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Kunstwart und Kulturwart — 26,4.1913

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Heft 19 (1. Juliheft 1913)
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Romane zur Jahrhundertfeier
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14284#0052

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der Harrdlung bedrngt es. Wer Kenntnrsse dieser Art sucht, grerft
rn jedem Fall besser zu Lehrnann, Delbrück, Pflugk-Hartung, Mernecke
oder andern Fachleuten.

Das rst der Schluß, der sich immer wieder ergibt: der Dichter
kann nicht und wird nie da stehen, wo der Politiker und sein geschäft--
kundiger Handlanger stehen. Stimmzettel trägt der edle Baum nicht,
in dessen Schatten er ruht und Gestalten beschwört. Und daß nicht
zehn, zwanzig Poeten die gleichen beschwören können, werden wir
auch einzusehen haben. Wir dürfen nun immerhin schon sagen,
daß ein Festspiel für gemeinsames Feiern und ein gehaltvolles Dicht-
werk für unsre nachdenksamen Stunden der Rückschau in diesem
Iahre erstanden sind.

Blätter

AusZuliusHavemanns Noman ^DerDrufdesLebens"

^Das Werk, dem die folgenden Proben entnommen sind, ist in dem
Aufsatz „Romane zur Iahrhundertfeier" besprochen. Die erste kurze
Stelle enthält das nachdenkliche Gespräch zweier Lützower, am Abend
vor kriegerischen Taten, noch lange vor Kitzen. Christian Holthusen, die
Hauptgestalt des Romans, und sein Freund Staubwasser tauschen Er-
innerungen, Gefühle, Gedanken. Eine Stimmung, deren tausendfache
Wiederholung in der Wirklichkeit wir für gewiß halten, wird hier — zeit-
geschichtlich abgewandelt — lebendig wie wir sie in der ganzen Dichtung
selten finden. Christian ist Hamburger Patrizierkind und Student der
Rechte; seine in Tradition und Selbstsucht erstarrte Familie hat den
Äbertritt in Lützows Korps ohne Verständnis und Teilnahme aufge-
nommen.

Der zweite Auftritt spielt während der Leipziger Schlacht; im Spital hat
Lhristian als Krankenpfleger eine alte Bekannte, die einstmals lustige, kleine
Schauspielerin Iosephine neben sich wiedergetroffen, die inzwischen Fritz
von Liskows Geliebte war, aber Christian nicht vergessen hat. Der
Ernst der Stunde liegt über beiden; und Christians nachdenkliches Wesen
erfährt hier die tiefsten Antriebe. Der Gang mit Konstanze, der Tante
seines Zöglings, die ihm still zugetan ist, reift in beiden tiefe Erkenntnisse
und Entschlüsse. — Das zweibändige Werk ist im Verlag G, K. Sarasin
in Leipzig erschienen. 8 und sO Mark.j

G

(Zwei Lützower)

^»^ie Schwadronen lagerten in der Nähe eines Schlosses, das einem
>-H^Lützow befreundeten Adligen gehörte. Dieser hatte überallhin in die
Rmgegend Kundschafter entsandt. Trotzdem war wegen der Nähe
des Feindes auch hier ein Feldlager bezogen worden.

Hinter der Schloßterrasse waren die Fenster erleuchtet. Der Barou
und seine Familie unterhielten sich noch mit einzelnen der Freiwil-
ligen und ihrer Offiziere. Äber den Lagerplatz der Reiter breitete der
Abend seir^ Schatten. Eine Allee lief an ihm hin dem Schlosse zu.
Auf der andern Seite erhob sich hinter Bäumen, die einen Höhenrücken
gegen ein sanftes Tal mit Fluß und Waldungen hinunterkletterten, die

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