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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Hermanin, Federico: Galerieneuordnungen in Rom
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0101

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179

Nekrologe —

Wettbewerbe

180

hat sich da nicht damit begnügt, einfach neue Bilder
zwischen die alten zu hängen, sondern man hat sich
bemüht, die Kunstwerke nach Schulen und Zeitaltern zu
ordnen. Das hatte schon Professor Venturi während
seinem Direktorat getan, war aber durch den Mangel
an Platz gezwungen gewesen, einiges den Magazinen
zu übergeben. Durch die Übersiedelung des Aus-
stellungssaales des Kupferstichkabinetts in den zweiten
Stock und die Vergrößerung zweier Säle ist es jetzt
möglich gewesen, eine Anzahl der Verbannten wieder
ans Licht zu bringen. Gelegenheit zu der Umordnung
war der Anbau eines neuen Saales zur Aufstellung
der Riesenstatue Canovas: »Herkules, welcher den
Likas in das Meer schleudert«. Wenn man auch die
unbedingte Bewunderung, welche einige sehr kon-
servativ gesinnte alte Künstler dem Werke zollen, nicht
teilen kann, so kann man der kolossalen Statue doch
nicht eine gewisse Großartigkeit der Auffassung ab-
sprechen und von der jugendlichen Gestalt des Likas
muß man sagen, daß sie fein und schwungvoll mo-
delliert ist. Das Werk entwarf Canova in seiner Jugend
und führte es erst im Alter in Marmor aus.

Was die neue Aufstellung der Bilder anbetrifft, so
hat die Direktion die größten Schwierigkeiten wegen
der schlechten Beleuchtung der Säle durch alle mög-
lichen Hilfsmittel, wie schräge Zwischenwände und
drehbare Aufstellung der Bilder zu besiegen gehabt.
Die ersten drei Säle enthalten jetzt die Sammlung der
Landschaften, die römischen Ansichten und die aus-
ländischen Bilder, die kostbaren Werke Holbeins und
der anderen Deutschen ausgeschlossen, welche in dem
kleinen Kabinett, in welchem sie aufgestellt worden
waren, geblieben sind. Die Sammlung der römischen
Ansichten ist durch einige interessante Bilder Pieter
van Laars, Jan Miels' und Michelangelo Cerquozzis
bereichert worden, welche mit größter Lebendigkeit
das Leben der kleinen Stadt- und Landbevölkerung
Roms im 17. Jahrhundert schildern. Unter anderem
ist ein kurioses Bildchen bemerkenswert, auf welchem
man den Bau des großen Berninischen Brunnens in
Piazza Navona dargestellt sieht. Die Landschafts-
sammlung ist mit dem Prinzip geordnet, die gegen-
seitigen Einflüsse der italienischen und niederländischen
Maler in diesem Felde zu beleuchten. Es fehlt wohl
in dieser Abteilung, wenn man die ausgezeichneten
Bilder Qaspard Dughets, Salvator Rosas, Bernardino
Beiottos ausnimmt, an wirklichen Meisterwerken, aber
jedenfalls bilden die Landschaften Roelant Saverys,
Josse de Mompers, Paul Brils, Lieve ver Chars, Agostino
Tassis, Jan Bots und anderer eine interessante Samm-
lung, die man durch Ankäufe zu bereichern sucht. In
dem Saal, der die Madonna Murillos, die holländischen
und flämischen Porträts, Heiligenszenen und Genre
enthält, ist nichts Neues, während in dem Raum der
älteren Italiener die neueste Erwerbung der Galerie,
das Porträt einer als Maria Magdalena charakterisierten
florentinischen Edeldame von Piero di Corsimo seinen
Platz gefunden hat. Die Sammlung der Manieristen
ist durch ein Bildchen von der Hand Marcello Venustis
bereichert worden. Nach einem gewiß auf Michel-
angelo zurückzuführenden Entwurf hat der Maler

Christus auf dem Ölberg dargestellt. Bei allen mög-
lichen Fehlern, welche diesem Werke, wie auch sonst
allen Bildern des Mantuaner Manieristen eigen sind,
ist auch manches Schöne daran und die Gestalt
Christi, welche mit halbgeschlossenen Augen und
halberhobenen zitternden Händen kniet, während von
Jerusalem her ein grollendes Gewitter und die Scharen
der Schächer nahen, hat bei aller Manier wirklich
großen Charakter und zeigt uns den Meister als tief-
empfindenden Künstler. Neben diesem neuen Werke
hängen einige aus den Magazinen geholte kleinere
Bilder Venustis, in denen wohl das Interessanteste die
nach Entwürfen Michelangelos ausgeführte Zeichnung
ist. Besonders bemerkenswert ist eine Verkündigung
Maria, die sehr viel Ähnlichkeiten zeigt mit dem herr-
lichen Verkündigungsbild Venustis in der Sakristei
von San Giovanni in Laterano. In dem Saal, welcher
die Werke der venezianischen und ferraresischen Maler
enthält, sind zu den schon früher ausgestellten Kunst-
werken aus dem Magazin ein »Christus in Emmaus«,
welcher wohl dem Vitruvio Buonconsiglio, dem Sohne
des Marescalco, zuzuschreiben ist, eine Anbetung der
Hirten von Jacopo Bassano und seinen Schülern und
ein neuerworbenes Bild von Ippolito Scarsellino mit
der Darstellung der Sibylle und Augustus gekommen.
Zu den neuausgestellten Bildern gehören in den Sälen
des 17. Jahrhunderts Werke des Giovanni Lanfranco,
Bartolomeo Schedone und Guercino. Eine besondere
Gruppe ist durch die etwas rohen aber gewaltigen
Werke des Luca Giordano, Jose Ribera und Bernardo
Strozzi gebildet. Zwischen diesen ragt das durch
grausame Realistik abschreckende, aber kräftig und
großartig gemalte Hauptwerk Salvator Rosas: der
vom Adler zerfleischte Prometheus, hervor. Der letzte
Saal enthält die Werke der römischen, genuesischen
und toskanischen Maler des 17. und 18. Jahrhunderts,
Bilder von Maratta, Dolci, Feti, Sacchi, Luti, Baciccia

und Pozzi. Federico Hermanin.

NEKROLOGE

Der Düsseldorfer Genremaler Fritz ßeinke, geboren
am 23. April 1842 in Düsseldorf, Schüler der dortigen
Akademie, ist daselbst gestorben.

Der böhmische Maler Max Horb, ein junger zukunfts-
reicher Künstler, verschied im Alter von 26 Jahren in
Prag.

WETTBEWERBE

Die Großen Staatspreise auf dem Gebiet der Bild-
hauerei und Malerei werden von der Berliner Akademie
für 1908 ausgeschrieben. Einlieferungstermin 3. April 1908;
Preis: Reisestipendium von 3300 Mark.

Einen Wettbewerb zur Erlangung einer katholischen
Kirche für Hamburg schreibt die Gesellschaft für christ-
liche Kunst in München aus. Baukosten 250000 Mark;
Material Backstein; Preise 600, 400 und 200 Mark. Skizzen
sind bis 15. März 1908 einzusenden.

-f Genf will mit einem Kostenaufwand von 300 bis
400000 Francs ein großes Reformationsdenkmal er-
richten, für welches ein internationaler Wettbewerb eröffnet
ist. Das Denkmal soll die Standbilder der Reformatoren
Farel, Calvin, Knoxe und Beze enthalten, Calvin natürlich
 
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