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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0208

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Institute

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der Beschreibung eines Thompson eine schöne Landschaft
darstellt, hat mehr getan, als der sie gerade von der Natur
kopiert.' Für uns, die wir den Inhalt in der bildenden
Kunst nur insoweit gelten lassen, als er geeignet ist, die
Qualitäten des Künstlers zu zeigen, kann die Erfindung
nur in der Ausführung beruhen. Alle Malerei basiert auf
Nachahmung der Natur, der sie ihre Stoffe entlehnt; also
nur in der Art, wie die Natur nachgeahmt wird, kann die
Kunst beruhen. Was ein jeder Künstler aus der Natur
herausholt, macht seine Künstlerschaft aus, und wir müssen
jahrhunderteweit zurückgehen, um auf einen Maler zu
stoßen, der all sein erstaunliches Können nur dazu ver-
wandte, um uns das Wesen der Dinge sichtbar vor Augen
zu führen. Was aber heißt malerische Phantasie anderes
als die Fähigkeit, durch den malerischen Schein das innere
Sein auch dem profanen Auge zu offenbaren? Oerade
jetzt, wo uns eine allerdings äußerst geschmackvolle, aber
greisenhafte Kunst, wie wir sie in den englischen Porträts
des achtzehnten Jahrhunderts gesehen haben, vorbildlich
hingestellt wird, haben wir geglaubt, Ihnen in Leibi Werke
zeigen zu sollen, die aus dem ewigen Jungbrunnen der
Natur geschöpft sind. Vor Leibis Werk will uns scheinen,
als ob Talent und Charakter gleichbedeutend seien, und
gerade heute, in der Zeit der Kompromisse und des
Eklektizismus, sollen wir in Leibi neben dem großen
Künstler den aufrechten Mann ehren, der sich von niemand
Gesetze vorschreiben ließ, es sei denn von seiner Kunst;
der keinem anderen Ziele nachstrebte als seinem eigenen
Ideal. In der Bewunderung der Meisterwerke, die uns
überkommen sind, stehen wir niemand nach, aber es er-
scheint uns als verderblichster Irrtum der Aesthetik, ein
feststehendes Ideal, dem jeder Künstler nachstreben soll,
statuieren zu wollen. Nur voraussetzungsloses Studium
der Natur — die Kunstgeschichte aller Zeiten lehrt es —
kann zu einer Renaissance der Kunst führen.«

*»* Das Berliner Kunstgewerbemuseum veranstaltet
zur Erinnerung an seinen verstorbenen Direktor Julius
Lessing eine Ausstellung von dreihundert großen
farbigen Tafeln aus der Publikation der Gewebesamm-
lung. Man weiß, daß gerade die Stoffsammlung des Mu-
seums Lessings Lieblingsschöpfung war und daß ihrer
Veröffentlichung seine Haupttätigkeit im letzten Jahrzehnt
gewidmet wurde. So ist. diese sehr lehrreiche, im großen
Lichthofe übersichtlich dargebotene Ausstellung zugleich
ein Akt der Pietät, der wohltuender berührt, als die prunk-
vollste Totenfeier. Eine Ehrung ganz im Sinne des
seltenen Mannes, dessen letzter Wille selbst seine Freunde
und die Beamten der Museen vom Leichengefolge aus-
schloß.

INSTITUTE

Rom. Kaiserlich deutsches archäologisches Institut.
Sitzung am 21. Februar 1908. — Professor Ch. Hülsen
besprach die von Giambattista de Rossi veröffentlichten
Zeichnungen San Gallos von dem inneren Schmuck der von
Junius Bassus in den zwanziger Jahren des 4. Jahrhunderts
auf dem Esquilin errichteten Basilika. Er bewies, daß
die Renaissancezeichnung in verschiedenen Teilen nur als
eine willkürliche Ergänzung von seiten des Künstlers an-
zusehen ist. Einige der Bilder sind nach Reliefs gezeichnet,
z. B. die Szene, in welcher nach de Rossis Erklärung Con-
stantin dargestellt war, dem ein Krieger auf einer Stange
den Kopf des Maxentius darbringt, mit einem noch er-
haltenen Relief zu deuten. Der Kopf, den man darauf
sehen wollte, ist nur ein Feldzeichen, das Ganze über-
haupt eine friedliche Allokution. Professor Hülsen be-
wies, daß die Kaiserbüsten, welche in die Medaillons ge-
zeichnet sind, von Münzen herstammen.

L. Duchesne sprach über die Benennung Aura im alten
Rom. Das alte Stadtquartier der Carinae, zwischen Kapitol,
Kolosseum und Forum in der vierten Region Roms, hat
immer den Forschern besonders anziehende und schwierige
Probleme geboten. Wenn wir die mittelalterlichen Quellen
durchsuchen, sehen wir, daß das Curiosum folgendes dort
aufschreibt: Porticum absidatam, aura bucinum, Apollinem
sandalarium. Die notitia über Porticum absidatam, aream
Vulcani, aureum bucinum, Apollinem sandalarium. Der
Vortragende hielt sich besonders über die Aura bucinum
des Curiosum, die in der Notitia aureum bucinum heißt, auf.
Schon im 11. Jahrhundert gab es in dem Quartier eine
mit der Bezeichnung Aura benannte Stelle: In zwei Doku-
menten, von S. Maria Nova, die P. Fedele publiziert hat,
und die aus dem Jahre 1042 und 1052 stammen, ist ein
Terrain erwähnt, welches sich in regione quarto (sie) in
Aura, infra locum qui dicitur Domus Nova befand, und
in den Dokumenten werden ein Qregorius ab Aura und
ein Benedictus ab Aura genannt. Duchesne führte noch
mehrere solcher Zeugnisse an, in denen die Bezeichnung
Aura erscheint; unter anderen eines, in welchem im Jahre
1105 die Parteigänger Paschalis' H. beschrieben werden,
wie sie von der Kirche der Heiligen Petrus und Marcellinus
usque ad Arcum Aure fliehen. Diesen Bogen finden wir
dann auch im Ordo des Benedictus canonicus. Am Oster-
montag erzählt er, daß die Prozession das Arcum Auree
passierte. Im Jahre 1192 registriert Cencius Camerarius
eine Kirche: 5. Maria arcus Auri und eine 5. Andreas
arcus Auri. Die zwei Kirchen befanden sich also in der
Nähe des Arcus Auri. Duchesne meint nun nicht, daß
man sich in diesem Bogen einen wichtigen Monumental-
bogen denken soll, sondern einfach eine Überbrückung des
Weges durch einen großen Bau. Sicher läßt sich fest-
stellen, daß der Name Aura von dem Wort Bucinum,
welches sich wohl auf eine Skulptur mit Muscheln bezog,
zu trennen ist. Duchesne beschloß seinen Bericht mit der
Annahme, daß es schon im kaiserlichen Rom eine Stelle
im Charinenquartier gab, mit dem Namen Aura und
daß dieser Name wohl von einer Skulptur oder Malerei
herzuleiten ist, welche Aura die phrigische Göttin dar-
stellte.

Sitzung am 6. März 1908. — Professor H. Dragen-
dorff besprach die Fragmente römischer Grabdenkmäler,
die in Neumagen aus den zur Zeit Constantins gebauten
Befestigungen, zu deren Errichtung sie gebraucht worden
waren, ausgegraben worden sind. Ganze Monumente
sind erhalten, wenn auch nur fragmentarisch. Professor
Dragendorffs Bericht war besonders interessant wegen
der feinen Prüfung, der er die Reliefs in kulturhistorischem
Sinne unterzog. Neben männlichen und weiblichen Figuren,
die sich ganz in rein römischer Kleidung zeigen, sind
andere, denen man den kalten nordischen Wohnort ansieht.
Die Reliefs aus Neumagen, die wohl alle aus der Nähe
von Trier stammen, wo sie die Grabmonumente an der Land-
straße geschmückt hatten, gehören zu dem Interessantesten,
was die moderne Forschung an römischer Provinzialkunst
aufzuweisen hat. Dr. F. Weege zeigte dann ein kleines Posta-
ment aus der Nähe von Aquila in den Abruzzen und be-
sprach die kleinen Reliefs, mit denen es geschmückt ist
und die er mit Genreszenen aus dem Provinzialleben
deutete, mit den humoristischen Geschichten eines zer-
brochenen Weinkruges, entrüsteter Wirtin und erschrockenem
Sklaven. Fed. ff.

Florenz. Kunsthistorisches Institut, Sitzung des 29.
Februar. — Herr Dr. Oottschewski besprach die Frage, ob
Michelangelo für seine Statuen große Modelle angefertigt
habe, oder ob er, wie es ein allgemeines Vorurteil wolle,
direkt seine Figuren aus dem Stein gehauen habe, ohne
 
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