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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Kühnel, Ernst: Kunstausstellungen in Madrid
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Valentiner, Wilhelm Reinhold: Eine angebliche Radierung Elsheimers
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0070

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H7

Eine angebliche Radierung Elsheimers

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bei bestem Willen nicht viel Gutes sagen. Die Spanier
scheinen in der Frage architektonischer Ästhetik mit
Blindheit geschlagen zu sein; wie keinen früheren
Stil, so haben sie auch den modernen nicht verstan-
den. Das neue Kunsthaus, von dem die Rede ist, hat
einen hübschen kuppelgedeckten Lichthof, eine un-
glückliche moderne Fassade und eine noch viel un-
glücklichere, völlig unmotivierte Dekoration in Rokoko-
motiven. Die Lage im Stadtpark, mitten unter den
Baracken der unter dem täglich strömenden Regen ein
jämmerliches Dasein fristenden »Ausstellung Madrider
Industrien« ist an sich schon recht ungünstig.

Bei der Besichtigung der Säle bekommt man auch
noch manchen gelinden Schreck. Freilich, es handelt
sich um eine geschlossene »Kunstvereinigung«, und
da muß jedes Mitglied ausstellen dürfen. Aber Einige
hätte doch der Rat wohlmeinender Freunde schon
fernhalten sollen. Sehr unvorteilhaft ist die Plastik
vertreten; nur wenige Arbeiten, denen man einige
Aufmerksamkeit widmen mochte.

An den Gemälden zeigt sich viel Können, besonders
technische Fertigkeit und bei der Mehrheit Beschäfti-
gung mit den großen modernen Problemen, unter
deutlicher Abhängigkeit von Paris und spanischen
Großen. Eine wahre Kalamität für die hiesigen Maler
scheint die Rahmenfrage zu sein. Wegen der großen
Kosten können sie die Rahmen nicht aus dem Aus-
lande kommen lassen, und das, was hier verfertigt wird,
>st stets mangelhaft und meist unpassend. Diese
schmalen, billigen Goldleisten machen oft die interes-
santesten Bilder unmöglich.

Gegen Komposition wird viel gesündigt; bisweilen
auch geborgt (ich sah z. B. einen liegenden Akt, der
n der Londoner National Gallery befindlichen Venus

r

cht geradeneu in der Auffassung. Unter diesen mögen
erwähnt sein: zwei flotte, aber etwas flache Damen-
bildnisse von Zaragoza, das sehr treffende eines älteren
Herrn von Diaz Molina, ein anderes von Alvärez Mozan,
das einer Frau in ausgesprochener Habermann-Tech-
nik von Muüoz Campos, während die von Valentin
Zubiaurre, etwas hart und ohne Licht, an Cottet er-
innern. Von Benlliure ein altes Weib, von Sancha
Porträt eines sitzenden Mannes mit kastilischer Land-
schaft in einfachem graubraunem Ton dahinter, nicht
ohne Eindruck. Von ihm auch ein paar sehr witzige
Karikaturen nach dem Leben.

In der Behandlung der Landschaft ist diese Gene-
ration weniger glücklich, weil zu sehr abhängig. Ihre
Stärke liegt im Farbegefühl; eine erstaunliche Fein-
heit der Beobachtung zeigt in dieser Hinsicht Jose
Villegas, den sein Amt als Hüter der alten Malerei
(er ist Direktor der Pradogalerie) nicht abhält, sich
ganz den Modernsten anzuschließen. Seine reizenden
Strandbildchen aus Biarritz, in denen er auf einem
winzigen Raum die ganze Mannigfaltigkeit eines Bade-

des VpI ' mti

sind P | UeZ Verteufe!t nahe kam). Am erfreulichsten
nicht °r h S' Selir sPrechende Köpfe, wenn auch

Sa s mit echt spanischer Schärfe der Koloristik zu-
mai?UntUpft' könnte man fast als eine Art Miniatur-
2 erei bezeichnen. In derselben Tendenz, aber ex-
,v und weit weniger glücklich, bewegt sich Pinazo.

Roberto Domingo dagegen zieht die wuchtige, breite
Impressionstechnik vor und gelangt dabei ebenfalls
zu bedeutender Farbenwirkung, zu der in dem vor-
trefflichen Augenblicksbild aus einem Stiergefecht und
in der scheinbar nach Wirklichkeit beobachteten Kampf-
szene aus einer Reiterschlacht noch ein glücklicher
dramatischer Effekt tritt. Auch ein Hafenbild, in der
Lichtabstufung etwas vernachlässigt, hat er ausgestellt.
Von Baroja mehrere meist sehr dunkel gehaltene, in
den helleren Flächen etwas harte Radierungen in ener-
gischem Strich; von Espina andere, in weicherer Netz-
technik. Ein schön gelungenes Seebild von Gomer-
tyil, ein nicht mehr ganz neues Automobil bei Nacht
von Viniegra, ein Kohlgarten von Lhardy und einige
bescheidene, aber recht intime, helle Bildchen aus dem
Landleben, von Juan Frances, mögen noch beiläufig
genannt sein. Auffallend ist das Fehlen von jeglichen
Akten; ein von Megia genial radierter, mit zarten
Schatten, ist mir allein erinnerlich.

Zumindest als sehr interessant darf der von der
Zeitschrift »Por el Arte« veranstaltete Karikaturen-
salon bezeichnet werden, der erste seiner Art in Madrid,
nachdem ihm ein solcher gelegentlich der letzten
Kunstausstellung in Barcelona voraufgegangen war.
Man kann solche Veranstaltungen nicht genug loben,
denn sie wirken mehr als irgendwelche andere Kunst
unmittelbar auf das Publikum. Und Spanien darf
stolz sein auf eine stattliche Reihe vortrefflicher Ver-
treter dieser Richtung, die leider nur nicht Gelegen-
heit haben, in entsprechenden Zeilschriften ihr Talent
zu entfalten. Die geistreichen politischen Skizzen von
Brunet, Satirisches von Cidön (Efedece), ausgezeichnete
Blätter, die in der Farbenwahl an unseren Bruno Paul
erinnern, von Cornet (unter anderen der prächtige, vom
ängstlichen Volk bestürmte Diener der deutschen Ge-
sandtschaft in Tanger), tolle Einfälle von Elias Feliu,
Porträtkarikaturen bekannter Persönlichkeiten von
Gömez del Fresno und von Montagud, flott hingewor-
fene Humoresken von Grau Miro, in breiter, einfacher
Wirkung von Pan Planas, großäugige, verrückte Typen
von Moyano und Ramirez und so vieles, vieles an-
dere vereinigt sich in diesem Salon zu einem erfreu-
lichen Gesamtbild spanischen Witzes und sprühenden,
südlichen Geistes. Einige sehr gewagte Sachen sind
auch dabei, vermögen aber nur die Stimmung des
Publikums zu erhöhen, das in den Abendstunden
ein- und ausströmt und sogar — Wunder über
Wunder hierzulande — kauft. Endlich sei erwähnt,
daß Ricardo Marin in der Calle del Principe eine
Anzahl Federskizzen, zum Teil mit Hinzuziehung von
Tusche, sämtlich Szenen aus Stiergefechten wieder-
gebend, in origineller, fein strichelnder Konturiertech-
nik, ausgestellt hat, die große Schulung und scharfe
Beobachtung verraten. ERNST KÜHN EL.

EINE ANGEBLICHE RADIERUNG ELSHEIMERS
Auf der Auktion C. G. Börner in Leipzig, am 7. und
8. Mai 1907, kam unter dem Namen Adam Elsheimers,
Nr. 269, eine Radierung vor, die einige Soldaten
beim Losfeuern der Kanonen darstellte und die volle
Bezeichnung des Künstlers am oberen Rande des
 
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