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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 3 (Dezemberheft 1929)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0243

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suchen. Treue Freunde tvaren sie bisher,
aber die Liebe ist stärker als die Freund-
schaft, und so kneift der eine in der Eises-
nacht mit den Schlitten und Dorräten
auS, der Lerratene auf Skiern immer
hinter i'hm drein. Endlich hat er ihn,
aber der Edelmut siegt, wenngleich zu
spät. Trotz der Großaufnahmen oon rück-
toärts, auf Ivelchen man sie brüderlich
aneinandergelehnt durch das Eis tappen
sieht, stirbt der eine, und der llberlebende,
obwohl zu Tode erschöpft, stellt chm ein
Holzkreuz, das er gerade bei sich hatte,
auf den Eishügel. Dann wankt er wei-
ter und versichert nach seiner Rettung
ganz unerwartet immer wieder, daß er
eines Tages den Pol doch noch erreichen
werde.

Das Peinliche und Widerwärtige an die-
sem Film ist, daß eine Landschaft, de-
ren Unerbittlichkeit und Reinheit für je-
den von unS mit der Erinnerung an groß-
artige und an verzweifelte Unternehmun-
gen verknüpft ist, Unternehmungen je-
denfalls mit dem vollen Einsatz des Le-
bens für wissenfchaftliche oder für rein
imaginäre Ziele — daß diese Landschaft
jetzt gerade gut genug sein soll, um die
Kulisse für alberne Possen abzugeben.
Dersteht sich, daß man mit Polarhunden
durch die echte Eiswüste fährt, daß man
auf Schollen dahintreibt und sich vom
Polarsturm den Reif an die Brauen frie-
ren läßt; auch Eisbären müssen ihr Le-
ben lassen, und es fehlt an m'chts, um
das Parkett vor lauter Jllusion zerber-
sten zu machen. Aber die Männer, im
diesmal übrigens reichlich kleidsamen Ko-
stüm der Polarfahrer, müssen sich auffüh-
ren nach den Sitten und Gebräuchen
einer Menfchheit, die nur iu den Gehirneu
dieser Filmautoren eristiert, und in Po-
sen gehen und stehen, über die sich ver-
mutlich jeder Walfischjäger den Dauch
halten würde. Welcher Aufwand für
welchen Schmarren! Öder will man nns
weismachen, daß man einem Publikum
von heute die Eiswelt des Nordens nur
interessant zu machen vermöchte, indem
man sie mit Erotik garniert, und daß ihm
eine Schneewüste, ein zu Bergen gefro-
renes Meer nichts ist, wenn nicht ein
paar Leute darauf zu sehen sind, die mit
ihren Faxen für „Unterhaltung" oder
„Spannung" sorgen? Aber dann bleibe
man lieber gleich zu Hause, oder man wird
sich sagen lassen müssen, daß man faule
Fische zwar für faul erkennt, aber für

eben recht, um sie einem einstweilen noch
immer ziemlich geduldigen Publikum zu
verkaufen. PaulAlverdes

Thea im Mond

ollten Fritz Lang und Frau Thea von
Harbou geglaubt haben, es müsse doch
ein außerordentliches Werk werden, wenn
man den Schauplatz eines Filmes in den
Mond verlege, so hat auch diese „Frau
im Mond" nur bewiesen, daß Frih Lang
Fritz Lang und Thea Thea auch im
Monde bleibt. Sie haben beide schon im-
mer gemeint, auf die Garnierung käme
es an, auf den Rahmen, die Dekoration,
auf die über- und unterirdische Metro-
polisstadt, die Flügelhelme der Nibelun-
gen, die Mischung von Okzident und
Orient, auf die zwanzigfache Tastatur
des Königs der Spione. Es kommt aber
auf den Menschen und sein sozialeS Le-
ben an, auch und gerade — so befremd-
lich es im ersten Augenblicke klingen mag
— im phantastischen Film.

Das Weltraumraketenschiff wird auf den
Mond gefchossen und aussteigt: wer?:
der Held und Jngenieur Wolf Helius,
der aus lauter Leidenschaft für Welt-
raumberechnungen gänzlich vergaß, sei-
ner heißgeliebten Sekretärin einen Hei-
ratsantrag zn machen; sie, die schöne
und blonde stnck. sstr. Friede Velten,
der deshalb nichts anderes übrig blieb,
als sich mit Wolfs Kompagnon zu ver-
loben; dieser, ein höchst minderwertigec
Gesellschaftsmensch und elender Feigling,
dem es nur gerade bis zur Abfahrt des
Weltraumschifses gelang, seinen wahren
Charakter Freund und Braut zu verber-
gen. Zu dem solcherart schlicht und ein-
fach gezeichneten Dreiecke gesellen sich:
öas verkannte Genie, ein Professor, der
von der Erde aus Gold auf dem Monde
fand und deöhalb mit verwahrlostem
Haare in einer Dachstube hausen mußte;
der Schurke Walt Turner und Gustav,
der blinde Passagier und goldige Boy.
Die Handlung, die sich aus solchen Cha-
rakteren ergibt, braucht eigentlich gar
nicht mehr erzählt zu werden; sie hat sich
bereits auf allen Goldschatzgebieten der
Erde und Wohngebieten Tom Mixens
etliche Male zugetragen. Der Professor
rast von einer Wünschelrute gezogen zu
einem unterirdischen Goldschatz und fällt
in einen Felsenspalt. Der Schurke folgt
vorsichtiger und kehrt, die Taschen mit
 
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