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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Doering, Oskar: Ein Museum dachauischer Malerei
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0312

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6oi

Nekrologe

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aber freilich schwierig uud wahrscheinlich kostspielig sein
wird. Von Morgenstern sind 26 Zeichnungen vorhanden,
die sein Sohn, der Breslauer Professor, geschenkt hat
Geschenkt ist überhaupt alles in hochherziger Weise, was
das Museum bisher besitzt. Sehr viele Morgensternsche
Zeichnungen sind in Bleistift, viele leicht laviert, zumeist
schwarz, wobei dann Farbenangaben eingeschrieben sind,
vereinzelt auch koloriert. Alles in großem, beherrschendem
Zuge, monumental, naturalistisch, recht bezeichnend für
die Art Morgensterns, an die Niederländer erinnernd und
doch viel freier. Von Nörr sind mehrere höchst delikate
Ölstudien kleinen Formates. Als nächster der Zeit nach
folgt Wenglein mit einem 186g gemalten, stark tonigen
Bauernhof, der durch einen mit vielen grünen Büschen
erfüllten Vordergrund hindurchlugt. Die Folgezeit würde
besser zu ihrem Recht kommen, wenn bereits ein Werk
von Uhde zu erlangen gewesen wäre. Auch Spitzweg
fehlt leider noch. Aber wenigstens ist eine kleine in Öl
gemalte und drei mit Bleistift gezeichnete Landschafts-
studien von Keller-Reutlingen vorhanden, auch erfreut sich
die Sammlung einer zwar nur kleinen, aber vorzüglichen
Pferdestudie von W. v. Diez. Von den drei in ihrer
künstlerischen Eigenart von den übrigen abweichenden
Meistern Adolf Holzel, Ludwig Dill und Arthur Lang-
hammer ist der letztere bisher unvertreten. Holzel, der
reflektierende Theoretiker, bietet eine sorgfältig in sich
abgewogene Frühlingslandschaft, Dill, der Schilderer
koloristischer Subtilität, eine in Tempera ausgeführte,
flache Moorgegend mit interessanter Wasserspiegelung
im Vordergrunde. Zur selben Zeit wie diese drei malte
in Dachau auch Hugo König. Sein Bild zeigt eine Gruppe
von drei Damen auf dem Deck eines Dampfschiffes.
Außer von diesen Genannten ist dann eine sehr große
Menge von Gemälden, Zeichnungen, Radierungen, Holz-
schnitten und Lithographien der bedeutendsten Künstler
vorhanden, die einmal in Dachau studiert und ihre Art
unter den dortigen Eindrücken herausgebildet haben. Sie
stehen weniger mit den zuletzt genannten Meistern als
mit den früheren in gerader Beziehung. Sehr viele sind
längst nicht mehr in Dachau ansässig. So J. D. Holz,
Oscar Graf und Cäcilie Graf-Pfaff, E. Kirchner, Speyer,
R. v. Poschinger, Dickert, Brockhoff, H. v. Zügel (eine
Bachfurt und Schafe im Pferch), C. Voß, Charles Vetter
(grüner Hang), P. Thiem, Janß, M. Pitzner, Schrötter,
Schramm-Zittau (Schilfstudien), Strützel (Waldinterieur mit
Ziege), Thomann-Zürich (Holzschnitte). Zu den früheren
Dachauern gehören auch L. Bolgiano, B. Buttersack,
L. Herterich (mit einer stark impressionistisch gemalten
Ziege), R. v. Haugg, H. Degenhardt, W. Geffcken
(Wäscherinnen), H. üogarten, J. v. Gietl. Zurzeit beher-
bergt Dachau immer noch einen stattlichen Stab zum
Teil sehr bekannter Meister. Unter ihnen mehrere, die
als Graphiker hervorragen. So den Landschaftsradierer
A. Liebmann, der lediglich in dieser Richtung tätig ist
und manchmal etwas an Corot erinnert, und C. O. Petersen
mit seinen charakteristischen Tierbildholzschnitten. Andere
sind wesentlich Maler, so der treffliche Aktschilderer und
Porträtist H. Müller-Dachau, der bisher eine Radierung
(der verlorene Sohn), und der Landschafter C. Felber, der
drei dergleichen gestiftet hat. Als Landschaftszeichner
interessieren E. Fohn und H. Treibmann, ebenso H. Stock-
mann und H. v. Hayek, beide letzteren gleichzeitig durch
Werke der Ölmalerei. Stockmanns Vielseitigkeit ist lange
nicht bekannt genug. Seine Tätigkeit bei den »Fliegenden
Blättern« hindert ihn nicht, ein feinsinniger Landschafter
und sogar ein tief empfindender Kirchenmaler zu sein.
Hayeks Kunst der Landschafts- und Tierschilderung ist
bekannt genug. Ein Kanalbild von hervorragenden

Qualitäten dient in dieser Galerie vorzugsweise zu seiner
Charakterisierung. Weiter ist die jetzige Dachauer Land-
schaftsmalerei vertreten durch Werke von F. Bürgers,
G. Flad, C. Hennig, A. Pfaltz, C. Reinhold, das Ehepaar
Keller, C. Buchka; die Straßenimpression durch C. Bössen-
roth; die Tierstudie durch Fanny Geiger-Weißhaupt, E.
O. Engel; die menschliche Figuralstudie durch H. Linde
(von dem eine humoristisch erfaßte, farbig sehr feine
Tempera stammt mit der Darstellung zweier »Bei Regen-
wetter« schwätzenden alten Frauen), E. Walther (mit dem
volltonigen, vornehm gefärbten Brustbild einer Dachauerin)

und C. Staudinger. Dr. O. DOER/NG (Dachau).

NEKROLOGE

Der Bildhauer Max Klein ist am 6. September in
Berlin gestorben. Er war am 27. Januar 1847 zu Göncz
in Ungarn geboren und ein Schüler der Akademie in
Berlin. Von ihm rühren u. a. eine Anzahl Berliner Denk-
mäler her, die zu der Mehrzahl der Arbeiten, die die letzten
Jahrzehnte in der Reichshaupt hervorgebracht haben, in
wohltuendem Gegensatz stehen, so die Büsten der Feld-
marschälle Manteuffel und Werder im Zeughause, die
Helmholtzstatue an der Potsdamer Brücke und das Bis-
marckmonument im Grunewald. Ein Denkmal für Theodor
Fontane, das er zurückließ, soll demnächst errichtet wer-
den. Klein ist mehrfach ausgezeichnet worden. So erhielt
er die Goldenen Medaillen in Berlin, München und St. Louis.

Libert Oury f. In Dresden ist am 6. September der
Bildnis- und Genremaler Jean Libert Oury gestorben. Er
war am 7. Oktober 1833 zu Lüttich geboren, besuchte zu-
erst die Akademie seiner Vaterstadt, von 1855 an die zu
Dresden als Schüler Bendemanns. Nachdem er dann ein
Jahrzehnt in Italien verbracht hatte, kehrte er 1876 nach
Dresden zurück, wo er sich dauernd niederließ. Die Galerie
zu Dresden besitzt von ihm die Halbfigur einer Nonne in
schwarzer Tracht, die vor einem Tisch mit farbigem Tep-
pich und aufgeschlagenem Buch sitzend den Beschauer an-
schaut (1881). Sonst malte er namentlich Bildnisse, darunter
das seines Freundes des Malers Prof. Paul Kießling im
Pelzrock und Pelzmütze auf schneebedecktem Boden. In
den letzten Jahren ist der tüchtige Künstler nur noch wenig
an die Öffentlichkeit getreten. ^

Florenz. Der Maler Giovanni Fattori, Professor in
der Kgl. Kunstakademie, ist gestorben. Im Jahre 1825 in
Livorno geboren, gehörte er zu der Richtung der natura-
listischen Maler, wie Nino Costa, Telemaco, Signorini und
Vincenzo Cablianca, welche in den fünfziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts so energisch in Florenz und Rom
der akademischen Tradition und Schule entgegentraten.

Am 15. d. M. ist in Berlin der Wirkl. Geh. Oberbau-
rat Prof. D. Dr.-Ing. Friedrich Adler, der berühmte
Historiker der Baukunst und ein verdienstvoller Architekt,
gestorben. Adler war am 15. Oktober 1827 zu Berlin ge-
boren. Seine Ausbildung erhielt er hier an der Bauakademie,
später arbeitete er unter Strack, Drewitz und Stüler. Stu-
dienreisen erweiterten sein Wissen und Können, und so
entwickelte sich Adler nicht nur zum Architekten, sondern
auch zum Kunstgelehrten und Forscher. Nach allen diesen
Richtungen trat er bedeutungsvoll hervor. Als schaffender
Architekt bevorzugte er das Gebiet der Kirchenbauten.
Fast ein halbes Jahrhundert hat Adler seine Lehrkraft
der Bauakademie und dann der Technischen Hochschule
zu Berlin gewidmet, wo er 1859 seine Tätigkeit begann.
Die Kunstgeschichte verdankt ihm eine Anzahl wertvoller
baugeschichtlicher Werke, vor allem die »Mittelalterlichen
Backsteinbauten des preussischen Staates« und die »Bau-
geschichtlichen Forschungen in Deutschland«.
 
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