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Kunstwart und Kulturwart — 26,4.1913

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Heft 23 (1. Septemberheft 1923)
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Langen, Gustav: Städtebauliche Einheitspläne: ein Beitrag zur Veranschaulichung des Wissens
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https://doi.org/10.11588/diglit.14284#0436

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Farbe kennzeichnen sich Kirchen und Kirchenverwaltungen. In den silber-
grauen Zeichen drücken die Gebäude der Finanzwirtschaft, Börsen, Ban-
ken und Lotterien die Größe ihres Amsatzes und ihrer Kapitalien aus,
während das Ausland durch die vielen Konsulate in den Landesfarben
gekennzeichnet ist. Den Mittelpunkt der städtischen Verwaltungstätigkeit
bezeichnet das Rathaus mit dem Stadtturm und den 6 Ringen, die
600 000 Einwohner als Bevölkerung angeben. Der große rote Ring ent-
hält im Original soviel Ouadratzentimeter, als die Stadt l000 Linwohner
enthält, also in diesem Falle 600, und gibt so noch einmal ein genaues
Bild der Bevölkerungszahl der einzelnen Städte vergleichbar wieder. Da
der ganze Plan ein Viertel der gesamten bebauten Fläche der Stadt um-
faßt, so bezeichnet das Verhältnis des roten Ringes zur Größe des ganzen
Bildes die relative Bevölkerungsdichte in den einzelnen Städten so, daß
bei einem kleinen Ring anf großem Felde eine weitwohnende Bevölkerung,
bef einem großen Ring aus kleinem Felde eine dichte Bevölkerung lebt.
Das Fluten der Menschen zu und von den Verwaltungsgebäuden macht
die meisten benutzten Straßen zu wertvollen Verkehrsstraßen, deren untere
Stockwerke sich immer mehr mit Verkanfsläden süllen. Der Plan zeigt
die mit dunkel gelbbraun geränderten Straßen als solche an, die bereits
eine geschlossene Ladenfront ausweisen, während die dunkel angelegten
Blöcke der Innenstadt zeigen, daß es sich hier nicht um Läden im Erd-
geschosse, sondern um eine völlige Durchdringung der ganzen Gebäude mit
Verkaufs- und Lagerräumen handelt. Ls gibt sich somit die alte Stadt
Leipzig als ein einziges großes von Straßen durchzogenes Warenhaus zu
erkennen, ein Eindruck, den jeder Fremde von dieser Stadt gewinnen
muß. Alle auf den Rand gesetzten Signaturen liegen außerhalb der
Stadtmitte und somit, soweit sie Zentralgebäude darstellen, die nur einmal
in der Stadt vorkommen, ungünstig. Auch hier gibt wieder jede Stadt
ein anderes charakteristisches Bild und ist mit einem Schlage als Militär-,
Beamten- oder Handelsstadt zu erkennen. Das Wichtigste aber, was uns
diese Pläne vermitteln, ist: daß wir durch diese Aberblicke einsehen lernen,
wie einerseits die Anordnung der öffentlichen Gebäude in unsern Städten
willkürlich, ungeordnet und zerrissen ist und wie anderseits trotzdem ge-
wisse Verwaltungen die Neigung haben, sich zn Gruppen zusammenzu-
schließen. So ist besonders das Zusammenliegen der Posten rechts auf dem
Bilde, der -Gerichtsgebäude unterhalb des Rathauses und vor allem das
der Bankgebäude rechts vom Rathaus charakteristisch. Hier gibt der
Plan Anregungen zu weiten Ausblicken in die Znkunft des modernen
Städtebaues; wir sehen eine Zeit kommen, in der, wie früher die großen
Kirchen, die als Mittelpunkt des öffentlichen Lebens sich im Stadtbild
künstlerisch hervorhoben, so später die Gewalten des öffentlichen Lebens,
Rechtsprechung, Verkehr, Finanzwesen und Auslandsvertretung, Kunst,
Wissenschaft und Gesundheitspflege sich zu machtvollen Gebäudegruppen
an eindrucksvollen Plätzen zusammenschließen werden. Die Erkenntnis
dessen, was eine Stadt an Leben jeder Art in sich birgt, wird den Künstlern
der Zukunft ein Programm für neue Städtebauleistungen werden können.

Ls sind im ganzen auf der Baufach-Ausstellung in Leipzig von dem
Auterzeichneten solche Pläne nach ch verschiedenen Gesichtspunkten ausge-
arbeitet worden. Die deutschen Städte haben sich in dankenswerter Weise
durch bisher ^82 Pläne beteiligt, die ein unvergleichliches Anschauungs-

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