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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI issue:
Heft 6 (März 1930)
DOI article:
Alverdes, Paul: Neue Bücher vom Krieg, 4
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0451

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nen selbsi, sondern cin Trugbilö, das ihr glich, geraubt, während diese von den
guten Göttern nach Ägypten entruckt wurde, woselbst Menelaus sie später unvcr-
sehrt wiedersand. Freilich zogen die Griechen guten Glaubens zuvor nach Troja
und kämpsten zehn Jahre dort um ein — Gespenst.

Wer hinter dcn Vorgängen der Weltgeschichte einen Sinn sucht, der wird gut
tun, diese verzweifelt tiefsinnige Sage möglichst schnel! wieder zu vcrgessen.
Er könnte sonst auf den gefährlichen Gedanken kommcn, daß in der Weltgeschichte
noch jedesmal für Gespenster gefochten wordcn sei, oder wenigstens, daß sich
die Abwesenheit Helenens nachträglich noch fast in jedem Falle herauügestellt
habe. Es leuchtet ein, wie sehr solche Gedankengänge danach angetan sind, den
Menschen für die Politik auf immer zu verderben. Jch muß aber eingestehen,
daß sie sich mir immer wieder und immer unausweichlicher aufdrängen, so oft
ich eines der neueren Kriegsbücher in die Hand nehme.

Wir erfahren da sehr viel und noch immer mehr: wie es gewesen ist hier und
'dort und hüben und drüben, und wie sich der und wie sich jener benommen
hat, und was ihm zu besehen und zu bestehen gesetzt war. Es bleibt auch einst-
weilen dabei, daß unS kaum eine Gattung des zeitgenössischen Schri'fttums so
mächtig und unermüdlich anzuziehen und festzuhalten vermag wie eben diese, in so
vielcr- und bunterlci Gestalt sie sich auch vorstelle. Das „unö" will ich aller-
dings cingeschränkt haben; es darf aber vielleicht für alle diejenigen gelten, die
damals Helenen zurückholen wollten oder sollten. Es waren sehr viele und es ver-
steht sich, daß es nicht lauter Leichtgläubige waren; es gehörten schon Ränke
vo,n olympischer Beschaffenheit dazu, um sie hinters Licht zu führen. Abcr was
ist inzwischen aus Helcna geworden? und was ist sie für alle diejenigen, die neben
uns und nach uns inzwischen aufgewachsen sind und denen die Gegenwart so
gewiß gehört, wie wir unserer Dergangenheit einstweilen noch verfallen erscheinen?
Man wird so leicht kein Zeitalter finden, das so pfisfig wäre wie das allerjüngske,
und man möchte nicht darauf raten, daß cü auf lauter Gräbern gewiegt und mit
Blut aufgezogen worden ist. Jnzwischen fahren seine Väter fort, sich etwaS vom
Halse zu fchajfen, was sie lange genug gedrückt hat; das heißt, nach einer Be-
merkung Goethes, sie schreiben Geschichte, und wäre es in den meisten Fällen auch
nicht mehr als die Geschichte ihrer selbst. Sehen wtr ekwaü näher zu.

II.

Max Heinz hat seinem Buch „Loretto" ein Motto auS dem Titus Livius
vorangestellt. „Es gibt Zeiten, Männer und Ercigm'sse, über die die Geschichte aliei'n
ein endgültiges Urteil abgeben kann; Zeitgenossen und individuelle Beobachter dür-
fen nur schreiben, was sie gesehen und gehört haben. DaS verlangt schon die Wahr-
heit." Es erweist sich, daß Heinz dieser Devise treu geblieben isl. Ohne litera-
rische Ambitionen, karg, wahrhaftig, unsentimental und bei aller kritifchen Em-

Ernsi Johannscn: Dier von dcr Jnsanterie. Fackelrcitcr-Dcrlag, Hamburg.

Kurt Gerlach: Zwischcn den Fronten oder Oer Kcicg von unten. Hellenhauö-Derlag
Gerlach, Hellerau.

Franz Schauwcckcr: Aufbruch dcr Vation. Frundüberg-Derlag, Berlin.

Zosef MagnuS Wehner: Sieben vor Verdun. Gcorg Müller, München.

Julius Meier-Graefe: Die Weißc Straße. Klinkhardt L Bierniann, Lcipzig.

Otto Riebicke: Ringen an der Somme. DaS scclischc Erlcben eineS Frontkämpfers.
Mittler L Sohn, Berlin.

Werner Beumelburg: Sperrfeucr um Deutschland. Gerhard Stalling, Oldenburg.
Hcrmann von Kuhl, Gencral der Jnfanterie a. D.: Der Weltkrieg igi^—igi8.

Dem dcutschen Dvlke dargesiellt. I, II. Verlag Traditlon Wilhelm Kolk, Berlin.
Marschall Foch: Erinnerungen von der Marncschlacht bis zur Nuhr, niedcrgcschrieben
untcr pcrsönlicher Redaktion deS Marschalls von Raymond Recouly. Paul Arctz, Drcsden.

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