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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 3 (Dezemberheft 1929)
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0244

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Gold gefüllt, zurück, um sich allein auf
dem Weltraumfchiffe davonzumachen.
Diese Schuckerei ift zwar völlig sinnloS,
da Turner als Bevollmächtigter eines
Schuckenkonsortiums mitfährt, daS sich
die Rechte auf jeden Fund bereits ge-
sichert hat, doch, roas ein richtiger
Schucke ist, kann nicht von seinen Tra-
ditionen lassen. Turner überfällt also
den Feigling und überwältigt ihn mit
Leichtigkeit, trisft aber auf den heroifchen
Widerftand der Blondine. So kann der
Held, inzwifchen gleichfalls wieder auf
dem LandungsplaH erfchienen, den Schur-
ken mit seiner (gemäß der Tradition ver-
letzten, aber von der Blondine tresflich
verbundenen) Fauft niederboxen und ihn
mit tatkräftiger Hilfe deS goldigen Boys
und des befreiten FeiglingS zu noch ent-
fernteren Sternen befördern. Aber des
Schurken letzte Kugel traf einen Sauer-
ftoffbehälter: einer muß in den normalen
Luftverhältnissen des Mondes zurück-
bleiben, um später abgeholt zu werden.
Die Blondine wird zur Sibylle. Den
Feigling trifft aus ihren Händen das
Los, auf daß er sich als noch feiger ent-
hülle. Der Held opfert sich und findet
dafür, als er sich schon von allen Jn-
sassen der zurücksausenden Rakete verlas-
sen glaubt, auf dem Monde Gelegen-
heit, die versäumte Liebeserklärung nach-
zuholen. Da er dies aber auch schon
auf Erden hätte tun können, erscheinl
seine Mondfahrt völlig überflüssig. Die
Erde Fritz Langs und Thea von Harbous
liegt ja ohnehin fchon auf dem Monde:
auf ihr gibt es z. B. „Fünf Gehirne
und Scheckbücher", die alles Gold der
Welt kontrollieren und es zu dieser Funk-
tion mit volkswirtschaftlichen Ansichten
gebracht zu haben fcheinen, die ungefähr
die der goldgierigen Nibelungeu gewesen
sein dürften. Außerdem können sie Dieb-
ftähle, Erpressungen, Sprengungen usw.
vornehmen lassen, ohne daß sich irgend-
eine ftaatliche Gewalt darum kümmert.
Es ,'ft ja nun richtig, daß heutzutage die
Macht des Kapitals eine große, und in
den Zeiten deS Weltraumfchiffes vielleicht
eine noch größere ift; aber so nackt und
bloß dürften sich auch dann die Dinge
nicht abspielen, weder auf der Erde noch
auf dem Mond.

An filmisch Wertvollem bleibt: die exakte
Zusammenarbeit einer Verbrecherbande,
hierin befter (Mabusefcher) Tradition,
und mancherlei hübfche technifche Phanta-

sien in der Nachfolge des größeren Jules
Verne. Es bleibt der hübsche Einfall, wie
der Professor (Klaus Pohl) Bier aus
seinem einzigen Dachftubenodolglase
trinkt, der Auftritt eines Menfchen, der
sich in der Erregung die Smoking-Kra-
watte abreißt und dann mik vieler Mühe
wieder binden läßt, der Auftritt des (übri-
gens sehr zurückhaltend sympathifchen)
Heldenspielcrs Willi Fritsch, wie er ver-
geblich auf einen telephonischen Anfchluß
wartet und dabei einen Blumenftock ab-
schnippselt. Jede Hoffnung auf den Kam-
merspielregisseur Fritz Lang ift noch nicht
geschwunden. Wolfgang Petzet

Ein guter Film

er Titel heißt: „Bufter, der Film-
reporter." Name und Berufsbe-
zeichnung bedeuten einen guten Film;
denn dieser Film erzählt von sich selber,
von der Entftehung der Wochenschau,
also von einer Sache, die er genau kennt,
bei der nicht gelogen werden kann, ohne
daß die gedulöige Kamera plötzlich auf-
begehrte und klapperte: „Aber so geht
es doch gar nicht zu in der Welt..Und
zum zweiten: Bufter Keaton spielt in die-
ser wirklichen Welt, spiclt m i t dieser
wirklichen Welt, gibt der Kamera und
uns die richtige Einftellung zu ihr, weil
er keine Stelle in ihr findct: Bufter Kea-
ton spielt Baseball mit Hingabe und Lei-
denschaft und vollendeten Sportsbewe-
gungen, nur sind die Bänke der Zufchauer
leer und nirgends ein Partner in der wei-
ten Arena, und alle finden komifch, was
sie bei einem Match begeiftert beklatschen
würden.

Wenn Bufter mit dem Kurbelkaften durch
die Straßen zieht, jagen die sich jagenden
Ereignisse von ihm weg; er fährt mit der
Feuerwehr in den Schuppen und filmt
den Portier in der fchönen Uniform ftatt
denGesandten; oder die Ereignisse kom-
men gleich einer Sturzflut über ihn, der
Hudson ergießt sich in die Straßen New
Aocks und die Seegelboote schwimmen
darauf mit dem Kiel nach oben. Es ift
unfaßlich, waö als Ergebnis aller Be-
mühungen des FilmreporterS im Vorfüh-
rungsraume der Wochenschaugesellfchaft
fchließlich auf der Leinwand erfcheint. Die
smarten Kerle sind ihm immer über,
werktags und Sonntags, i'm Atelier und
im Schwimmbad. Selbft Vallys, des
Wochenfchautippmädchens sanfte Liebe

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