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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Schölermann, Wilhelm: Die hessische Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe in Darmstadt 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0244

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XIX. Jahrgang 19071908 Nr. 28. 12. Juni.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an e. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

Die nächste Nummer der Kunstchronik, Nr. 29, erscheint am 17. Juli

DIE HESSISCHE AUSSTELLUNG FÜR KUNST
UND KUNSTGEWERBE IN DARMSTADT 1908

Von Wilhelm Schölermann

Seufzend hat wohl so mancher geplagte Besucher
oder Berichterstatter von Kunstausstellungen sich schon
die Frage gestellt: inwieweit sind sie berechtigt, wie
könnte man sie einschränken? Wofern sie in unserer
an Ausstellungshypertrophie leidenden Zeit noch be-
rechtigt erscheinen, haben sie den Zweck, Klärung
und Belehrung zu geben, sei es für Fachkreise, für
breitere Schichten, oder für beide zugleich.

Ohne Programm, ohne zielklare Richtung wirken
Ausstellungen von Kunstwerken verwirrend, verfehlt,
sinnlos und kunstwidrig. Darmstadt hat diesmal ein
festumschriebenes Programm, gleichsam einen um-
hegenden Einfassungszaun gezogen, um sowohl
räumlich wie auch sachlich zu einer Selbstbescheidung
zu kommen. Es dürfen auf dieser Hessischen Landes-
ausstellung nur hessische oder in Hessen tätige Künstler
und Kunstgewerbler zeigen, was sie können.

Wem fällt hierbei nicht ein Stein von der be-
drückten Berichterstatterbrust, wenn er in diesem
Sommer der hessischen Residenz einen Besuch zu
machen gewillt oder genötigt ist?

Ich gestehe daß mir selbst diese Veranstaltung
auf der Mathildenhöhe auch diesmal sogar noch nicht
klein genug erscheint. Das Ideal wäre gewesen:
ein Haus für »Freie«, ein Haus für die Angewandte
Kunst, dazu die Kleinwohnungsanlage. Und damit
Schluß. Um mehrere Häuser scheint noch die Sache
unnötig erweitert worden zu sein. Wer die Aus-
stellung als Laie besucht, wird möglicherweise davon
nichts merken. Der Fachmann, der Kritiker wird
eher herausfinden, was lieber hätte fehlen können.
Das Niveau des Ganzen wird indessen nicht dadurch
beeinträchtigt; daß man auch weitherzig war in
vereinzelten Fällen sowohl in baulicher, bildhaue-
rischer, wie in malerischer Hinsicht, wird ein-
dringlichem Blicke nicht entgehen. Indessen haben
hierbei wohl weniger persönliche Rücksichten als
sachliche Überlegungen mitgewirkt. In Anbetracht
der reichlich vorhandenen, vollwertigen Werke hat
das verantwortungsschwere Amt der Jury diesmal

in Darmstadt streng gerecht und zugleich gütig
sein dürfen.

Dies gilt insbesondere für die Malerei und Plastik.
Es mag hier hinreichend charakterisieren, wenn nur
einige Namen genannt werden, nicht die einzelnen
Werke. Mit Kollektionen sind die teils außerhalb
ihrer hessischen Heimat ansässigen Hessen: Eugen
Bracht, Otto Heinrich Engel, Carl Küstner, Otto
Ubbelohde, Ph. O. Schäfer, die Bildhauer Cauer und
August Gaul, außerdem mit sehr repräsentativen
Werken hessischer Typen Carl Bantzer vertreten.
Dazu zwei zu früh Hingeschiedene: Heinz Heim
und Eduard Harburger, mit feingewählten Nachlaß-
ausstellungen.

Unter den in Darmstadt lebenden Künstlern, die
nicht geborene Hessen zu sein brauchen, ist eine
Aufzählung ausgeschlossen. Ein Bericht darf keine
Nomenklatur werden. Interessant ist der junge, aus
Bremen stammende Kleukens mit Naturstudien und
Buchgewerblichem und reichhaltig in der Graphik
und Holzschnittmanier sind eine Reihe anderer auf
dem Plan: unter anderen Schmoll von Eisenwerth
und Prätorius. Mit Pastellen auch Ludwig von Hof-
mann, dessen sechs große Temperagemälde, die in
Dresden waren, diesmal die Wände der Wartehalle
für Bad Nauheim schmücken im Gebäude für An-
gewandte Kunst, v. Hofmann hat sich seiner Heimat-
stadt Darmstadt überhaupt in einer Reichhaltigkeit
gegeben, die einen Begriff seiner Produktivität er-
möglicht: Studien und Skizzen von seiner Reise nach
Griechenland mit Gerhardt Hauptmann, dazu figurale
Kompositionen und noch acht, an tiefem Stimmungs-
gehalt überragende Szenen - Entwürfe zu »Aglavaine
et Selysette«. Maeterlincks Todesdrama von der
Doppelliebe zweier reiner Frauenseelen für einen
Mann, es hat hier eine kongeniale, bühnenszenische
Fassung gefunden. Lyrische Töne sind im Medium
des Pastells mit einer seltenen Technik zu einem
Ausdruck von gereifter Tragik erhöht. Die Bilder
sind für die Kammerspiele des Deutschen Theaters
in Berlin entworfen und von der Direktion für die
Ausstellung zur Verfügung gestellt worden.

Indessen liegt der Schwerpunkt der schönen Aus-
stellung diesmal weniger auf der Malkunst und Bild-
nerei, als auf der Bau- und Raumkunst. Da aber
 
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