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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Rieffel, Franz: Ein Gemälde des Meisters D. S.?
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0173

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Nekrologe

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gerät des Gelehrten ausgestattet; Sanduhren hier und
dort; Uhr dort und auf D. 14. Und anderes mehreres.

Thode möchte das Bild frageweise um 1489 an-
setzen. Das kommt mir etwas früh vor. Am Hiero-
nymusflügel ziert die Bogenrundung ein Perlstab.
Der sich kasteiende Hieronymus in der Landschaft
des Flügels sieht sogar nach dem zweiten Jahrfünft
des 16. Jahrhunderts aus. Alles andere freilich stimmt
zu den Jahren 1485—90.

Der Meister D. S. scheint wie ein anderer Rhein-
länder Hans Weiditz, in der Luft zu liegen. Außer
C. Dodgson hat im letzten Jahre Hans Koegler
(Kunstchr. XVIII, 19 ff.) sich mit ihm befaßt und eine
ausführliche Studie angekündigt. Ist meine Vermutung
richtig, so würde D. S. trotz seines Aufenthaltes in
Basel der mittelrheinischen Schule zugezählt werden
müssen. Aber es ist zuzugeben, daß das Aschaffen-
burger Bild manche Züge hat, die mit dem, was
wir von der mittelrheinischen Schule wissen, vor-
erst noch nicht stimmen. Das allerdings ist noch
sehr wenig. Ein richtiger Wanderkünstler, der von
überallher angenommen hat und ein beweglicher
Geist, ist D.S. wohl ebenso gewesen, wie Weiditz.
In manchen Dingen, besonders der Anna selbdritt
(D. 10) und den Sterbebetten (D. 14), steht er den
Cranachischen Formen nicht gar fern. Passavant
hatte das Blatt (D. 10) »der oberdeutschen Schule,
vielleicht der des Cranach« zugeschrieben.

Wenn die Schule des Mittelrheins (Mainz) und
des unteren Maintales (Frankfurt) aus der Sphäre des
Begriffs sich immer mehr in die der Anschauung er-
hebt, so hat unbeschadet aller anderen Einzelverdienste
Thode den größten Anspruch auf Dank. Ich glaube,
auch für den Hausbuchmeister hat er einen guten
Fingerzeig gegeben. Ist er nicht Martin Heß, so
gehört doch Heß, wie sich vielleicht einmal .wird er-
weisen lassen, sicher zu seinem nächsten Kreis.

NEKROLOGE

Leon Pohle f. In Dresden ist am 27. Februar nach
langem Leiden der ehemalige Professor an der königl.
Kunstakademie und Mitglied des akademischen Rates Leon
Pohle gestorben. Pohle wurde am 1. Dezember 1841 zu
Leipzig geboren. Er studierte an den Akademien zu Dresden
und Antwerpen — unter van Lerius — und Weimar — bei
Ferdinand Pauwels. Von 1866 an unternahm er Studien-
reisen nach Paris, München und Wien; 1868 ließ er sich
in Weimar nieder. Als Ferdinand Pauwels 1876 zur Auf-
frischung der Kunstakademie nach Dresden berufen worden
war, veranlaßte dieser, daß ein Jahr darauf auch Pohle den
gleichen Ruf erhielt. Seitdem hat Pohle bis 1903 als Vor-
steher des Malsaals mit gutem Erfolg gewirkt; seit 1880 war
er auch Mitglied des akademischen Rates. Anfänglich malte
Pohle Genrebilder wie Oretchen (1865) und Ophelia
(1868), Psyche, Im Sommer (blumenpflückendes Mädchen),
Hessische Bäuerin, Mittag (Thüringer Genrebild), Im Mai
(ein junges Landmädchen schmückt sich am Waldbach
mit einem frisch gewundenem Kranze), Die Kenner, Das
Urteil des Meisters (1876). Aber auch schon in diesem
ersten Jahrzehnt seines Schaffens malte er dann und wann
ein Bildnis, wie den Knaben mit dem Bernhardiner-
hund (Dresden 1867 ausgestellt), das Bildnis einer alten
Thüringerin 1875 und das Bildnis des Dichters Julius Große

1876. Etwa von 1877 an hat er sich dann, veranlaßt durch
die zahlreichen Aufträge, fast ausschließlich der Bildnis-
malerei gewidmet. Schon 1878 malte er das ausgezeichnete
Porträt seines Lehrers, des Historienmalers Carl Peschel,
gleichzeitig das des Konditors Ercole Torniamenti in
Dresden, die beide der Dresdener Galerie angehören. Aus
dem Jahre 187g stammt dann das Bildnis Adrian Ludwig
Richters und aus dem Jahre 1880 das des Dresdener Bild-
hauers Ernst Hähnel, die beide als Geschenke des Kunst-
mäzens Eduard Cichorius in das städtische Museum zu
Leipzig übergegangen sind. Ein zweites Bildnis Ludwig
Richters — in ganzer Gestalt vor dem Reißbrett sitzend —
wurde 1880 für die Berliner Nationalgalerie bestellt. Seit-
dem stand Pohles Ruf als eines der ersten deutschen Bildnis-
maler fest, und er hat seitdem eine ununterbrochene Reihe
von Bildnissen geschaffen, die sich sämtlich durch vor-
nehme Auffassung, geschmackvolle Farbengebungund solide
Durchbildung auszeichnen. Der modernen Bewegung da-
gegen stand Pohle fern. Besonders Fürsten, Minister und
hohe Staatsbeamte und Künstler hat er viele gemalt, ver-
einzelt auch Damenbildnisse, ganz selten Kinder, deren
Wiedergabe ihm nicht lag. Pohle war innerhalb der Grenzen
seines Könnens streng gegen sich selbst und gab lieber
einen Auftrag auf, anstatt etwas weniger Gelungenes unter
allen Umständen fertig zu machen. Von seinen Bildnissen
nennen wir außer den genannten noch folgende: Reichs-
gerichtspräsident Dr. Eduard von Simson i8go im Museum
zu Leipzig, KaTnmersänger Karl Scheidemantel in Dresden,
Museum zu Weimar, König Albert, Königin Carola und
Prinz Georg von Sachsen, alle drei lebensgroß in ganzer
Gestalt, erstere beide im königlichen Schloß, letzteres in der
Kunstakademie zu Dresden. Als Lehrer erfreute sich Pohle
bei seinen Schülern, die er stets mit Ernst und Liebe zu
fördern bemüht war, großer Verehrung. ^j?

Ernst Hohenroth f. In Dresden ist am 27. Februar
plötzlich nach kurzer Krankheit der Bildhauer Prof. Ernst
Hottenroth gestorben. Er war 1872 zu Frankfurt a. M.
als Sohn eines Bildhauers geboren, derein großes Stukkatur-
geschäft unterhielt, später aber infolge von Krankheit ver-
armte. Hottenroth ging daher nach Berlin und mußte sich
als Handwerkslehrling emporarbeiten. Für den Bildhauer
Lessing arbeitete er an der plastischen Ausschmückung
des Reichstagshauses, später ward er Gehilfe bei der großen
Stukkteurfirma Hauer. Für diese leitete er selbständig
größere Arbeiten am Marstall zu Berlin, am Schlosse zu
Primkenau und am Zentraltheater zu Dresden. Diese orna-
mentalen Arbeiten zeigten ein außergewöhnliches Talent
und eine so starke Erfindungskraft, daß hervorragende
Architekten auf Hottenroth aufmerksam wurden. Er kam da-
durch in die Lage, sich in Dresden selbständig zu machen.
Seitdem ist er in Dresden an vielen Monumentalbauten mit
tätig gewesen. So schuf er für Schilling und Gräbner den
größten Teil der Ornamentik im Innern der Dredener Kreuz-
kirche, für die städtische Sparkasse von Hans Erlwein die
köstlichen humoristischen Bildwerke an der Schauseite,
ebenso für Erlweins 24. Bezirksschule die reizvollen Portale
mit Knaben- und Mädchengestalten und Märchenfiguren, mit
Fritz Schumacher mehrere Grabdenkmäler, für das neue
Landgerichtsgebäude von Richard Kramer mehrere aus-
gezeichnete Figuren. In allen diesen Werken offenbarte er
ein ganz ausgesprochenes großes Talent für angewandte
Kunst, für den Zusammenhang von Architektur und Plastik.
Er war sozusagen ein geborener Architekturplastiker. Selb-
ständig schuf er unter anderen das Blücher-Denkmal für
Stargard, das sich durch seinen vortrefflichen architektonischen
Aufbau auszeichnet. Beim Wettbewerb um das König-
Georg-Denkmal in Dresden erhielt er einen Preis und auch
dieser Entwurf zeichnete sich durch kunstvoll selbständigen
 
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