Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

DOI Artikel:
Florentiner Brief, [1]
DOI Artikel:
Nachlese archäologischer Neuigkeiten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0077

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nachlese archäologischer Neuigkeiten

132

eine Regeneration des Firnisses angebracht, um dem
Bild die alte Leuchtkraft wieder zu schenken.

In der Akademie hat Dr. Bacci das Altarbild von
Fra Filippo, Madonna mit vier Heiligen aus Santa
Croce, in richtige Höhe gehängt und darunter die
drei dazu gehörenden Predellentafeln von Pesellino;
die erste Anwendung eines richtigen Prinzips, das
gleich auch dem Vierheiligenaltar von Sarto und dessen
Predellen zugute gekommen ist.

In der Skulpturensammlung sind die schon früher
erworbene abruzzesische Verkündigungsgruppe (siehe
Bollettino d'arte Fase. III) und eine seither gekaufte
Terrakotta von Sansovino aufgestellt worden.

In Santa Maria Novella nähern sich die Restau-
rationsarbeiten an den Fresken Ohirlandajos ihrem
Ende. Soweit man sehen kann, ist nur das unbe-
dingt Nötige getan worden; die breiten Sprünge
wurden ausgefüllt und (was unbedingt erforderlich
war) durch Malerei unsichtbar gemacht; der ganze
Freskenschmuck vom Staube befreit. Jetzt präsentiert
er sich heller als zuvor; allerdings vielleicht auch aus
dem Grunde, weil man Teile der bunten Scheiben,
die kundigen Händen zur Ausbesserung anvertraut
sind, herausgehoben hat. Fast möchte man wün-
schen, daß in der Zukunft die bunten Fenster wenig-
stens beweglich gemacht werden, um eine bessere
Belichtung der Fresken zu ermöglichen.

Die Rucellaikapelle hat ihre alten zwei Fenster,
die vermauert gewesen waren, wieder erhalten. Jetzt
strömt ein klares Licht herein und erleuchtet die zwei
großen Altarbilder an der rechten und linken Wand:
Cimabue-Duccios Madonna und Bugiardinis Mar-
tyrium der hl. Katharina. Bei diesen neuen Licht-
verhältnissen mag nun der Streit um jenes hoch-
berühmte Altarbild neu beginnen; die Verteidiger
der Duccio-These werden vor allem Ursache haben,
sich den Fall ernstlich von neuem zu überlegen.

Aus Anlaß von Pasquale Villaris achtzigstem Ge-
burtstag veranstaltete die Direktion der Laurenziana
eine kleine Ausstellung von Manuskripten aus der
Ashburnham-Sammlung. — Darunter sind hervorzu-
heben: ein französisches Manuskript des 14. Jahr-
hunderts; Vita des Braccio, italienisch, 1483; Gebet-
buch des Lorenzo Magnifico, ebenso reich, als fein
miniiert (1485); die Capitoli der Compagnia di S.
Sebastiano, mit blattgroßer Miniatur, freier Version
nach Pollajuolos Bild, von Attavante; ein Traktat über
Falkenzucht mit herrlicher ornamentaler Einfassung,
worin die Falken verwendet sind; endlich ein Traktat
über Architektur und Mechanik mit Florentiner Feder-
zeichnungen des 15. Jahrhunderts und Randglossen
von der Hand Leonardos. Unter einigen sehr schönen
Einbänden verdient Groliers Exemplar des Cortigiano
genannt zu werden.

Das große Ereignis der letzten Zeit hier bildet der
Tod des Principe Strozzi und sein Testament, in dem
er dem Staat den Palast und das Archiv, der Stadt
die im Palast befindlichen Kunstwerke vermacht hat.
Zunächst hat das wie ein Akt grandioser Munifizenz
ausgesehen; was man aber jetzt darüber hört und
liest, läßt die Dinge in etwas anderem Licht erscheinen.

Einmal wird gesagt, daß der Verstorbene gar nicht
das Recht gehabt hat, über den Familienpalast und
und das Familienarchiv zu verfügen, da er zwei Brüder
hinterläßt. Sodann muß der Staat, um sich in den
Besitz zu setzen, zwei und eine halbe Million etwa
auszahlen, teils an die frühere Gattin des Principe,
teils an die Familie Strozzi. Wird er sich dazu bereit
finden? Viele bezweifeln es; und schließlich hätte der
Staat alles Recht, die Erbschaft unter solchen Bedin-
gungen nicht anzutreten. Eine Gefahr des Exports
ist wohl einigermaßen ausgeschlossen; als Monumento
nazionale unterliegt der Palast dem Schutz der vor-
gesetzten Behörde, und es kann keine Veränderung
ohne diese vorgenommen werden. Wie sich der Be-
sitzer des Palastes nennt, ob Strozzi oder mit einem
amerikanischen Namen, ist für den Kunstfreund, dem
der Zutritt so oder so versagt ist, irrelevant. Wohl
aber ist die Frage, in wessen Händen das Archiv sich
befindet, bedeutsam; denn Beispiele einer nicht fernen
Vergangenheit klären darüber auf, wie leicht diese
Art Besitz verstreut wird und verloren geht. Und
um die Papiere der Familie Strozzi wäre es gewiß
besonders schade. Bisher war das Archiv, soweit
meine Informationen reichen, gut geordnet und sorg-
sam behütet: leider auch unzugänglich. Es wäre aus
vielen Gründen demnach zu wünschen, daß dieser
Teil des Testaments zur Ausführung gelangte und
das Strozzi-Archiv bald den Schätzen des Florentiner
Staatsarchivs einverleibt werden möchte. o, GR.

NACHLESE ARCHÄOLOGISCHER NEUIG-
KEITEN

Wenn wir die Nachrichten über Ausgrabungen und
Funde überblicken, die sich aus den letzten zwei Monaten
angesammelt haben, wird eigentlich die Auswahl dessen,
was wir den Lesern der »Kunstchronik« noch daraus vor-
setzen wollen, recht schwer. Es ist nicht sehr viel Epoche-
machendes darunter; wir wollen aber doch unserer
Chronistenpflicht nachkommen und schlecht und recht nach
der Revue archeologique, Wochenschrift für klassische Philo-
logie, The Nation, der Vossischen Zeitung und anderen
darüber referieren. Namentlich wenn wir den Gesamt-
bericht über Ausgrabungen und Funde überblicken, den
der eben erschienene Archäologische Anzeiger (1907/II)
für das Jahr 1906 gibt, so kommt uns die archäologische
Ausbeute pro 1907 vorerst noch schwach vor. Vor allem
ist der Bericht pro 1906 über Südrußland, den B. Phar-
makowsky (Arch. Anz. Sp. 126—151) eingesandt hat, von
höchstem Interesse; und das Kubangebiet, Kertsch (Panti-
capaeum), die Insel Berezanj wie Olbia haben im Vor-
jahre eine Fülle wertvoller Funde ans Licht gebracht, von
denen wir erst jetzt hören: Gold- und Silberschmuck,
namentlich Ohr- und Fingerringe und Perlen, Bronzezierat
und Geräte, Glas, Münzen, Terrakottafiguren, Vasen und
Tongefäße, darunter eine rotfigurige Amphora des späten
strengen Stils und eine rotfigurige Lekane des späten
schönen Stils, die zu den feinsten Erzeugnissen der athe-
nischen Keramik gehört und reich mit Gold und Farben
dekoriert ist, endlich ein sehr schönes hellenistisches rot-
gefirnißtes Terrakottagefäß in Form eines Jünglingskopfes
mit Efeukranz, wohl eines jugendlichen Herakles. Aus
Olbia sind noch eine Anzahl Beinplättchen verschiedener
Größe mit Reliefs zu bemerken, welche einen sitzenden
 
Annotationen