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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 4 (Januar 1930)
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Materialistischer Idealismus: (zum Fall Hugenberg) ; von einem Anhänger der Rechten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0258

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Wesen des Films, wie er jeHL ist nach der Lage des MarkLcs und der
Produktion?

Der Skaat, der Steuergelder vergeuden „darf", kann es sich vielleicht leisten,
Politik im Film zu bekreiben, die Ufa jedenfalls hat es noch nicht gewagt.
Der Politiker Hugenberg hat zu den vielen Angrijfsflächen, die seine Presse
bietek, neue, noch viel gcfährlichere hinzugefügt. Das ist, neben der finan-
ziellen und organisatorifchcn Belastung des Hugenbergkonzcrns, vorläufig
das einzige Ergebnis des Ufaerwerbs. Und wer in dem BcsiH dcr Hugen-
bergfchen Machk nicht nur eine formale, sondern eine im höchsten Sinne
nationale Treuhänderfchaft siehk, konnte nichk anders als mit Sorge diesem
Vorgang zuschen.

Vielleicht hat auch hicr wieder der Geschäftsmann Glück und Begabung
genug, seine Llufgabc zu lösen. Der Politiker und der Pressemagnat hak
sich eine unlösbare Llufgabe gestellt. 2ln ihn zu glauben, fällt nach
diesem Ausflug ins Filmgefchäft vollends fchwer.

4-

50 wurde denn „konscrvative" Politik in dem Stile gemacht, in dcm man

51 Prozent Mehrheit in ei'ncr Aktiengesellfchaft erwirbt und dann die Min-
derheit vergewaltigk. In di'esem Stile „sammelt" man, fcheinbar voraus-
fchauend, zugegeben: nicht ohne jeues Talent, das in gefchäftlichen Trans-
aktionen gefchult ist. 2lber während sich das Ergebnis bei Aktiengesellfchaften
berechncn, das Zicl (Geld zu verdienen und gefchäftliche Macht zu erlangen)
leicht übersehen läßt — geht dic Rechnung im Politifchen nicht auf. Und
was in der gefchäftlichen Sphäre durchaus möglich ist: daß die ver-
fchiedenartigsten Elementc an cine Deichsel gespannt wcrden durch gemein-
sames, einfach gelagertes Inkeresse — das ist in der Politik — ungekonnter
Macchiavellismus.

Iu diescm Zeichen stehen alle politifchcn Unternehmungen und taktifchen
Maßregeln Hugcnbergs. Ein Beispicl: sei'n Verhälknis zur Iudenfrage. Ge-
radc weuu man nichk Antisemi'L im Vulgärsinne ist, muß man es unhaltbar
findcn. Seine Anhänger im Land läßt er glauben, er sei Auki'semi't. Er kut
nichts gegen solchen Glauben. Er läßt eine Brofchüre von 2l. Skein in
unzähligcn Epcmplaren verbrcitcn („Hugenberg und die andern"), i'n dec
i'n gukem Glauben Hugenbergs Wirksamkeit gcgen die jüdifche Presse gefeiert
wird. Wenn er bei alledem in seiner eigcnen Presse sehr cinflußreiche und
klugc Iudcn si'Hen hak, so wäre darüber für den, der pressetechnifche Kennt-
m'sse hat, nicht viel zu sagen. 2lber dann gilt ebcn jene Steinfchc Brofchüre
nicht. Ungekonnter Macchiavellismus!

Er propagiert cin ctwas dilettankifches Buch von einem ehemaligcn deutfch-
nakionalen Handlungsgehilfen HarH mit ukopifchen Borfchlägen zu ciner
Zwangssparkasse, an die er fchon deshalb nicht glauben kann, weil HarH
den Gewcrkfchaftcn eine zicmlich einflußreiche Rolle bei scinem staatlichcn
Mammutapparat, der allen Bestrebungen zur Selbstoerwaltung und Selbst-
hilfe entgegenläuft, zugedacht hat. Der Zweck war auch nicht, diese Bor-
fchläge durchzuführen. Der Zweck war, die stark verprellte Industrie wie-
derzugewinnen und die christlich-nationalen Arbeitnehmer zu provozieren. Die

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