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Kunstwart und Kulturwart — 26,4.1913

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Heft 19 (1. Juliheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14284#0103

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wie ein Spiegel: wenn rnan den--
selben nur ein wenig anhaucht, so
nracht er ein finsters Gesicht.

Wir Menschen sind immerzu wie
ein Kriegsstuck, wenn man das-
selbe nur mit der Lunte kitzelt, so
knallt es.

Wir Menschen sind meistens wie
ein Fließpapier: wenn man das-
selbe nnr mit der Feder tupft, so
macht es gleich einen großen Klex.

Wir Menschen sind wie eine
grüne Staude: wenn man dieselbe
nur ein wenig biegt, so schlägt sie
wieder zurück.

Wir Menschen sind ziemlich oft
wie eine Krenwurzel: wenn man
dieselbe nur ein wenig schabt, so tnt
sie sich gleich rächen, daß einem
die Augen übergehen.

Abraham a Sancta Clara

Unsre Bilder und Noten

^i^as kleine Fräulein, das, den Bergstock in der Hand, mit diesem
x-H^unserm heurigen „Reiseheft" zusammen abmarschieren will, hat
Wilhelm Busch zum Vater und ist Q. s858 zu Brannen-
burg als Bildchen auf die Welt gekommen. Von Busch als Maler hat
man bekanntlich ein sehr großes Aufheben gemacht, als Busch der Mensch
gestorben war; denn bei des letzteren Lebzeiten hatte man ja vom
ersteren nichts zu sehen bekommen. Möglich, daß man den Maler
Busch in der ersten Äberraschung gar zu hoch eingeschätzt hat, sicher, daß
er auch als solcher ein sehr eigenartiger Künstler von besonderem „Korn"
war. Wieviel Busch bei den Niederländern gelernt haben mag, seine
Malkunst hatte von Anfang an ein Ziel, das nicht niederländisch war,
das aber ganz und gar dem Wesen seiner Zeichenkunst entsprach: äußerste
Zusammensassung und dadurch Verstärkung der farblichen Sinzelheiten,
Vereinfachung auf ganz wenige, aber ganz starke Klänge. Wenn unsre
Leser die früher von nns gebrachte farbige „Heimkehr" Buschs (Kw. XXIV, 3)
vergleichen, so erkennen sie das auf den ersten Blick. Auser Stück
heut ist Arbeit vor der Natur, aber mehr „Notiz" als Studie; es sitzen
noch lange nicht alle Farben darauf, denn „die" war kein Berufsmodell,
„die" hielt nicht still — es ist mit dem Pinsel die Form gefaßt, aber die
Farbe nur ritsch ratsch angedeutet. Wie reizvoll ist alles in seiner Ar-
sprünglichkeit! Auch das Farbige mit dem feinen Spiel nur einiger Wenig-
keiten. Besonders aber erkennen wir am Srfassen des Eharakteri-
stischen unsern Busch. Man vergleiche mit diesem Bilde andre Dirndl-
bilder nicht nur aus jener, auch noch aus späterer Zeit und solche der
berühmtesten Alpenleutschilderer: wie viele von allen bringen denn mehr
an Natur mit mehr, in bestem Sinne: an Geist? Wie weit ist dieses
dralle Wesen von den „stilisierten" Dirndln entfernt, die entweder von
ihrem Stich ins Kellnerinmäßige oder ins Sentimentale oder ins Schau-
spielerische ästhetisch leben wollen, wie echt ist dieses Persönchen, und
was für ein eigenes Menschlein ist's! So sieht man dem Bildchen auch
die Freude des damals noch jungen Künstlers an; wir haben hier un-
zweifelhaft eine der Arbeiten, mit denen er fich über seinen eigentlichen
Beruf klarer ward.

Otto Menckes Bild „Grunewald" mag im Reiseheft an die Schön-
heit der ganz „einfachen" und „alltäglichen" Landschaften erinnern. Lines

(. Iuliheft (9(2

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