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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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575

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576

Die Schar der Sieneser Künstler, die sich in der
Plastik betätigt haben, ist nicht groß, und die Zahl ihrer
erhaltenen, sicher beglaubigten Werke sehr gering. Den
größten Teil seines Materials gewinnt der Verfasser erst
durch Zu Schreibungen unbeglaubigter Werke. In seiner
Schilderung treten auf zunächst Giovanni Turini, der
Bronzegießer, der noch mit Quercia zusammen gearbeitet
hat, dann Antonio Federighi, der Marmorbildhauer, der
schon nicht mehr Quercias Schüler gewesen sein kann,
ferner Lorenzo Vecchietta, Maler und Bildhauer, der schon
der folgenden Generation angehört, und seine drei Schüler
Neroccio di Bartolommeo, Giovanni di Stefano und
Francesco di Giorgio, die interessanteste und bedeutendste
Erscheinung des Sieneser Quattrocento, endlich Giacomo
Cozzarelli, Francescos Schüler, und Lorenzo di Mariano>
ein Schüler Giovannis di Stefano. Mit großem Eifer und
viel Geschick hat sich nun der Verfasser bemüht, den Zu-
sammenhang zwischen diesen Meistern darzustellen und
die Vorzüge ihrer Werke in das hellste Licht zu rücken.
Gewiß soll die kunstgeschichtliche Darstellung ihre Auf-
gabe mehr darin suchen, auf die Schönheiten der Kunst-
werke aufmerksam zu machen als ihre Schwächen zu
kritisieren; die Leistungen der Sieneser Bildnerei als Ganzes
über das zu stellen, was in der Lombardei und in Venedig
in jener Zeit geschaffen worden ist, das heißt aber doch
über das Ziel hinaus schießen. Auch aus den lebhaft
und warm getönten Schilderungen unseres temperament-
vollen Autors gewinnt man nicht eine präzise Vorstellung
von der künstlerischen Eigenart der Sieneser Plastik. Die
Züge, die er als für sie charakteristisch aufführt, scheinen
mir doch zu allgemeiner Art zu sein und zu wenig diffe-
renzierende Kraft zu besitzen. Es ist für die Selbständig-
keit der Bildnerei in Siena doch nicht ganz unbedenklich,
daß der Verfasser eine ganze Reihe von Werken, die bis-
her als toskanische galten, in den Kreis der Sieneser Kunst
einzubeziehen wagen darf. Ob er mit diesen kühnen Zu-
schreibungen recht behalten wird, muß die Zeit entscheiden.
Mir fehlt die Kompetenz, um über diese und die zahl-
reichen anderen Umtaufen des Verfassers ein Urteil ab-
geben zu können. Der Mut und die Selbständigkeit der

Betrachtung und der sichere Ton des Verfassers wirken
aber zu bestechend, als daß der kühlere Leser nicht öfters
eine eingehendere Begründung wünschen sollte. Ich muß
gestehen, daß mir z. B. die Büste der hl. Katharina
(Abb. 93), die der Verfasser Giovanni di Stefano zuschreibt,
doch einen ganz toskanischen Eindruck macht. An Mino
da Fiesole, dem Bode sie zuschreibt, erinnern nicht nur
die Gewandfalten, sondern auch z. B. der Schnitt der
Augen und die hervorragende Spitze in der Mitte der
Oberlippe. Man gewinnt jedenfalls schon aus solchen
Schwankungen des Urteils den Eindruck, daß die Sieneser
Plastik des 15. Jahrhunderts mit der florentinischen Kunst
— in der früheren Epoche mit der der Pisani — doch
viel enger verwandt ist, als der Verfasser zugeben zu
wollen scheint. Für das fernere Studium der italienischen
Quattrocentoplastik wird sich dieser Überblick über die
Sieneser Bildnerei gewiß als sehr nützlich erweisen, be-
sonders auch, weil er die beachtenswerte Mahnung ent-
hält, die Verfertiger noch unbestimmter Kunstwerke nicht
immer ausschließlich unter den großen Meistern der
Hauptzentren des Kunstbetriebes suchen zu wollen, p. k.
E. Renart, Repertoire general des colleclionneurs de la France
et de ses colonies. Paris, Gustave Ficker. 1908. Frcs.20.—.
Dieses in einem verbesserten Neudruck erscheinende
Adreßbuch verzeichnet die Sammler und sucht sie nach
ihren Liebhabereien ganz kurz zu charakterisieren. Ähnlich
kurz ist auch das Verzeichnis der Händler gehalten. Ein
Drittel des über 800 Seiten starken Bandes behandelt Paris,
die übrigen zwei Drittel umfassen die Provinz und Kolonien.
Aus altemSchlendrian ist auch Elsaß-Lothringen berücksichtigt.
Obwohl es nicht an Registern fehlt, ist die Benutzung des
Repertoire durch mehrfache Einschiebsel von Nachträgen
und Verbesserungen nicht immer bequem. Da es aber
nichts anderes gibt, muß man mit dem Wust von Sammler-
adressen und den anscheinend genaueren Listen der
Kunsthändler fürlieb nehmen. Auch die an jedem Ort
befindlichen öffentlichen Sammlungen sind notiert und ihre
Vorstände oder Direktoren genannt. So mag das Buch
trotz seiner kritiklosen Überfülle immerhin zur Orientierung
empfohlen sein.

Ich besitze noch eine Anzahl Exemplare von

WALTER LEISTIKOW

T 1 t fi (See im Nadelwald) Originalradierung. Plattengröße 14X^9 cm, auf China,

J-^3'nClSCn3'l L mit breitem Kupf erdr uckpapier-Rande, vor der Schrift

TVT fJ« (Laubwaldufer mit Bauernhäusern) Originalradierung. Plattengröße 14X19 cm,

w aiosee auf China, mit breitem Kupferdruckpapier-Rande, vor der Schrift

die ich gegen Einsendung des Betrages ä Mark 4.— franko liefere.

Die beiden prächtigen Blätter behandeln Motive jener Art, die den Meister im schönsten Sinne des Wortes volkstümlich
gemacht hat. Es handelt sich nicht um Darstellungen nach Gemälden des Künstlers, sondern um Originalradierungen
Leistikows, die bisher nur einem kleineren Kreise bekannt waren.

Verlag von E. A. Seemann in Leipzig

Inhalt: Der Erwerb von Kunstwerken für Bayern. Von Artur Seemann. — St. Petersburger Brief. — Londoner Brief. — Louis Sußmann-Hell-
bornt- — Personalien. — Wettbewerbe: Museum für Völkerkunde in Stuttgart, Gestaltung von Wasseranlagen, Landhausbesiedelungen
in Rüdersdorf, Umgestaltung der Obertorstrafie in St. Johann a. S., Kreishaus in Westpreußen. — Ergänzungsbau zum Braunschweiger
Gewandhaus; Leonardo da Vincis »Abendmahl«; Restaurierungsarbeiten in Rom; Wiederaufbau des Schlosses Bieberstein. — Ausgrabungen
im Kloster Disentis. — Ein neuentdeckter Raffel; Funde in Ancona und Neapel; Ein neues Raffael-Porträt; Vorgeschichtliche Wand-
malereien bei Niaux. — Ausstellungen in St. Petersburg, München, Berlin, New York. — Erwerbungen der Museen von Berlin, Wiesbaden,
Aachen, Wien, Kassel, Lübeck, Essen und der Londoner Nationalgalerie; Bulletins des Metropolitan Museum in New York; Pergamon-
museum in Berlin. — Der dritte Zeichenlehrer-Kongreß. — Stiftung für das Oermanische Museum der Harvard-Universität. — Kunst-
historisches Institut in Florenz. — Deutscher Verein für Kunstwissenschaft. — Vermischtes. — Literatur.— Anzeigen.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E, A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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