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Kunstwart und Kulturwart — 26,4.1913

DOI Heft:
Heft 24 (2. Septemberheft 1913)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Briefe
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Baumgarten, Otto: Zu Theodor Körners hundertstem Todestag: 26. August 1813
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https://doi.org/10.11588/diglit.14284#0522

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ungeheurer Einsatz ihr, ihr selbst, nicht nrehr bringt als etwas Stille,
etwas Freundschaft, etwas Genesung, bis sie vom Leben selbst genesen darf.

Doch schon, wenn man Henriette Feuerbach allein in ihrem tief ein-
gewurzelten Verhältnis zu Anselm Feuerbach betrachtet, findet man in
ihr mehr als Güte, Entsagung, Latkrast. Lin Brief, wie der an All-
geyer über das Innenleben des Künstlers oder der über des jungen Anselm
„Sieboldiade" zeigt ein eigentümlich scharfes und klares Aberblicken der
menschlichen Angelegenheiten, hinter dem tiefe Einsicht und Besonnenheit
stehen muß. Und wirklich wächst das Bild der treuen Mutter in diesem
Bande rasch hinein in das der bedeutenden Frau, die, zu Großem geboren,
in unglücklicher Sympathie mit dem Geschlechte ihrer Lieben auch deren
Lebensgeschick teilt. Mit gutem Rechte gibt sie sich selbst größere Be-
deutung als einer Klara Schumann, hält sie Halbwertiges sich freimütig
fern, urteilt sie wie aus großer Höhe über die Zeit der sie angehört. Im
Anfang ihrer Ehe reiht sich Klage an Klage, während sie einem früh-
verstorbenen, verkannten Bruder mit tief aufgeschlossener Teilnahme das
Leben erleichtert; bei aller „Freiheit" des Geistes und Herzens wirkt ihr
Schreiben in seiner unerlösten Rnklarheit und Schwärmerei damals fast
unerfreulich, es erscheint noch möglich, daß sie mehr in sich glaubt als sie
geistig besitzt. Doch ist sie kaum in die geistigere Luft Heidelbergs und in
die Freiheit zu studieren versetzt, da fällt das Momentane von ihr ab,
ihr Blick trotz aller Sorgen wird klarer, ihr Arteil deutlicher, es beginnt
ihr geistiger Zusammenhang mit einem erlesenen Besitz von Kulturgütern,
dessen vornehme Art für immer den Maßstab ihrer Auffassung bildet.
In kluger, wenngleich wiederum entsagungvoller Arbeit erwirbt sie sich
auch wissenschaftliches Rrteil und damit eine formelle Grundlage für ihr
Auftreten. Früchte hat ihre geistige Lebensarbeit nur spärlich getragen;
Anselm Feuerbachs „Vermächtnis" und die zwei Bände seiner Briefe,
die sie beide für die Veröffentlichung mustergültig vorbereitete, sind die
wichtigsten davon. Der innere, moralisch-geistige Gewinn ist das fühl-
barste Ergebnis, zusammen mit den schönen Freundschaften, die sie in
mehreren Iahrzehnten schließen durfte. Die Familie Ribbeck, Iohannes
Brahms, Hermann Levi, Georg und Lmma Herwegh, Konrad Fiedler,
Graf Noer, I. V. Widmann, Mich. Bernays gehörten zu den ihr Nahe-
stehenden. Obwohl sie die schwersten Leiden überwunden und die Grenzen
des ihr Erreichbaren freiwillig weit innerhalb ihrer Begabung gesteckt
hatte, konnte sie in spätern Iahren noch eine Kraft des Geistes, eine klare
Reife der Sprache, eine gütige Sicherheit der Lebensführung bewähren,
wie sie wenigen Frauen verliehen werden. Der starke Briefband, der
ihre inneren Züge lebendig erhält, ist bestimmt, als ein Schatz edler Men-
schenart noch viele Iahre zu überdauern. Wolfgang Schumann

Zu Theodor Körners hundertstem Todestag

26. August 1813

^m^er lorbeerbekränzte Dichter Schlesiens, Gerhart Hauptmann, hat
^»-HHin seinem Iahrhundertfestspiel es unternommen, unsre erinnernden
Gedanken über die zufälligen Träger einer von der Stunde gebore-
nen nationalen Kriegslust hinauszuführen zu den ewigen Ideen des Eros,
der rein seelischen Begeisterung, und des alle Völker- und Kulturunter-

2. Septemberheft sM

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