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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Aus Berliner Kunstsälen
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Verschiedenes / Inserate
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357

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe

358

Delft«; eine davon ist als Vorstudie bezeichnet. Im
trägen Wasser des Kanals schwanken, von den Boots-
leuten mühsam fortbewegt, die schwerbeladenen Kähne
mit der grünen Fracht. Im Hintergrunde die offene
Halle mit dem Auktionator. Was in Erstaunen setzt, ist die
offenbare Bildmäßigkeit, die bei Liebermann in seiner
letzten Entwickelung gegenüber dem Zufälligen —
man denke an die Gemälde aus dem Amsterdamer
Judenviertel — zurückgetreten war, ohne daß dadurch
der Frische des Erlebnisses, die alle Werke des Künst-
lers auszeichnet, auch nur das Geringste genommen
wäre. Der eigentümliche Zauber der holländischen
Landschaft mit ihrem mixtum compositum aus feuchter
Luft, sattem Grün und den wasserblauen Nuancen
der von alten Bäumen beschatteten Kanäle ist in ganz
unvergleichlicher Weise zum Ausdruck gelangt, und
auch in der Palette ist eine größere Einheit (um ein
Lichtzentrum sind dunklere Töne gereiht) festzustellen
als in jenen etwas disharmonisch-bunten Amsterdamer
Stücken. Es ist geradezu eine Beruhigung, in diesen
neuen Schöpfungen wiederum einen Meister anzu-
treffen, der ohne Schwanken seinen sicheren Weg ver-
folgt; der Seitenwege nur einschlägt, um wieder zum
alten Ziele zu gelangen, der, wo andere durch ihre
Vielseitigkeit verwirren, eben in gewolltem Sichbe-
schränken die größten Erfolge erringt.

Slevogt, der gleichzeitig mit etwa zwanzig neueren
Gemälden und Studien vertreten war, experimentiert
neuerdings etwas zu viel und scheint in Landschaften,
die an Monet und van Gogh erinnern, in Pferde-
rennen, mit denen er mit Degas zu wetteifern scheint,
sich selbst aus den Augen verloren zu haben. Viel
größeren Genuß als diese Werke, einen indianisch-
bunten und nicht ganz überzeugenden »Mädchenraub«
mit eingeschlossen, boten einige Porträts, von denen
besonders das einer Dame in grauem Pelz als Meister-
werk bezeichnet werden muß, nicht nur wegen der
herrlichen, beinahe schwelgerischen Malerei, sondern
auch nach der Seite der Charakteristik hin. Über
Bildniskunst ist ja neuerdings im Anschluß an die
englische Ausstellung der Akademie viel reflektiert
worden; hier ist ein Weg eingeschlagen, der nicht
zum Eklektizismus, sondern zu einer frischen Neu-
belebung auf dem Boden eines gemilderten Subjekti-
vismus führt.

Moderne englische Malerei wurde im Casperschen
Kunstsalon geboten, eine nicht eben aufregende, aber
sehr angenehm zu betrachtende Ausstellung, in deren
Mittelpunkt »The Society of 25 English painters«
stand. Am bedeutendsten traten Bertram Priestman,
David Muirhead und Oliver Hall mit meist sehr tonig
behandelten Landschaften hervor. An der gleichen
Stelle waren vorher acht Gemälde von Arthur Kampf
und vorzügliche Zeichnungen von Millet, Manet,
Knaus und Liebermann gezeigt worden. England
triumphierte auch in einer graphischen Ausstellung
bei Amsler und Ruthardt: Joseph Pennell, den kurz
vorher noch das Königliche Kupferstichkabinett in
zahlreichen Radierungen vorgeführt hatte, Henry
Fullwood und Luden Pissarro, der in London lebende
Sohn Camilles, hatten sich dort zu einer interessanten
Vereinigung zusammengefunden.

Weniges ist über neuere Plastik zu sagen. Joachim
Pageis hält in zahlreichen Porträtskulpturen, darunter
vielen Kinderbildnissen (bei Keller und Reiner) nicht
ganz, was er in der von der Nationalgalerie ange-
kauften Büste des Bildhauers Drippe versprochen hat.
Sollte sie ein Zufallstreffer sein? Wo Besonderheiten
des Modells den Fähigkeiten des Bildners Flügel
schufen? Von Tuaillon bemerkte man bei Cassirer
eine Verkleinerung des prachtvollen Bronzehirsches
von der letzten Akademie-Ausstellung, von Gaul zahl-
reiche Tierskulpturen, zum Teil winzige Bronze-
statuetten von klassischer Vollendung.

Vom jüngeren Nachwuchs ist hier kaum die Rede
gewesen. Am stärksten trat Theo von Brockhusen
mit einer Sonderausstellung von Landschaften hervor,
deren Motive teils von der belgischen Küste, teils aus
der Umgebung Berlins stammten. Manches dieser
von van Gogh stark beeinflußten Malerei war nur roh
und ungebändigt von einem feineren Kunstempfinden,
aber es steckten Versprechungen und vor allem eine
starke Gestaltungskraft darin. Nun wird bald die
alljährliche Ausstellung der Berliner Sezession eröffnet
werden; wie wünschenswert, daß sie Überraschungen
gerade nach der Seite der »Nachkommenschaften«
bringen möchte! Denn es läßt sich nicht leugnen,
daß eine gewisse Stagnation eingetreten ist; neben
vielen Geschmäcklern und gar zu bewußten Revolu-
tionären vermißt man die Stetigen, die, indem sie an
sich arbeiten, auch die Kunst weiterbringen. C.

NEKROLOGE

Die als Landschaftsmalerin bekannte Künstlerin Frau
Emilie Mediz-Pelikan, ist am ig. März an Herzlähmung
verschieden. Die Verstorbene erblickte am 12. Dezember
1861 in Vöcklaburg in Ober-Österreich das Licht der Welt
und war seit 1894 mit dem Maler Karl Mediz in Leubnitz-
Neuostra verheiratet. Sie begann ihre Studien 1883 bei
Professor Zimmermann in Salzburg, ging auf drei Jahre
nach München, hielt sich dann in Dachau und in
Belgien auf und bereiste 1891 Osterreich. Es sind von
ihr sehr tüchtige Handzeichnungen, Lithographien im Kgl.
Kupferstichkabinett zu Dresden, ein treffliches Gemälde
befindet sich in der Modernen Galerie in Wien.

PERSONALIEN
Kopenhagen. Zum Direktor der Kunstakademie ist
Professor Martin Nyrop ernannt worden, der als einer der
hervorragendsten dänischen Baukünstler der Gegenwart
genannt wird.

WETTBEWERBE
Zur Erlangung mustergültiger Entwürfe für
Wohnhausbauten im Kreise Niederbarnim war vom

Kreisausschuß ein Wettbewerb erlassen worden, zu welchem
in den vier Gruppen insgesamt 116 Entwürfe eingegangen
sind. In Gruppe I erhielten zweite Preise von je 600 M.
Paul Tarruhn-Lichtenberg und Bruno Solbrig-Charlotten-
burg. In Gruppe II gewannen den ersten Preis (600 M.)
Rang und Silbersdorff-Schöneberg, den zweiten Preis
(300 M.) Heinrich Milk-Schöneberg. In Gruppe III trug
Joseph Stöberl-Wilmersdorf den ersten Preis (500 M.)
davon, den zweiten Preis (300 M) Regierungsbaumeister
Boehden-Berlin. In Gruppe IV erhielten den eisten Preis
(1500 M.) Schopohl und Steinicke-Berlin, den zweiten
 
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