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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Florentiner Brief, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0114

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205

Nekrologe — Archäologisches

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des Paolo de Stefanis, eine gute alte Kopie von Fra
Bartolommeos Jüngstem Gericht und ein sehr schönes
Abendmahl von Poccetti. Gegenwärtig schweben nun
die Unterhandlungen von Seiten der Generaldirektion
der schönen Künste, um das Gebäude von der Militär-
verwaltung zu erhalten und darin eine Galerie der
modernen Kunst zu begründen.

Man kann diesen Plan nur warm gutheißen, nicht
um der modernen Galerie willen, für die wohl die
Sammlungen in Venedig und Rom als Muster dienen
sollen, aber weil das schöne Gebäude wieder ein
würdigeres Ansehen bekommen wird, die darin er-
haltenen Werke alter Kunst leicht zugänglich wären
und endlich, weil dann das Refektorium, worin
Andrea del Castagnos Hauptwerk, das Abendmahl,
sich befindet, wieder seine alte Ausdehnung erhalten
könnte. Denn als seinerzeit dieser Teil des Baues in
das kleine Museo di Sant' Apollonia verwandelt wurde,
trennte man ein kleineres Stück des Refektoriums mit
dem Fresko ab, führte eine scheidende Mauer auf und
überließ den Hauptteil militärischen Zwecken. Der
viel zu kleine Raum gestattet aber nicht, die rechte
Übersicht über Castagnos Fresken zu gewinnen; vor
allem bekommt man nicht den richtigen Abstand, um
die wunderbare perspektivische Verschiebung völlig
beurteilen zu können. Auch verlangt die Bedeutung
des Freskos, daß der Eingang gerade gegenüber
liegt, nicht, wie es jetzt der Fall, seitlich, um den
rechten Eindruck nicht zu verfehlen. Aus all diesen
Gründen muß man diesem Plan baldige Verwirk-
lichung wünschen.

Endlich soll jetzt von seifen der Stadt ein städti-
sches Amt für die Monumente eingerichtet werden,
mit einer Kommission von zwölf Mitgliedern, der die
Überwachung der Denkmäler und des Stadtbildes an-
vertraut ist. Denkt man an das rücksichtslose Zer-
• stören gerade des letzteren, das, wie in der ganzen
Welt, so in Italien — und nicht zuletzt in Florenz —
an der Tagesordnung ist, so kann man mit dieser
Neuschaffung nur die besten Hoffnungen und zahl-
reiche Wünsche verbinden. o. Gr.

NEKROLOGE

Am 8. Dezember ist in seiner Heimatstadt Arcevia der
weit über die Grenzen seiner Heimat bekannte Archiv-
forscher Anselmo Anselmi gestorben. Seit 1888 hat der
Verstorbene als Herausgeber der Kunstzeitschrift »Nuova
Rivista Misena« eine höchst rühmliche Tätigkeit entfaltet.
Ein gelehrter Cicerone im besten Sinne, hat er sein Leben
der Erforschung der Kunstdenkmäler in den Marken ge-
widmet. Von seinen zahlreichen Arbeiten erwähnen wir nur
die folgenden: A proposito della Classificazione dei monu-
menti nella Provincia di Ancona, 1887; L'Antico Eremo
di S. Gerolamo presso Arcevia e il suo altare attribuito
al Della Robbia, 1887; La Croce ostile di Cesarino del
Roscetto per la Chiesa di San Medardo in Arcevia, 1889;
L'anno della Morte di Gentile da Fabriano, i8go und 1907;
11 Monte di Pietä di Arcevia, 1891, 1894; Monumenti ed
oggetti d'Arte in Albacina, Arcevia Sassoferrato e Genga,
1892. 11 ritrovamento della Tavola dipinta in Arcevia da
Luca Signorelli, 1892; Del Codice di Lorenzo Lotto scoperto
in Loreto e degli Scolari di lui nella nostra Maria, 1893;
Nuovi Documenti e nuove opere di Fra Mattia della Robbia,

1894; Piergentile e Venanzio da Camerino, 1894; Le
Maioliche dei Della Robbia nelle Marche e nella Provincia
di Pesaro, 1895, 1896. Die in den letzten Monaten er-
schienenen Hefte der Nuova Rivista Misena brachten neue
Forschungen Anselmis zur Geschichte der primitiven
Fabrianesen. Anselmi war auch Mitherausgeber der Zeit-
schrift Le Marche«. Das plötzliche Hinscheiden des noch
im kräftigsten Mannesalter stehenden Gelehrten hat in
Italien allgemeine Teilnahme geweckt. Bmb.

PERSONALIEN

Dr. Wilhelm Valentiner, zurzeit wissenschaft-
licher Hilfsarbeiter am Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin,
ist zum »Curator of decorative arts« am Metropolitan
Museum in New York ernannt worden und wird Anfang
März dieses Jahres seine neue Stellung antreten.

WETTBEWERBE

Der Magistrat von Berlin erläßt ein Preisausschreiben
zur Erlangung von Entwürfen für den Schillerpark (Nord-
park) hierselbst und hat für die besten Entwürfe Preise
in Höhe von 5000, 3000 und 2000 Mark ausgesetzt. Die
Entwürfe sind spätestens bis zum 1. April 1908 abzuliefern.
Dem Preisrichterkollegium gehören außer Vertretern des
Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung noch an:
Gartenbaudirektor Mächtig-Berlin, Gartendirektor Encke-
Köln, Gartendirektor v. Engelhardt-Düsseldorf, Professor
Max Liebermann, Professor Schultze-Naumburg und Pro-
fessor Lichtwark-Hamburg.

DENKMALPFLEGE

-f In Lugano erfolgen derzeit bedeutende Restaurations-
arbeiten an der Kathedrale San Laurenzo, die durch ihre
Marmorfassade berühmt ist, und an der Franziskanerkirche
Santa Maria degli Angeli, wo sich sowohl an der Fassade
der Kirche als an der Innenwand mit Bernardino Luinis
gewaltigem Fresko, der Passion, Risse zeigten.

FUNDE

Die Auffindung eines großen, vortrefflich erhaltenen
Altarbildes von Fra Angelico da Fiesole ist Dr. Poggi,
dem Direktor des Florentiner Bargello, gelungen. Es be-
findet sich in einem kleinen Orte des Ärnotales nahe bei
San Giovanni, stellt die Verkündigung dar, ist durch fünf
reizende Predellen geschmückt und korrespondiert mit dem
bekannten Madrider Bilde des Meisters über dasselbe
Thema.

ARCHÄOLOGISCHES

Im Bollettino d'Arte vom November findet sich ein
wichtiger Aufsatz von Giuseppe Cultura über die Statuen
der Dioskuren. Der italienische Kunstgelehrte geht von
der vor zwanzig Jahren zu Bajae gefundenen Kolossalstatue
eines Dioskuren aus, die jüngst von dem italienischen
Staat erworben ist. Bei all diesen überlebensgroßen Figuren
handelt es sich darum, die eigentlich archaischen Körper-
formen mit dem Alexander-Helios-Typus des Kopfes zu ver-
einigen. Dieser Anachronismus macht es schwer, die alte
Theorie aufrecht zu halten, daß die meisten derartigen
Kopien ein Original des 4. oder 5. Jahrhunderts wieder-
geben. Cultura spricht nunmehr die Hypothese aus, daß
der Komposittypus römischen Ursprunges und von dem
lateinischen Kastor-Polluxkult beeinflußt ist. Er stellt
sich hiermit auf die Seite derjenigen, die wie Wickhoff,
 
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