderen jüngeren Gelehrten und
Geistlichen den Ruhm des damaligen Mainzer Se-
minars aus. Im Jahr 1859 wurde Schneider zum
Priester geweiht und war darauf kurze Zeit in der
Seelsorge tätig, bis er 1861 als Assistent an das Se-
minar gezogen wurde, um Liturgik und Geschichte
der christlichen Kunst vorzutragen. 1869 wurde er
Dompräbendar. Der Bischof Wilhelm Emmanuel von
Ketteier verwandte ihn gern zu persönlicheren Dienst-
leistungen, ließ sich z. B. oft auf Firmungs- und an-
deren Amtsreisen von dem jungen Kleriker begleiten.
Seine gründliche Kenntnis der entlegensten und ge-
ringfügigsten Kunstdenkmäler des Landes hat Schneider
wohl zum Teil auf diesen Reisen erworben. In den
Kriegszeiten 1866 und 1870/71 beteiligte er sich eifrig
an der Seelsorge, sowie an der leiblichen Fürsorge
für die Verwundeten und Gefangenen. 1888 wurde
er zum Geistlichen Rat ernannt, 1891 vom Kapitel
zum Domkapitular gewählt. Im Jahr 1894 verlieh
Leo XIII. ihm die Würde eines päpstlichen Hausprä-
laten und 1906 ernannte Pius X. ihn zum päpstlichen
Protonotar. Mit diesem Ehrenamt ist die Befugnis
verbunden, sich der bischöflichen Amtsabzeichen, außer
Kreuz und Stab, zu bedienen. Eine große Genug-
tuung bereitete ihm im vorigen Jahr die Feier seines
siebzigsten Geburtstages, zu der Vaterstadt, Berufs-
genossen und persönliche, sowie wissenschaftliche
Freunde aus der ganzen Welt sich vereinigten. In
den letzten Lebensjahren belästigte ihn ein Augenleiden,
das auch 1902 eine Operation notwendig machte. Zu
einer dem Anschein nach leichten Erkrankung im
September dieses Jahres gesellte sich eine Lungenent-
zündung, der er am 21. des Monats erlag.

Was für eine Arbeitskraft Friedrich Schneider war,
wissen seine näheren Freunde. Neben den Berufs-
aufgaben, die priesterliche Pflichten und viele Jahre
hindurch umfangreiche Mitarbeit an der Diözesenver-
waltung einschlössen, hat er es fertig gebracht, eine
ausgiebige gelehrte und schriftstellerische Tätigkeit zu
entfalten, namentlich in Bau- und Wiederherstellungs-
fragen als Gutachter oder durch sachkundige Äuße-
rung und Polemik in Zeitschriften und Zeitungen
einzugreifen, auch praktisch als Bauleiter und -Meister
zu wirken, sich um Druckwerke und Kleinkunst durch
Rat und Tat zu kümmern, einen weitverzweigten
 
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