DOI issue:
Heft 5 (Februar 1930)
DOI article:Michel, Wilhelm: Der Mensch des Monumentalstils
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0336
stellen slch zu den aufgefundenen Mauerresten, zu den steinernen und kera-
mischen Gebilden dieser alten Zeiten wie die lebcndige Melodie zu eineru
stummen Tert. Sic interpretieren ihn, sie schließen ihn auf, sie rtickcii ihn
übcr die Iahrtausende hinweg dicht an uns heran.
Wesentlich ist besonders die eine Erkenntnis, daß das Monumenkale in gc-
nauer Beziehung steht zu dem Erlebnis des großcn Zusamnicnhangs, zu jenem
Dichtwerden, zu jenem Mächtigwcrden dcs Menschen, das nur nin den Preis
der hier oft erwähnten Ich-Dämpfung oder Ich-2luflösnng zu haben ist.
Das Monumentale ist nur möglich innerhalb einer bestnnmken, geistrg-reli-
giösen Gesamtlage, wie sie die altertümlichen Nüturreligionen oder die primi-
Liv-exotischen Weltbilder bieten; eincr religiösen Geisteslage, die den Einzelnen
mächtig und herrisch in ein Ganzes cinschließt, die ihn sicherk, indem sie ihn
von uns aus gesehen — vergewaltigt, die ihn mächkig macht, indem sie be-
dingungslos grausam mit ihm vcrfährt. Dic SenLiinenLalikät, die unsere moderne
Form mildert und gelegentlich criveichk oder vernicdlicht, entsteht erst mit der im
Ich porntierten Menschengestalt unseres Äons. So paradox cs klingt: die cigenk-
licheMenschengröße istgebunden an die Menschemmterwerfung unter die gran-
samen archaischen Weltregenten; sobald das Ich unseres Äons auftaucht, ist cs
um die Menschengröße dieserArt geschehen; sie wird illcgitim. Dennwährcnd
der Mensch des Zusammcnhangserlebnisses uferlos in die Welk, in dic Bezie-
hungsfüllc hinausschwillk, ist es uns Pflichk, unsere Grcnzen zu sehen.
Wir fallen ans der Menschengestalt rmseres Äons heraus, wenn wir in Gren-
zenlosigkeit verfallen. Zwar haben auch wir unser wahres Lebcn in dcr Teil-
habe am Ganzen. 2lber unsere Teilhabe am Ganzen hat die Erkenntnis
imserer Schranken zur crsten rmd dringlichstcn Voranssehnng.
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mischen Gebilden dieser alten Zeiten wie die lebcndige Melodie zu eineru
stummen Tert. Sic interpretieren ihn, sie schließen ihn auf, sie rtickcii ihn
übcr die Iahrtausende hinweg dicht an uns heran.
Wesentlich ist besonders die eine Erkenntnis, daß das Monumenkale in gc-
nauer Beziehung steht zu dem Erlebnis des großcn Zusamnicnhangs, zu jenem
Dichtwerden, zu jenem Mächtigwcrden dcs Menschen, das nur nin den Preis
der hier oft erwähnten Ich-Dämpfung oder Ich-2luflösnng zu haben ist.
Das Monumentale ist nur möglich innerhalb einer bestnnmken, geistrg-reli-
giösen Gesamtlage, wie sie die altertümlichen Nüturreligionen oder die primi-
Liv-exotischen Weltbilder bieten; eincr religiösen Geisteslage, die den Einzelnen
mächtig und herrisch in ein Ganzes cinschließt, die ihn sicherk, indem sie ihn
von uns aus gesehen — vergewaltigt, die ihn mächkig macht, indem sie be-
dingungslos grausam mit ihm vcrfährt. Dic SenLiinenLalikät, die unsere moderne
Form mildert und gelegentlich criveichk oder vernicdlicht, entsteht erst mit der im
Ich porntierten Menschengestalt unseres Äons. So paradox cs klingt: die cigenk-
licheMenschengröße istgebunden an die Menschemmterwerfung unter die gran-
samen archaischen Weltregenten; sobald das Ich unseres Äons auftaucht, ist cs
um die Menschengröße dieserArt geschehen; sie wird illcgitim. Dennwährcnd
der Mensch des Zusammcnhangserlebnisses uferlos in die Welk, in dic Bezie-
hungsfüllc hinausschwillk, ist es uns Pflichk, unsere Grcnzen zu sehen.
Wir fallen ans der Menschengestalt rmseres Äons heraus, wenn wir in Gren-
zenlosigkeit verfallen. Zwar haben auch wir unser wahres Lebcn in dcr Teil-
habe am Ganzen. 2lber unsere Teilhabe am Ganzen hat die Erkenntnis
imserer Schranken zur crsten rmd dringlichstcn Voranssehnng.
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