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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Wettbewerbe — Denkmalpflege — Ausgrabungen

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seit vierzig Jahren Mitglied des Vorstandes des Leipziger
Kunstvereins, ein um die Förderung des Leipziger Kunst-
lebens hochverdienter Mann, dessen Name aber auch in
der deutschen Kunstgeschichte des neunzehnten Jahrhun-
derts immer in Ehren genannt werden soll. Denn als Ver-
leger ist er weit mehr als Geschäftsmann gewesen, inso-
fern er die geschäftlichen Rücksichten stets dem idealen
Gewinn untergeordnet hat, der fürdas Volk und insbesondere
für die Jugend aus seinen Verlagswerken erwachsen sollte.
Ein hoher, von einem begeisterten Sinn für das Schöne
getragener Geist hat seinen Verlag durch fünf Jahrzehnte
beseelt und ihm seine Richtung gegeben. Er war der Ver-
leger einer großen Anzahl großer deutscher Meister, deren
Werke er in mustergültigster Weise veröffentlichte und
damit unserem Volke in der Tat für das Haus einen Schatz
hoher Kunst geschaffen hat, der auch unter unsern Nachfahren
noch eine Quelle des Genusses sein wird. Er war (nach
Georg Wigand) der Verleger von Ludwig Richter, der
langjährige Herausgeber von Lohmeyers Deutscher Jugend.
Aber auch Bonaventura Genelli, Führich, Schwind, Julius
Schnorr von Carolsfeld, Friedrich Preller d. Ä., und ältere
Meister wie Carstens, Thorwaldsen, Cornelius und andere
haben in ihm einen verständnisvollen, selbstlosen Freund
ihrer Kunst gefunden. Als sein von ihm im Februar 1853
gegründetes Geschäft sein fünfzigjähriges Jubiläum feierte
(1903), gab sein ältester Sohn Dr. Alphons Dürr, bekannt durch
seine Monographie über Adam Friedrich Oeser, einen
stattlichen, reichillustrierten Quartband über die Firma
heraus, der nicht nur einen Beitrag zur Geschichte des Buch-
handels, sondern mehr als das: einen wertvollen Beitrag zur
Kunstgeschichte bedeutet. Alphons Dürr besaß eine feine
und gewählte Sammlung von Handzeichnungen der Meister,
deren Werke in seinem Verlage erschienen waren, von
älteren Künstlern bevorzugte er Chodowiecki, dessen Werke
er wohl annähernd vollzählig sein eigen nennen konnte.
Von Heinrich Gärtner, einem ihm persönlich nahestehenden
Altersgenossen, der jetzt in Dresden lebt, ließ er den einen
der Skulpturensäle im Museum der bildenden Künste mit
landschaftlichen, die Geschichte der Plastik in ihren Haupt-
stätten illustrierenden Wandgemälden, von demselben
Künstler auch sein eigenes Landhaus in Connewitz bei
Leipzig schmücken. Er war in der Tat ein Kunstmäzen
vornehmsten Schlages, Künstlern ein stets wohlwollender,
sie im stillen mit vornehmer Noblesse fördernder Freund,
für alles Edle und Gute, das geschaffen oder unterstützt
werden sollte, hatte er Verständnis und immer eine offene
Hand, als Mensch war er eine anima Candida, ein Edelmann
in seinen Handlungen und in seiner Denkungsart. Wer
Alphons Dürr gekannt hat, der wird das Andenken dieses
liebenswürdigen Greises in Ehren halten. Julius Vogel.

Professor Dr. Jakob Oeri, ein Neffe Jakob Burckhardts
und Herausgeber von dessen »Griechischer Kulturgeschichte«
und »Weltgeschichtlichen Betrachtungen«, ist im Alter von
54 Jahren in Basel gestorben.

WETTBEWERBE
Für den Neubau eines Rathauses in Barmen erläßt
der Oberbürgermeister ein Preisausschreiben zur Erlangung
von Skizzen für die im Deutschen Reich ansässigen Archi-
tekten zum 15. August dieses Jahres. Erster Preis 8000,
zweiter 5000, zwei dritte Preise je 3500 Mark. Außerdem
werden, wenn das Preisgericht sich dafür ausspricht, zwei
weitere Entwürfe zu je 1000 Mark angekauft. Zum Preis-
gericht gehören unter andern Billing-Karlsruhe, Theodor
Fischer-Stuttgart, K. Hofmann-Darmstadt, Wallot-Dresden,
Kichl-Rixdorf.

Für den Neubau der Kgl. Hoftheater in Stuttgart

wird neben der Einladung einer beschränkten Zahl im

Theaterbauwesen erfahrener deutscher Architekten ein
öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben unter den in
Württemberg ansässigen oder geborenen Architekten. Die
Frist währt bis 1. Oktober dieses Jahres. Die Preise be-
tragen 10 000, 7000 und 3000 Mark.

DENKMALPFLEGE
Die Michaeliskirche in Hildesheim soll einer Aus-
besserung unterzogen werden. Zu dem Ende ist eine
Kommission eingesetzt worden, die beschlossen hat, daß
Besserungsarbeiten ausgeführt werden sollen, die die be-
drohte Festigkeit der Substanz des Bauwerkes verstärken
und zu ihrem besonderen Ziele haben, die herrliche alte
Decke mehr gegen Feuers- und Wassergefahr zu sichern.
Des weiteren wurde für nötig befunden, den Anstrich der
Wände im Innern, welcher sich loslöst, zu erneuern. Diese
Erneuerung ist dem Professor Schaper übertragen worden,
der den neuen Anstrich möglichst in Einklang mit der alten
zu konservierenden Decke bringen soll. Von jeder weiteren
Ausmalung ist Abstand genommen worden. — Diese Dar-
stellung entspricht den Angaben des Provinzialkonservators
Reimers. Er hat sie gegeben, nachdem Dr. Oskar Fischel
die Befürchtung öffentlich ausgesprochen hatte, daß nun
auch die Michaeliskirche die modische Restaurierlust zu
büßen haben würde. Wenngleich also die Befürchtungen
nach obiger Darstellung wohl nicht zutreffen, so ist es
immerhin nützlich gewesen, die Öffentlichkeit auf diese
Hildesheimer Vorgänge aufmerksam gemacht zu haben.
Dr. Fischel hatte des weiteren beklagt, daß das Taufbecken
im Dom seiner alten Patina beraubt wäre; diesen Vorwurf
weist Dr. Reimers mit der Aufklärung zurück, daß das
Becken im 18. Jahrhundert mit luftabsperrendem Schellack
und künstlicher Patina versehen worden wäre und daß die
Entfernung dieser künstlichen Kruste und Wiederfreilegung
des Metalls, welche vor einigen Jahren vorgenommen
worden wäre, keinen Eingriff, sondern nur die Entfernung
einer schlechten Zutat zu bedeuten hätte.

AUSGRABUNGEN
Ausgrabungen auf dem Forum Romanum. Von

wichtigen Entdeckungen auf dem Forum Romanum ist aus
neuesterZeitzuberichten.Commendatore Boni unternahm es
in der diesmaligen Campagne, die primitiven prähistorischen
Begräbnisstätten auf der Velia weiter zu untersuchen, nach
dem Tempel des Jupiter Stator zu suchen und die Woh-
nungen des Rex sacrificulus und des Flamen dialis auszu-
graben, welche auf der Höhe der Via sacra gewesen sein
müssen. Die Ausgrabungen haben bereits erwiesen, daß
die Via sacra in gerader Linie unter dem Tempel der Venus
und der Roma weiter in die Höhe stieg. Dazu fand man
ganz nahe beim Titusbogen zwei parallele Mauern, die aus
großen Tuffblöcken bestehen und die man mit einiger
Wahrscheinlichkeit zu den Überresten des Jupiter Stator-
Tempels rechnen darf. Nach der Tradition war dieser
Tempel allerdings von Romulus erbaut, doch scheinen die
gegenwärtig hervorgeholten Ruinen von einem Bau der
republikanischen Zeit zu stammen. Hier war die Stätte,
wo der Senat zuweilen seine Zusammenkünfte abhielt, hier
war es, wo Cicero seine erste der berühmten Catilinarischen
Reden hielt. Wie anzunehmen ist, wurden die Mauern
dieses Tempels durchschnitten, als die Fundamente des
Titusbogens gebaut wurden. Ein Brunnen, der nahe bei
diesen Mauern aufgedeckt wurde, enthielt verschiedenartige
Gegenstände aus dem 3. und 2. Jahrhundert vor Chr.:
eine Vasendekoration, bestehend aus einem weiblichen Kopf,
einen Bronzequadrans mit dem Zeichen eines Schweines,
der nach Haeberlins »Systematik des ältesten römischen
Münzwesens« auf die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts
 
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