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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0043

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anderen Beweis bilden darf. Denn Porträtbestimmungen
auf Grund von Ähnlichkeit geben sehr viel Raum für indi-
viduelle Anschauung, sie haben den Charakter nur einer
Wahrscheinlichkeit, nicht aber einer Gewißheit. Der Meister
war kein Florentiner, sondern ein Bolognese. Dafür sprechen
die leichte, zwanglose, nach vorn geneigte Haltung der
Büste, während die Florentiner ihre Büsten steif, würde-
voll, den Kopf nach hinten ziehen lassen, ferner die einen
geübten Tonbildner verratende weiche Modellierung im
Gegensatz zur zeichnerischen Marmistenart der Florentiner,
schließlich die tiefrote Farbe des Materials, die durch den
starken Eisengehalt des in Bologna verwendeten Tones
hervorgerufen wird. Die Verwandtschaft dieser Büste mit
derjenigen des Filippo Beroaldo in S. Martino Maggiore
in Bologna ergibt uns den Namen des Künstlers: Vincenzo
Onofri, eine Zuschreibung, die auch durch den stilisti-
schen Vergleich mit dem bezeichneten und datierten Altar
des Meisters in S. Maria dei Servi in Bologna bestätigt wird.
Wie der Vortragende im einzelnen stilkritisch dartat, ge-
hören demselben Meister ferner die Büste eines gerüsteten
jungen Mannes in der Sammlung Hainauer, ein weiblicher
Kopf in Florentiner Privatbesitz und wahrscheinlich auch
die dem Francia zugeschriebene Büste des Kaiser-Friedrich-
Museums an; diese letztere dürfte ein Jugendwerk Onofris
sein, da ihr noch viel von der schärferen Modellierungs-
art seines Lehrers anhaftet, des Niccolo delF Area näm-
lich, der, wie die Verwandtschaft der bezeichneten Be-
weinungsgruppe Onofris (in S. Petronio) mit der be-
zeichneten Beweinungsgruppe Niccolos (in S. Maria della
Vita,! ebenfalls in Bologna) ergibt, als sein Lehrer anzu-
sehen ist. h. b.

STIFTUNGEN
Zum l. April 1908 hat die Friedrich Eggers-Stiftung
zur Förderung der Künste und Kunstwissenschaften in
Berlin über 600 Mark zu Stipendien zu verfügen. Nach
den Bestimmungen der Stiftung soll diesmal in erster Linie
die Bewerbung eines Kunstgewerbebeflissenen berück-
sichtigt werden, und erst, wenn geeignete Bewerber nicht
gefunden werden, soll die Wahl zunächst einem Bildhauer,
dann einem Kunstgelehrten, einem Maler oder in letzter
Linie einem Architekten zufallen. Der Stiftungsvorstand
fordert die Bewerber unter Bescheinigung ihrer Qualifikation
auf, Anträge vom 10.-31. Januar nächsten Jahres bei dem
Geh. Baurat Franz Schwechten in Charlottenburg, Harden-
bergstraße 33/36, einzureichen. Näheres teilt das Kura-
torium, welches unter dem Vorsitz des genannten Herrn
steht, auf Wunsch mit.

VERMISCHTES
Berlin. Nach einigen Abänderungen an den Bronze-
statuen oranischer Fürsten dürfte die Neugestaltung der
Schloßterrasse nunmehr beendet sein. Die künstlerische
Qualität der Werke, die in kurzen Abständen auf die
Pfeiler der Balustrade gesetzt wurden, ist durchweg
höchst unbedeutend, immerhin machen sie sich nicht so
störend bemerkbar, wie man anfangs fürchtete. Wenn
sie auch eine recht schwächliche Nachbarschaft zu den
kraftvollen »Rossebändigern« bilden, so treten sie doch in
ihrer matten Tönung wenig hervor, auch die Inschrift-
tafeln an den Sockeln sind unauffällig gehalten.

In der Säulenhalle des Neuen Museums wird zurzeit
neben den Büsten älterer Kunstforscher wie Hirt, Waagen,
Kugler und des Bildhauers Kiß, eine Büste des Bildhauers
Drake angebracht.

Die Aufstellung von größeren modernen Bildwerken
in den schönen Gartenanlagen, welche die Kgl. National-
galerie umgeben, ist nun mit bestem Gelingen abgeschlossen.
Die Bronzewerke wie Hösels »Hunne zu Pferde« oder
Kruses »Siegesbote von Marathon« nehmen sich auf den
schlichten grauen Steinsockeln vortrefflich aus. Sm.

Rom. Die sogenannte Fontana deW Abbondanza,
dessen Hauptschmuck aus einer griechischen Bacchus-
gruppe bestand, war aus dem Hof des Palazzo Lante
verschwunden und schon glaubte man, sie wäre einem
amerikanischen Kunstliebhaber zum Opfer gefallen. Jetzt
hat es sich herausgestellt, daß der Herzog Grazioli-Lante
sie in seiner Villa außer Porta S. Salaria aufgestellt hat.
Schade ist es immerhin, daß der harmonische Renaissance-
hof von Palazzo Lante seines schönsten Schmuckes be-
raubt ist. f- h-

LITERATUR

In Sachen der Stuttgarter Gemäldegalerie hat

Privatdozent Dr. Erich Heyfelder in Tübingen in einer be-
sonderen, bei Georg Schnürlen erschienenen Broschüre das
Wort ergriffen (Die Aufgaben der Stuttgarter Gemälde-
galerie gegenüber der heimischen Kunst, Preis 60 Pfg.).
Er tritt, obwohl selbst Ästhetiker von Fach, mit Wärme
und sehr stichhaltigen Gründen dafür ein, daß man auch
für diese Galerie einen Kunsthistoriker und keinen Ästhe-
tiker anstellen solle, und gibt im Verlaufe der Erörterungen
eine lichtvolle Darstellung der Grenzen beider Disziplinen.
Insbesondere aber lehnt er den vom Stuttgarter Oberbürger-
meister von Gauß so warm empfohlenen Dr. Max Diez ab,
indem er erklärt, daß dieser durch seine, bei Göschen er-
schienene »Ästhetik«, auch als Ästhetiker in der Wissen-
schaft erledigt sei. Mit Befriedigung vernimmt man, daß
in der Diskussion im Landtage Minister von Fleischhauer
mehrfach den kuriosen Angriffen entgegengetreten ist, die
der Herold des Herrn Dr. Diez der bösen Kunstgeschichte
hat angedeihen lassen. Herr Dr. Heyfelder betont, daß
die vornehmste Aufgabe eines Galeriedirektors die Ver-
waltung seines Museums sei. Ursprünglich ist denn auch die
Stuttgarter Galerie von ihrem Begründer, Wilhelm L, gleicher-
weise mit alten und neuen Kunstwerken bedacht worden;
unter Langes Leitung ist das Verhältnis der für alte und
für moderne Kunst aufgewendeten Mittel stark verschoben,
es beträgt 1:11,5. Auch diesen kleinen Bruchteil möchte
der hoffentlich noch nicht berufene, unberufene Aspirant
der alten Kunst künftig rauben und nur »die gegenwärtige
Produktion« unterstützen, wodurch die Galeriemittel zu
bloßen Stipendien gemacht werden würden. Der Einfluß,
den die Künstler auf die Gestaltung der Galerie geübt
haben, wird vom Verfasser gebührend gekennzeichnet, der
Vorschlag, die Abteilung der alten Meister einfach zum
Rudiment zu machen, trefflich zurückgewiesen. Es gebricht
uns an Raum, hier näher auf die zwingenden Darlegungen
des Verfassers einzugehen; aber jeder, der in der Frage
ein Wort mitzusprechen hat, sollte diese bei aller Wärme
besonnene, wohl überlegte Einsprache kennen lernen.

Inhalt: Die Ausstellung für moderne christliche Kunst in Aachen. Von F. Deneken. — Römischer Brief. Von Fed. H. - Der Pariser Herbstsalon.

Von K. E. Schmidt. — Das »Schicksal« der Sammlung Six. Von K. F. — Das Kunstgewerbe im Pariser Herbstsalon. Von K. E. Schmidt. —
Adolf Furtwängler f. Von Max Maas. — Erwin Öhme f; Eduard Cichorius f. — Personalien. — Schiller-Denkmal und König-Georg-Denkmal
in Dresden; Freiligrath-Denkmal in Soest. — Wettbewerb der »Föreningen för grafisk konst«. — Ausgrabungen auf dem Quirinal und am
Bahnhof in Rom; Die Quadriga von Herculanum; Werk Albrechl Dürers gefunden; Gemälde M. Schongauers in Breisach gefunden. —
Archäologisches aus Rom. — Ausstellungen in Elberfeld und Catania. — Stuttgarter Galeriedirektor-Wechsel; Erwerbungen des German.
Nationalmuseums in Nürnberg; Neuordnung in der Neuen Pinakothek in München; Sammlung von Gipsabgüssen in Kopenhagen; Erwer-
bungen des Nationalmuseums in Stockholm. — Kunsthistorisches Institut in Florenz. — Eggers-Stiftung. — Vermischtes. — In Sachen der
Stuttgarter Oemäldegalerie.

Herausgeber und verantv/ortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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