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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Friedrich Schneider
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Verschiedenes / Inserate
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Nekrologe — Personalien

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seiner Vaterstadt gewesen. Sein stark ausgebildeter
geschichtlicher Sinn hat ihn früh zur Pflege der
eimischen Kunsterinnerungen und -bestrebungen ge-
,u > zu einer Zeit, in der noch niemand an Heimats-
Pfrl, dachte- Schon vor Jahrzehnten hat er auf die
Nicht der Mainzer städtischen Kunstsammlungen
'"gewiesen, zuerst sich um die Kunsterzeugnisse der
neimat zu kümmern; die Landschafter der Rhein-
und Maingegend aus dem Ende des 18. Jahrhunderts,
Höchster Porzellan zu sammeln usw.; mit mehr
Wärme als Erfolg! Wie oft hat er gegen drohende
Entstellungen des Stadtbildes, seiner Bauten, Straßen
und Plätze die Stimme erhoben; manchmal mit Kon-
rad Sutter zusammen. Auf diesem Blatt steht auch
sein Sinn für Familiengeschichte. Wie er 1902 eine
Stammtafel seiner eigenen Familie zusammengestellt
hat, so war er voll von interessanten Familienüber-
lieferungen aus dem vielbewegten Ende des Kurfürsten-
tums; seine Einladung an mich, ihn zu besuchen,
hat er seinerzeit eingeleitet mit der Mitteilung, daß
großelterliche Vorfahren von ihm und mir die Be-
schießung der Stadt Mainz durch die Franzosen zu-
sammen im Keller durchlebt haben. Er sprach gern
von der Wichtigkeit von Familienaufzeichnungen für
die Kulturgeschichte und ich hoffe, er hat uns den
Schatz von Erinnerungen, den er besaß, irgendwie
hinterlassen.

Friedrich Schneider verdient, in der Vielseitigkeit
seiner Natur näher erkannt zu werden. Er hat viel
gearbeitet und viel getan. Aber er ist einer von den
wahrhaft vornehmen Menschen gewesen, die im
Gegensatz zu den Kärrnern, mehr durch das wirken,
was sie sind, als durch das, was sie leisten.
___ F. R.

NEKROLOGE

Konsul Ed. F. Weber in Hamburg j\ Am 19. Sep-
tember starb in seiner Vaterstadt Hamburg Herr Konsul
Ed. F. Weber, der begeisterte Kunstfreund und Sammler,
dessen Münzsammlung und dessen Gemäldegalerie seinen
Namen in allen Kunstkreisen der Welt bekannt gemacht
haben. Besonders seine Gemäldegalerie, der er neben
seinem geräumigen Wohnhause an der Alster ein eigenes,
stattliches Gebäude mit großen Oberlichtsälen errichtete,
gehört zu den größten Sehenswürdigkeiten Hamburgs und
zu den umfangreichsten und wichtigsten Privatsammlungen
Deutschlands. Sie war des teueren Heimgegangenen
eigenste Schöpfung, ein mächtiges Lebenswerk, das ihm,
wenn es seiner Vaterstadt, wie wir hoffen, erhalten bleibt,
ein dauerndes ehrenvolles Andenken sichern wird.

Am 19. Juni 1830 in Hamburg geboren, begleitete er
schon als 9— n jähriger Knabe seine Eltern auf einer länge-
ren Reise nach Italien. Über ein Jahr wohnte die Familie
in Rom; und hier sog Eduard Weber schon als Knabe die
Begeisterung für alles Schöne ein, der er bis an sein
Lebensende treu geblieben. Nachdem er, von Italien zu-
rückgekehrt, das Gymnasium zu Schwerin besucht, widmete
er sich dem Kaufmannsstande. In Valparaiso in Chile
gründete er ein großes Handelshaus, kehrte selbst aber
schon in den sechziger Jahren nach Hamburg zurück, wo
er sofort anfing, sich auf verschiedenen Gebieten als Kunst-
sammler zu betätigen. Studienreisen durch alle Kunst-
länder Europas und die Erfahrung, die das Sammeln mit
sich bringt, machten ihn allmählich zum Kenner. Kenner

vom Fach standen ihm, seinen Eifer und seine Aufrichtig-
keit erkennend, beratend zur Seite. Schwächere Erwer-
bungen wurden immer wieder abgestoßen, immer be-
deutendere Werke hinzuerworben. In ihrem jetzigen Be-
stände enthält die Galerie Weber so viele Meisterwerke
hohen Ranges, wie nur wenig andere deutsche Privatsamm-
lungen, zugleich aber eine so reiche Auswahl kunstge-
schichtlich lehrreicher und bedeutsamer Werke der ver-
schiedensten Richtungen, wie kaum eine zweite Privat-
sammlung Europas. Es reizte ihn, alle Zeiten und Schulen
vertreten zu haben; war ihm kein Werk ersten Ranges aus
dieser oder jener Schule erreichbar, so suchte er sie
wenigstens durch ein gutes Werkstattbild vertreten zu
sehen. Oft genug kaufte er schwer bestimmbare, wenn
auch künstlerisch ansprechende Bilder, weil es ihn lockte,
die einander widersprechenden Meinungen der Kenner
über sie zu vergleichen. Die Unbefangenheit und Ehr-
lichkeit, womit Eduard Weber seinen eigenen Erwerbungen
gegenüberstand, ermöglichte es dem Verfasser dieser Zeilen,
schon 1892 ein wissenschaftliches Verzeichnis der älteren
Gemälde der Galerie Webers herauszugeben, das in diesen
Tagen in zweiter, stark vermehrter und verbesserter Auf-
lage erscheint. Der Schöpfer der Galerie starb während
des Druckes dieser neuen Ausgabe. Daß er ihre Voll-
endung nicht erlebt hat, beklagt niemand tiefer als der
Verfasser. Der nunmehr Verewigte, der wenig an die
Öffentlichkeit trat, lebte hauptsächlich für seine Sammlungen
und für seine zahlreiche Familie. Die das Glück hatten,
ihm näher zu treten, schätzten aber nicht nur sein reiches
Wissen und vielseitiges Verstehen, sondern auch die Rein-
heit seines Herzens und die Fülle seines Gemütes.

Knrl Woermann.

Adolf Furtwängler, der bekannte Münchener Ar-
chäologe, ist vor einigen Tagen gestorben. Wir werden
auf die wissenschaftliche Tätigkeit dieses hervorragenden
Gelehrten in einer der nächsten Nummern zurückkommen.

PERSONALIEN
Dresden. Georg Treu und Karl Woermann feierten
am 1. Oktober ihre 25jährigen Jubiläen als Leiter der ihnen
anvertrauten Anstalten. Der verdiente Direktor der Dresdener
Gemäldegalerie hat nicht nur ein Vierteljahrhundert diese
kostbare und sehr umfangreiche Sammlung erfolgreich
geleitet und durch glückliche Ankäufe vermehrt, sondern
auch dem im selben Gebäude befindlichen Kupferstich-
kabinett vierzehn Jahre vorgestanden. Die von ihm be-
arbeiteten Galeriekataloge sind mit derselben Sorgfalt und
Kennerschaft ausgeführt, die alle übrigen Werke des un-
ermüdlich tätigen Mannes auszeichnen. Neuerdings hat
Woermann durch eine besondere Denkschrift sich über die
Weiterentwickelung der Dresdener Galerie ausgelassen. Eine
Ablösung der modernen Abteilung, die wirklich in ein be-
sonderes Museum gehört, ist als nächstes Ziel vorgezeichnet.
Woermann begann als Jurist; dieser Beruf befriedigte ihn
nicht, und lebhafte geistige Interessen führten ihn, ähnlich
wie den jetzigen Generaldirektor Dr. W. Bode, zur bildenden
Kunst. Die erste Schrift des jungen Kunstgelehrten han-
delte vom landschaftlichen Natursinn der Griechen und
Römer, ein Keim, aus dem später das Werk »Die Landschaft
in der Kunst der alten Völker« erwuchs; außerdem gab
Woermann ein besonderes Werk über die Odysseeland-
schaften auf dem Esquilin heraus. Von Heidelberg, wo
er sich 1871 habilitiert hatte, berief man den jungen Ge-
lehrten 1873 nach Düsseldorf. Dort begann Woermann die
Geschichte der Malerei, deren ersten Band er bei Wolt-
manns Lebzeiten übernommen hatte. Durch den frühen Tod
Woltmanns wurde Woermann vor die große Aufgabe ge-
stellt, die ganze Geschichte der Malerei zu verfassen; eine
 
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