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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Florentiner Neuigkeiten
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0238

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453

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe — Denkmäler — Ausstellungen

454

Italien bleibt, trotz der von gewissen Seiten be-
haupteten völligen Ausplünderung durch die Fremden,
die Fundgrube für Werke der alten Kunst, und da-
her unverändert reich an Überraschungen. Eine solche
hat die jüngste Vergangenheit wieder gebracht.

In der Kirche San Gaetano — gegenüber von
Palazzo Antinori — hat eine Confraternitä ihren Sitz
und einige Versammlungsräume, die nie jemand außer
den Mitgliedern betritt. Ein Angehöriger selbiger
Bruderschaft wandte sich kürzlich an die General-
direktion der schönen Künste, mit der Bitte, diese
möchte sich für die Restauration eines Bildes von
Ghirlandajo interessieren, das in jenen Räumen hinge.
Die Regierung beauftragte den Conte Gamba mit
einem Bericht. Mehrere Herren der Uffizien begaben
sich an Ort und Stelle und fanden — ein Bild des
Fra Filippo.

Es handelt sich um eine jener großen Kruzifixus-
darstellungen mit ausgeschnittenen Figuren, wie sie
vielleicht zur Kirchendekoration während der Kar-
woche gedient haben. Am Kreuzesstamm kniet, vom
Rücken gesehen, der Kopf stark verkürzt, Magdalena;
links Hieronymus, rechts Franciscus. Man sieht, es
ist eine Arbeit, die der Maler rasch heruntergestrichen
hat, mit Rücksicht auf den rein dekorativen Zweck
des Bildes. Aber trotz der Nachlässigkeit im ein-
zelnen hat das Ganze einen großartigen Zug; es ist
Ernst und Leidenschaft darin. Man sieht an der
Form, daß es den späteren Jahren des Meisters (nach
1450) entstammen muß. Ist auch manche Einzelheit
verloren und abgerieben, bedeckt auch eine Schmutz-
kruste die Figuren, so muß man es doch als eine
im ganzen wohl erhaltene Arbeit bezeichnen. Sie
lehrt uns zwar nicht neue Seiten der Kunst des Frate
kennen, aber bedeutet doch eine erfreuliche Be-
reicherung seines nicht allzu stattlichen »Oeuvre«.

G. Gr.

NEKROLOGE

Der Maler Max Correggio ist in München gestorben.
Er war Diezschüler in der zweiten Hälfte der siebziger
Jahre und hat sowohl als Landschafter wie als Genre-
maler Hervorragendes geleistet. Sein Bild »Der Aasrabe«
hängt in der neuen Pinakothek.

In Charlottenburg starb der Bildhauer Jeremias
Christensen. Bei einem allgemeinen Wettbewerb der
Stadt Berlin um die Figur einer Spreea, die jetzt das
Innere des Berliner Rathauses ziert, hat er unter 109 Be-
werbern den ersten Preis davongetragen. Ebenso ging
er bei dem engeren Wettbewerbe um das Denkmal des
Herzogs Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein als Sieger
hervor. Auch bei der Ausführung des Jung-Goethe-Denk-
mals für Straßburg half er seinem Freunde Professor
Ernst Waegener.

In London ist der Maler Edward Hughes, 79 Jahre
alt, gestorben. Er war ein gesuchter Porträtist der eng-
lischen Aristokratie. Sein Bildnis der Königin Alexandra
befindet sich auf der gegenwärtigen franko-britischen Aus-
stellung.

PERSONALIEN
Der Landschaftsmaler Jakob Alberts, ein Mitglied
der Berliner Sezession, ist zum Professor ernannt worden.
Alberts, ein geborener Schleswig-Holsteiner, lebt seit 1890

in Berlin. Die Motive seiner Gemälde entstammen fast
ausschließlich seiner nordischen Heimat.

Der bisherige Assistent am Kunstgewerbemuseum in
Berlin Dr. Behnke hat sein Amt als Direktor des Kestner-
Museums in Hannover, wohin er als Nachfolger Schuch-
hardts berufen worden ist, jetzt angetreten.

WETTBEWERBE

Als Resultat des Wettbewerbes für einen Bahnhofs-
bau in Darmstadt wurde der erste Preis zwischen den
Architekten Pützer und Klingholz geteilt. Den zweiten
Preis erhielt Professor Olbrich.

Für die Errichtung eines Zentral-Sparkassengebäu-
des in Budapest wird vom Pester ersten vaterländischen
Sparkassenverein ein beschränkter internationaler Ideenwett-
bewerb ausgeschrieben. Es sind im ganzen zehn Archi-
tekten eingeladen, unter anderen Professor Bruno Möhring-
Berlin. Zu den Preisrichtern gehört Ludwig Heim-Berlin
und Paul Wallot-Dresden. Die Preise betragen 15000,
12000 und 10000 Kronen. Den nicht preisgekrönten Be-
werbern wird ein Honorar von je 5000 Kronen gewährt.

Beim Wettbewerb für den Bau eines Rathauses in
Niederschönweide bei Berlin sind 74 Entwürfe einge-
gangen. Den ersten Preis von 2500 Mark erhielten Gemeinde-
baurat Hamacher und Architekt Kalkmann in Berlin-
Oberschönweide; der zweite Preis von 1500 Mark fiel an
Architekt Börnstein-Berlin, der dritte von 1000 Mark an
Architekt Niemeier-Geestemünde.

Ein interessanter Wettbewerb unter den Berliner
Bildhauern kommt demnächst zur Entscheidung. Die
Stadt Berlin hat den Künstlern Mittel für dieses Preis-
ausschreiben zur Verfügung gestellt, um Entwürfe für
die Ausschmückung des Pappelplatzes zu erlangen. Das
Jurieren übernehmen die Künstler selbst; sie bezeichnen,
ihren eigenen Entwurf eingerechnet, sechs der ihnen am
besten erscheinenden Arbeiten. Die städtische Kunst-
deputation wird über die Ausführung entscheiden. Die
Entwürfe sind in der Westhalle des Landesausstellungs-
gebäudes eingeliefert und kommen zur öffentlichen Aus-
stellung.

Für den Bau einer protestantischen Kirche nebst
Nebengebäuden auf dem König-Ottokar-Platz zu Königsberg
L Pr. wird von der Tragheimer Kirchengemeinde daselbst
ein Wettbewerb unter den Architekten deutscher Reichs-
angehörigkeit ausgeschrieben. Für den Baustil werden be-
stimmte Forderungen nicht gestellt, doch soll der in einem
Villengebiete gelegenen Baustelle Rechnung getragen
werden. Einlieferung bis 1. September 1908. Zur Ver-
teilung kommen 6000 Mark in drei Preisen.

DENKMÄLER
Am 17. Mai wurde in Leipzig Karl Seffners Denkmal
Johann Sebastian Bachs neben seiner ehemaligen Wir-
kungsstätte, der Thomaskirche, enthüllt. Es zeigt Bach
als Fünfzigjährigen, vor einer Cäcilienorgel stehend, den
Blick frei nach vorn gerichtet, in der Rechten ein Noten-
manuskript. Die 2V2 Meter hohe, hellgrün patinierte
Bronzefigur erhebt sich auf einem Unterbau aus Muschel-
kalkstein von gleicher Höhe.

AUSSTELLUNGEN
Die Hessische Landesausstellung für freie und
angewandte Kunst bringt die neuesten Werke der Darm-
städter Künstlerkolonie im Verein mit der Kunstindustrie
des Hessenlandes. Sechs vollständig eingerichtete Arbeiter-
häuser, zu einem kleinen Arbeiterdorf vereinigt, vertreten
die Wohnungskunst einfachster Art.
 
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