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Kunstwart und Kulturwart — 26,4.1913

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Heft 23 (1. Septemberheft 1923)
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Langen, Gustav: Städtebauliche Einheitspläne: ein Beitrag zur Veranschaulichung des Wissens
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Weber, Ernst: Berthold Ottos Schulreformation
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https://doi.org/10.11588/diglit.14284#0437

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material bieten und dernjenigen, der sich die kleine Mühe gibt, die neue
Sprache zu lesen, Kenntnisse über Städtebau und Städteleben vermitteln,
wie sie selbst langes Studinm aus Büchern kaum geben könnte. Wir sehen
die Ausstattung der Städte mit Verkehrseinrichtungen jeder Art, die Stärke
des Straßenbahnverkehrs in den verschiedenen Straßen und des Eisenbahn-
verkehrs aus den einzelnen Bahnhöfen, die Einteilung der Gewerbe nnd In-
dustrien nach ihrer Art und die in jedem Werke tätige Arbeiterzahl. Wir
sehen die Grünflächen und Spielplätze für die Iugend, die Einteilung der
Gebäude für Unterricht, Gesundheit und geistiges Leben, die soziale Zusam-
mensetzung der Bevölkerung in den einzelnen Stadtteilen. Wir sehen die
Einteilung der Wohnungen, je nachdem sie in Mietkasernen oder in
Lin- und Mehrsamilienhäusern verteilt in den verschiedenen Stadtbezir-
ken vorkommen. Ferner die Güte des Baugrundes auf dem ganzen Stadt-
gebiet und Darstellungen, welche das Wachstum der Stadt in den ver-
schiedsnen Iahrhunderten und Iahrzehnten gleich Iahresringen an einem
Baume verfolgen lassen. Alles dies sind Darstellungen von wirklichen Ver-
hältnissen, wie sie auch dem Oberbürgermeister der betresfenden Stadt und
seinen technischen Beratern noch nicht so klar vor Augen standen, wie sie
aber jetzt jedermann zur Belehrung offen liegen.

So groß aber auch die Welt von Kenntnissen ist, die sich in diesen
Plänen dem Auge vermitteln, so ist sie doch nur ein kleiner Teil dessen,
was an Lrkenntnis und Wissen einer künstlerischen graphischen Darstellung
dem Schauen zugänglich gemacht werden kann. Die neue Kunst verdiente
es, als wesentliche Lrleichterung unseres von Linzelwissen überlasteten
Studiums auf Hochschulen und Aniversitäten als neues und doch entlasten-
des Lehrfach eingerichtet zu werden. Gustav Langen

BerLhold OLLos SchulrefsrmaLion

eformen innerhalb des Schulwesens pflegen sich in doppelter Weise

anzubahnen: durch werbende Reden und Schriften und durch
^ Vreformerische Taten. Ob eine Neuerung wirklich berechtigt und
lebensfähig ist, wird freilich immer erst die Zukunft lehren können, die
zeigt, ob und wie sich die fortschrittlichen Gedanken im Schulbetriebe ein-
leben. Es wird heutzutage viel über Schulreform gepredigt und geschrie-
ben; es wird viel probiert und reformiert, was der Beachtung wert ist.
Besonders da, wo beides zusammengeht: die Wirklichkeitserfahrung und
die theoretische Begründung, wie das zum Beispiel Berthold Ottos viel-
erörterte Versuche und Ansichten zeigsn. Ich will nicht leugnen, daß ich
bisher vieles, was der Herausgeber des Hauslehrers und Leiter der Haus-
lehrerschule in Groß-Lichterfelde verkündete, mit Kopfschütteln gelesen habe
und daß ich auch an seine neueste Schrift über „Die Reformation der
Schule" mit einer gewissen Skepsis herangetreten bin. Als ich jedoch
das Heft aus der tzand legte, mußte ich mir sagen: Was der Verfasser
hier vertritt und verficht, ist im Kern seines Wesens gesund und des
Erstrebens wert. Ob die Mittel, die Berthold Otto vorschlägt, um sein
Ziel zu erreichen, geeignet sind, ist mir freilich mehr als zweifelhaft.
Manches, was sich in seiner Hauslehrerschule treiben läßt, würde zur Am-
möglichkeit, wollte man es auf andre Schulgattungen übertragen. Das
weiß Otto auch selbst recht wohl; wird er doch nicht müde, immer wieder
zu betonen, er beabsichtige nicht etwa, alle Schulen so zu gestalten, wie

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