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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Vermischtes - Literatur - Noch einmal die Bilder altdeutscher Meister im Museo Civico zu Venedig 352

VERMISCHTES

Y In der letzten Nummer der Kunstchronik wurde
auf Grund von Zeitungsnachrichten Ihnes Plan zur Um-
gestaltung des Brandenburger Thores mitgeteilt und
zunächst eine abwartende Stellung eingenommen. Seitdem
ist aber das Modell im Berliner Verkehrsmuseum öffentlich
zugänglich gemacht und vollkommen einmütig, sogar von
der Kreuz-Zeitung!, abgelehnt worden. Und dies mit
Recht. Was Ihne plant, sieht infolge der viel zu breiten
Durchgänge einer Freilegung denn doch verzweifelt ähn-
lich. Auch befürchtet man mit guten Gründen, daß nun-
mehr vom Pariser Platz aus der Blick auf die berüchtigten
»Marmorsteinbrüche« beim Eingange des Tiergartens frei
würde.

Als hocherfreulich ist dagegen festzustellen, daß die
Erhaltung des alten friederizianischen Opernhauses ge-
sichert erscheint. Der Neubau soll sich dort erheben, wo
jetzt das sogenannte Krollsche Theater am Königsplatz
steht. Wünschenswert erscheint, daß die Stadt Berlin den
Knobelsdorffschen Bau erwerbe und ihn zu Konzert- oder
Repräsentationszwecken verwende. In diesem Falle könnten
auch die abscheulichen eisernen Feuertreppen und -leitern
entfernt werden, die zurzeit die edlen Linien des grauen
Gebäudes aufs empfindlichste unterbrechen und schädigen.

Max Slevogt ist gegenwärtig damit beschäftigt, den
bayrischen Prinzregenten zu porträtieren.

Brügge. Der Gemeinderat von Brügge hat einstimmig
die Enteignung eines Häuserblockes in der Nähe des
Museums Gruuthuuse und des Johanneshospitales ange-
nommen. An seiner Stelle soll ein großes neues Museum
errichtet werden. (n. Rotterd. Courant.)

LITERATUR

X Der Akademische Verein für bildende Kunst

gibt bei G. C. Steinicke einen wohlgeordneten Überblick
über das graphische Schaffen Nonorf Daumiers, des großen
Zeichners, der gerade uns Heutigen so besonders nahesteht,
heraus. Ich habe hier kein Wort mehr zu verlieren über
Daumiers stupende Zeichenkunst, über seine beispiellose
Technik, über seinen tollen gewaltigen Humor; das alles
gehört der Geschichte an, zumal nach E Klossowskis
prächtiger, bei Piper in München erschienener Monographie.
Einige Photographien von Durand-Ruel unterrichten über
Daumiers Ölmalerei, von der man leider bei uns nur spär-
liche, unzureichende Proben zu sehen bekommt.

NOCHMALS DIE BILDER ALTDEUTSCHER
MEISTER IM MUSEO CIVICO ZU VENEDIG
Erwiderung

Herr Stiaßny hat gegenüber meinem Aufsatz im Januar-
heft der »Zeitschr. f. bild. Kunst« auf einen Artikel ver-
wiesen, den er selber vor zwanzig Jahren im »Repertorium«
veröffentlichte und in dem er zwei bezw. drei der von mir
publizierten Bilder bereits erwähnte. Die Kreuztragung des
Hausbuchmeisters erschien ihm damals ein Werk der
»Schühlein-Zeitblomschen Richtung«. Ohne auf die Un-
richtigkeit dieser »Bestimmung« großes Gewicht zu legen,
darf wohl das betont werden, daß die Namen Schühlein
und Zeitblom der Phantasie allerdings einen beträchtlichen
Spielraum lassen — neigt doch Schühlein in seinem Kunst-
charakter stark nach Nürnberg, während Zeitbloms Kunst
in der südschwäbischen Tradition wurzelt und wahrschein-

lich im besonderen in der Kunstweise des Meisters der
Sterzinger Altarflügel.

Auch die beiden Frühaufschen Bilder erwähnte Stiaßny,
und bemerkte bereits in ihnen, wie ich gern anerkenne,
die Beziehung zum Großgmainer Meister. Leider hielt
er sie aber für zusammengehörig mit zwei anderen, sig-
nierten Flügelbildern ebenda, die zwar nicht nur im For-
mat unterschieden, sondern auch von völlig anderem künst-
lerischen Charakter sind (es handelt sich um ganz minder-
wertige Arbeiten). Mit dem Hinweis auf den ungünstigen
Ort, an dem die Gemälde seinerzeit hingen, entschuldigt
sich Stiaßny — sie von ihrem Platz nehmen zu lassen
oder sie sich von einer Leiter aus genauer anzusehen, er-
schien ihm demnach überflüssig. Auch die Kongruenz
der dargestellten Szenen: Anbetung des Kindes und Dar-
stellung im Tempel einer-, Anbetung des Kindes und Be-
schneidung andererseits — störte ihn nicht. Janitschek,
der durch Stiaßnys Irrtum auf die falsche Fährte geleitet
ward, erwähnt in seinem Buch die Frühaufschen Tafeln
überhaupt nicht, er bespricht nur kurz deren angebliche
Gegenstücke und wirft Stiaßny ganz richtig ein, daß sie
aus Gründen des Stiles dem Großgmainer nicht zugeeignet
werden können. Stiaßny scheint merkwürdigerweise das
obwaltende Mißverständnis nicht bemerkt zu haben: in
seinem neuen Aufsatz über Altsalzburger Tafelbilder nennt
er die beiden Arbeiten in Venedig mit keiner Silbe mehr. —

Wie sich nun St. meine Worte für seine eigenen
Zwecke zurechtlegt, dafür ein Beispiel. Im Zusammenhang
mit den neuen Pfenningschen Bildern hatte ich wörtlich
gesagt: über die große Kreuzigung in Graz will ich nicht
urteilen, da ich das Original nicht kenne. Daraus macht
St., ich scheine, ohne die Grazer Kreuzigung gesehen zu
haben, sie für ein Werk des nämlichen Künstlers zu halten!
Eine so flüchtige Durchsicht seines Aufsatzes im »Jahrbuch«,
— durch den ich erst erfahren, daß Pfenning ein Öster-
reicher war (so St. selber einige Zeilen oberhalb!) — traut
er mir also zu, daß mir der Name Conrad Laib unter der
Tafelabbildung jener Kreuzigung und außerdem die beiden
im Text faksimilierten Signaturen des Künstlers entgangen
seien!

Ich glaube, es bleibt nach dieser Probe Stiaßnyscher
Zitier- und Deutungskunst kaum noch etwas zu sagen
übrig. Erheiternd wirkt, daß mich St. über die Ortho-
graphie des Namens Frueauf belehren will (»dies die rich-
tige Schreibart, nicht ,Frühauf«), während er selber kurz
vorher die Form »Schühlein« statt der bekanntlich »rich-
tigen« »Schüchlin« anwendet.

Zum Schluß ein Protest dagegen, daß St. seinen Ar-
tikel, der doch wohl eine »Berichtigung« meines Aufsatzes
sein sollte, zugleich als Ankündigung seiner neuen »Ent-
deckungen« benutzt. Nebenbei erwidere ich ihm, daß mir
seine Entdeckung, was St. Florian anbelangt, nichts Neues
bietet — und nicht bloß mir allein. Dagegen bitte ich
ihn in seinem Nachtrag nicht eine kleine, seinerzeit von
mir bestimmte Tafel in Budapest zu vergessen, über die
er Näheres aus dem Katalog ersehen mag.

Ich glaube nicht, daß sich St. einen Dienst damit er-
wies, daß er eigene vermeintliche Verdienste hervorzu-
kehren unternahm. Bestimmt aber täuscht er sich, wenn
er glaubt, daß die Geschichte seiner früheren Irrtümer
irgend einen — außer ihm — interessiert. Ich habe ihm
auch nur deshalb geantwortet, weil seine Darstellung mehr-
fach zu meinen Ungunsten an Klarheit zu wünschen übrig

ließ. Hermann Voss (Berlin).

Dieser Nummer liegt ein Prospekt von E. A. Seemann in Leipzig bei, betr. Schmid, Kunstgeschichte des 19.Jahrh.

Inhalt: Eine Krisis in der Nationalgalerie. - Florentiner Brief. - Eine Goya-Ausstellung in Wien. Von L. Hevesi. - R. v. Kaufmann t; Julius
LessingT- — 1 ersonalien. — Abbruch der Nieuwe-Zijds-Kapel in Amsterdam; Restaurierung des Rembrandthauses in Amsterdam. — Aus-
grabungen aut dem Palatin. — Zu den Parthenonskulpturen und den Olympiabauten. — Ausstellungen in Berlin, München, Wien, Dordrecht,
Kom Die englische Ausstellung in Kopenhagen. — Dresdener Museen und ihre Verwaltung; Landesmuseum der Provinz Westfalen in
Münster. — Schenkung von Werken Menzels an den bayer. Staat. - Der Kaiser Protektor d. Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft. —

_vermischtes. — Das graphische Schaffen HononS Daumiers. — Nochmals die Bilder altdeutscher Meister im Museo Civico zu Venedig.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. o. m. b. h. Leipzig
 
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