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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Hermanin, Federico: Galerieneuordnungen in Rom
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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XIX. Jahrgang 1907/1908 Nr. 11. 3. Januar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13 Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler. Rud. Mosse usw. an.

OALER1ENEUORDNUNGEN IN ROM
Dieser Herbst bringt viel Neues in dem Galerie-
wesen Roms und während in den vatikanischen Palästen
die Arbeiten zur Vorbereitung der großen Räume,
welche die neugeordnete und durch die Gemälde
der lateranischen Sammlung und des christlichen
Museums bereicherte Pinakothek empfangen sollen,
rüstig fortschreiten, sind die Nationalgalerie im
Palazzo Corsini und die Barberinische Sammlung einer
gründlichen Umarbeitung unterworfen worden. Das
heißt, bei der Barberinischen Sammlung handelt es
sich eigentlich mehr um eine Bereicherung als um
eine Umordnung. Der Fürst hat auf Zureden Pro-
fessor Cantalamessas, Direktors der Galleria Borghese,
und anderer hiesiger Kunstgelehrten hin die kostbaren
Bilder, welche noch sein Privatappartement schmückten,
in den Räumen der Galerie aufstellen lassen und kann
dieser Entschluß alle Kunstliebhaber nur mit der größten
Freude erfüllen. Es ist das eine Tat, die dem Hause
Barberini zur größten Ehre gereicht, nur wäre es besser
gewesen, die Galerie nicht nur durch die ausgezeich-
neten Kunstwerke zu bereichern, sondern sie zugleich
auch von so vielen unschönen und auch geradezu
häßlichen Bildern zu befreien und so für die neu aus-
gestellten Meisterwerke etwas mehr Platz zu schaffen.
So hängen einige davon im Dunklen und andere
zwischen Gefährten, die einer solchen großartigen
Nachbarschaft wirklich nicht würdig sind. Die so-
genannte Beatrice Cenci, die fälschlich dem Guido
Reni zugeschrieben ist, hat ihren Ehrenplatz, zur
Freude aller romantischen Misses, behauptet, aber
leider hat das köstliche Bild Nicolas Poussins »Der
Tod des Germanicus«, in eine obere Reihe hinaufrücken
müssen und ist überhaupt für den Kunstfreund ver-
loren. Aber man kann das wohl verschmerzen, wenn
man im dritten Saal das Porträt Federicos da Monte-
feltro von Justus van Gent zu sehen bekommt. —
Als eine der wirklichen Perlen der Sammlung, ist das
Bild in gutem Licht und niedrig aufgehängt, so
daß man es in seiner ganzen Schönheit bewundern
kann. Jetzt endlich, wo es möglich ist, das herrliche
Kunstwerk zu sehen und zu prüfen, kann man gut
begreifen, daß ausgezeichnete Kunsthistoriker es dem
Melozzo da Forli zugeschrieben haben. Es liegt so
viel Kraft in der Zeichnung der Köpfe des knieenden
Herzogs und seines Söhnchens Guidobaldo, daß fast

unwillkürlich bei dem ersten Blick der Gedanke an
die Kunst des großen Meisters aus der Romagna in
einem wach wird. Eine genaue Prüfung der Technik
und die Vergleichung derselben mit derjenigen der
Philosophenfiguren von Justus van Gent, welche jetzt
neben dem großen Porträt hängen und aus dem
herzoglichen Palast von Urbino stammen, überzeugt
uns aber, daß der Meister aus Gent und nicht Melozzo
das wunderschöne Porträt gemalt haben muß. Von
ihm sind auch unter den Philosophen- und Flelden-
bildern die von Salomon, St. Ambrosius, Moses,
St. Gregorius, Petrarca, Homer, während Bartolus,
Euclides, Boetius, Albertus Magnus, Duns Scotus,
Cicero, Pius II. und Hyppocrates wohl mit Recht
dem Oiovanni Santi zugeschrieben werden können.
Wie bekannt sind weitere vierzehn dieser Idealporträts
aus dem Hause Sciarra in das Louvremuseum ge-
kommen. Nicht weniger kostbar ist ein schönes be-
zeichnetes Bild aus der Jugendzeit Vincenzo Costas,
die Heilige Familie. Maria und Joseph beten ernst
und inbrünstig, während das Jesuskind, an das eine
Knie der Mutter gelehnt, heiter in kindlicher Sorg-
losigkeit in die Welt hineinschaut. Im Hintergrund
ist eine fein durchgebildete felsige Landschaft, in
welcher der Maler mit zartem Pinsel einen seine Herde
bewachenden Hirten und einen hornblasenden Jüngling
mit feiner Anlehnung an die Antike gemalt hat. Das
Bild ist noch ganz ferraresisch in Farbe und Zeichnung,
und zeigen die Figuren Verwandtschaft mit der Art
des Ercole de'Roberti.

Zu schwach in Farbe und Zeichnung, um dem
Antonis van Dyck zugeschrieben werden zu können,
ist meiner Meinung nach das neuausgestellte Porträt
. Henriettes von Frankreich, Gemahlin Karls I., Königs
von England. Ich glaube, daß es wohl eher als ein
Werk des Jan de Reyn anzusehen ist, denn es hat
die eigentümliche flockige Technik dieses Schülers
van Dycks. Fein statt dessen und interessant ist das
dem Bernhard Strighel zugeschriebene Bildnis einer
Fürstin in rotsamtenem, reich mit Perlen geschmücktem
Kleid. Neben diesen ausgezeichneten Werken werde
ich noch unter den früher nicht sichtbaren Bildern
eine Landschaft von Jan Both erwähnen und ein inter-
essantes Tierbild von Arcangelo Resani.

Ganz anderer Art ist die Umordnung der Qalleria
nazlonale d'arte antica im Palazzo Corsini, denn man
 
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