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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0195

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367

Institute — Vermischtes

368

mit jenem von Vondel besungenen Werk nachgewiesen.
Beide Gemälde schmückten einst die Sammlung von Rem-
brandts Freund Jan Six, bei dessen Nachlaßversteigerung
in Amsterdam am 6. April 1702 sie mit 230 und 200 Gulden
für damalige Verhältnisse sehr teuer verkauft wurden. Das
jetzt vom Rijksmuseum erworbene Gemälde, das voll be-
zeichnet und 1614 datiert ist, sah zuerst Herr Dr. W. R.
Valentiner vor nicht allzulanger Zeit beim Kunsthändler
Gerstel in Berlin. Ich selbst konnte in ihm dann das bis
dahin ebenfalls für verschollen gehaltene Gegenstück zu
dem »Paulus und Barnabas in Lystra« wiedererkennen.
Näheres darüber habe ich in dem in diesen Tagen er-
scheinenden Heft des »Bulletin van den Nederlandsch
Oudheidkundige Bond« mitgeteilt. Kurt Freise.

-f Für die Herstellung eines neuen Kunstmuseums
in Winterthur (Kanton Zürich) stellte ein dortiger Kunst-
freund einen Beitrag von 100000 Francs in Aussicht.

Mailand. Die Brem ist um ein Gemälde des Cesare
da Sesto, den heiligen Hieronymus darstellend, bereichert
worden. Es stammt vermutlich aus dem Jahre 1512, Der
Kopf des Heiligen kommt auch auf dem Bild einer »An-
betung der Könige« im Nationalmuseum zu Neapel vor,
und die Wiener Albertina besitzt eine Rötelzeichnung, die
eine Kopfstudie für dasselbe Gemälde darstellt. — Das
Museo Poldi Pezzoli hat ein Gemälde von Cima da Cone-
gliano erworben. Es stellt den jungen Bacchus dar, der,
als mittelalterlicher Krieger gekleidet, auf einem antiken
von zwei Leoparden gezogenen Wagen fährt. Vor dem
Gotte kniet Ariadne, ein blondhaariges Mädchen in bläu-
lichem Gewände, und empfängt aus seiner Hand den
Rebenkranz. Ein Faun und Satyrn begleiten den griechi-
schen Gott. Ein Gegenstück zu diesem »Triumph des
Bacchus« besitzt Herr Adolf Thiem in San Remo, einen Silen,
von drei Satyrn begleitet. Zwei andere mythologische
Tafeln des Cima da Conegliano finden sich in der Pina-
kothek zu Parma, ein schlafender Endymion und König
Midas mit Apollo und Marsias. Voss. Ztg.

INSTITUTE

Rom. Sitzung des Kaiserlich deutschen archäologischen
Instituts. 8. Februar 1908. Prof. A. Mau hielt folgenden
Bericht. Der Unterbau des Fortunatempels in Pompeji
wurde im Januar 1859 untersucht, und es zeigte sich, daß
er einen Hohlraum enthielt; in diesem fand man nichts
weiter als eine Schildkrötenschale in vier Stücken. Es war
also eine Schildkröte hier eingemauert worden, und in der
Anordnung des Quaderbelags der linken Seite des Unter-
baues ist auch noch die Stelle zu erkennen, wo man eine
Öffnung gelassen und erst nach Hineinbringung der Schild-
kröte zugesetzt hat. Es handelt sich hier offenbar um ein
»Bauopfer«, eine Äußerung des Aberglaubens, daß es einem
Bau besondere Festigkeit verleiht und ihn gegen feindliche
Einflüsse schützt, wenn ein lebendes Wesen — eigentlich
soll es ein Mensch sein — geopfert, und besonders wenn
dieses in den Bau selbst eingemauert wird. Dieser Aber-
glaube ist auf der ganzen Erde verbreitet, besonders stark
auch auf der Balkanhalbinsel, bei Griechen, Serben, Bulgaren,
Rumänen und Albanesen. Dagegen ist er, wie es scheint,
in Italien bis jetzt noch nicht nachgewiesen. Hält man
damit zusammen, daß der römischen Religion das Menschen-
opfer fremd war, und nur unter griechischem Einfluß ge-
legentlich geübt wurde, so wird man vielleicht schließen
dürfen, daß in Italien schon früh im Altertum dieser Aber-
glaube in Vergessenheit geraten ist. Und wenn dies richtig

ist, so wird umgekehrt zu schließen sein: wenn iti Griechen-
land und Nachbarländern diese Traditionen noch jetzt so
stark sind, und bei den alten Griechen Menschenopfer
nichts Ungewöhnliches sind, so wird auch im alten Griechen-
land das Bauopfer bekannt gewesen sein.

Bei den Völkern der Balkanhalbinsel ist der Glaube
der, daß der Geopferte zum Schutzgeist des Baues wird;
man schließt ihn in den Bau ein, damit seine Seele nicht
entweichen kann. Da aber mit fortschreitender Kultur
das Menschenopfer wegfallen muß, so tritt dafür das »Er-
satzopfer« ein, in doppelter Gestalt. Entweder wird das
Menschenopfer nur symbolisch vollzogen, z. B. so, daß
man einen Menschen oder seinen Schatten mißt und die
das Maß darstellende Schnur einmauert. Oder man opfert y
statt des Menschen ein Tier, sei es, daß man es schlachtet,»'
sei es, daß man es lebend einmauert. Ein solches »Er-
satzopfer«: ist die Schildkröte in dem Unterbau des pompe-
janischen Tempels. Daß man gerade eine Schildkröte ge-
wählt hat, beruht wohl darauf, daß diese lange ohne
Nahrung leben kann, und daß man meinte, der Zauber sei
besonders wirksam, solange das eingemauerte Wesen lebte.

An Beispielen des Bauopfers aus dem Altertum fehlt
es nicht ganz Bei der Gründung von Alexandria, bei der
Gründung von Ankyra durch Augustus, bei dem Theater-
bau des Tiberius in Antiochia und bei dem Wiederaufbau
von Antiochia durch Trajan, nach einem Erdbeben, wurde
jedesmal eine Jungfrau geopfert. Das Opfer von Alexandria
wurde Macedonia genannt; der Name wird verständlich
nur durch die Vorstellung, daß das Opfer der Schutzgeist,
der Genius der Stadt wird. Und ebenso deutlich oder
noch deutlicher ist diese Vorstellung bei dem Opfer Trajans
in Antiochia; denn er ließ die Statue des Mädchens im
Theater aufstellen als die Tyche, die Glücksgöttin der Stadt,
also als Schutzgeist derselben. Dies ist also dieselbe Vor-
stellung, die noch jetzt dem Aberglauben des Bauopfers
zugrunde liegt. Alle diese vier Beispiele gehören dem
griechischen Orient an; wir dürfen also aus ihnen nur
schließen, daß dem griechischen Altertum die Vorstellung
des Bauopfers nicht fremd war, und dann sicher auch nicht
die Ausübung desselben in harmloserer Form. Aus Italien
wissen wir nichts der Art. Es ist aber durchaus begreif-
lich, daß in der Zeit des Augustus — der Tempel wurde
im Jahre 3 n. Chr. fertig — wo der griechische Einfluß in
Italien sehr stark war, ein griechischer Aberglaube in Pom-
peji zur Ausübung kam._Fed. H.

VERMISCHTES

Ibsen als Landschaftsmaler. In seinen Jünglings-
jahren hat sich Hendrik Ibsen öfter als Zeichner und
Maler versucht, und es waren bis jetzt zwei größere Ge-
mälde und ebensoviele Aquarelle des Dichters bekannt, die
sich in Privatbesitz befinden. Jetzt erfährt man von sieben
Aquarellen und zwei größeren Gemälden, von der Hand
des Dichters, welche sich in einem kleinen norwegischen
Landstädtchen im Besitz des Landwirtes Zeier in Nitedalen
befinden. Dessen Frau, die Witwe eines intimen Jugend-
freundes des Dichters, namens Ole Schulerud, hat diese
Werke von Ibsen geschenkt erhalten. Sie stellen fast aus-
schließlich Fjordlandschaften dar. Die Kunstwerke sollen
demnächst in der Künstlervereinigung zu Christiania aus-
gestellt werden.

Die philosophische Fakultät der Universität Münster
hat den Leipziger Maler und Bildhauer Max Klinger zum
Ehrendoktor ernannt. Klinger ist bereits Dr. med. honoris
causa der Universität Greifswald.

Inhalt: Aus Berliner Kunstsälen. — Emilie Mediz-Pelikan f. — Personalien. — Wettbewerb um Entwürfe für Wohnhäuser im Kreis Niederbarnim.—
Italienische Denkmäler aufChios; Monumentalbrunnen inZoblen. — Tag für Denkmalpflege. — Ausgrabungen in I ersten und in Gezer. —
Mosaikfund in Frejus. — Ausstellungen in Berlin, Wien, Dresden, Olmütz, Düsseldorf, Wiesbaden, Straßburg, Bern, Basel. — Berlins Ankaufe
aus der Sammlung van Eeghen; Ankauf einer archaischen Götter- oder Athletenstatue für die Münchener (jlyptotriek; Aus dem Landes-
museum der Provinz Westfalen in Münster; Erwerbungen des Rijksmuseums in Amsterdam; Kunstmuseum in Winterthur; Erwerbungen der
Malländer Museen. — Kaiserlich deutsches archäologisches Institut in Rom. — Vermischtes.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. o. m. b. h. Leipzig
 
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