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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Deneken, F.: Die Ausstellung für moderne christliche Kunst in Aachen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0028

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XIX. Jahrgang

1907/1908

Nr. 3. 25. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt, monatlich dre.mal in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der .Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. - Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13 Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

Die nächste Nummer der Kunstchronik, Nr. 4, erscheint am 1. November

DIE AUSSTELLUNO FÜR MODERNE
CHRISTLICHE KUNST IN AACHEN
Die moderne Kunst hat nur in seltenen Fällen
ihre Motive aus dem christlichen Vorstellungskreise
geholt und nicht oft Aufgaben kirchlicher Art zu
lösen unternommen. Andererseits haben aber auch
die kirchlichen Kreise beider Konfessionen der neu-
zeitigen Kunstbewegung nur wenig Beachtung ge-
schenkt. Nirgends stehen Künstler und Publikum
sich so fremd gegenüber wie hier. Und doch ist
nirgends eine Belebung und Auffrischung so drin-
gend vonnöten wie in der gesamten Kunstübung,
die mit dem Gottesdienst zusammenhängt, wenn sie
nicht an Erstarrung und Blutleere völlig zugrunde
gehen soll. Das Gefühl, daß man sich der Berüh-
rung mit dem Leben nicht mehr ganz entziehen darf,
ist bei kunstliebenden Protestanten durch Gebhardt,
Thoma und Uhde hier und da geweckt worden,
nachhaltige Folgen sind aber ausgeblieben. Die
katholische Kirche verharrt fast in völliger Ablehnung
künstlerischer Einflüsse. Beim Bau und Schmuck
der Kirchen, bei der Musterung von Paramenten und
bei der Herstellung der Altargeräte begnügt man
sich mit Nachbildungen im gotischen oder romani-
schen Stil, und je strenger der Ausführende im Geiste
der Alten arbeitet, um so höher glaubt man sein
Werk bewerten zu müssen. Einige Befreiung von
den Fesseln des Archaismus hat die vom Pater Desi-
derius in Beuron begründete Klosterschule gebracht,
der künstlerischen Bewegung unserer Zeit gegenüber
hat sie sich aber noch ziemlich ablehnend verhalten.
Der einzige Künstler, der mit dem ganzen Rüstzeug
der neuzeitigen Kunst sich in den Dienst der katho-
lischen Kirche gestellt hat, ist der Franzose Maurice
Denis. Seine kirchlichen Darstellungen sind ohne
archaistischen Anklang und entbehren doch nicht
eines hieratisch-würdigen Charakters, sie sind in Form
und Farbenwahl völlig modern und doch voll auf-
richtigen, religiösen Empfindens.

Es wäre wohl nicht bei so vereinzelten Anläufen
geblieben, wenn die Gemeinden oder Private sich
der Sache angenommen hätten. Aber hier fehlte es.
Die Scheu vor dem »Modernen« und der Mangel
an Erkenntnis der Ziele und Wege ließen es nur
äußerst selten zu Aufträgen kommen, an denen sich

die künstlerischen Kräfte hätten erproben und ent-
falten können. Sollen die neuen Anschauungen in
die Kirchenkunst einziehen, so muß man oft und
öffentlich und nachdrücklich auf die dringende Not-
wendigkeit einer Neubelebung und auf das Vor-
handensein geeigneter künstlerischer Kräfte hinweisen.
Ausstellungen sind hierfür das wirksamste Mittel. Aus
dieser Erwägung wurden jene in neuzeitlichem Geiste
ausgestatteten Kirchenräume geschaffen, die man 1906
in der Dresdener Kunstgewerbeausstellung sah. Die-
selbe Erwägung hat die diesjährige Ausstellung für
moderne christliche Kunst in Aachen entstehen lassen.
Sie war — dem vorwiegenden Bekenntnis der Be-
wohner des westlichen Deutschlands entsprechend —
in erster Linie für die Zwecke der katholischen Kirche
bestimmt. Ihr wurde sogar eine Art offizieller kirch-
licher Billigung dadurch zuteil, daß der Kardinal-Erz-
bischof Dr. Antonius Fischer in Köln Protektor der
Ausstellung war und sie persönlich eröffnete. In
dem Verdienst, sie angeregt und hergerichtet zu haben,
teilten sich Prof. Dr. Max Schmid, Direktor Dr.
Schweitzer und Pfarrer Dr. Kaufmann in Aachen.

Obwohl das ganze Unternehmen mit Umsicht
und Besonnenheit ins Werk gesetzt war, hatte man
es nicht vermeiden können, Dinge aufzunehmen, die
man lieber nicht gesehen hätte und die auch schwer-
lich von den Veranstaltern mit besonderer Freude be-
grüßt worden waren. Das Nebeneinander des Guten
und des Trivialen hatte immerhin den Vorteil, daß
der gegenwärtige allgemeine Stand der Dinge um so
deutlicher hervortrat, mag auch Unvorbereiteten die
Stellungnahme zum Neuen erleichtert haben. Doch
hatte die Leitung dafür gesorgt, daß beide Richtungen
räumlich so weit getrennt waren, daß die letzten Ziele
des Unternehmens deutlich hervortraten.

Alle Kunstgattungen, die für kirchliche Dinge in
Betracht kommen, waren vertreten; an Umfang und
Bedeutung überwogen jedoch die Werke der Malerei.
Vom maßvollem Naturalismus bis zu strenger deko-
rativer Gebundenheit waren alle Grade der Auffassung
vertreten. H. Schaper zeigte in großen Kartons seine
durchgebildeten und abgewogenen Kompositionen für
Wandmosaik. E. v. Gebhardt gab in einem segnen-
den Christus und einigen höchst charaktervollen
Studienköpfen Proben seiner temperamentvollen, oft
 
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