dern. Weil der Deutsche Verein
so denkt und handelt, wirft nran
ihm ja oft genug Rnfruchtbarkeit
vor. Mit Unrecht. So manche
Kraft, die heute wirkt, ist durch
ihn geweckt. Neue sind auch durch
die besprochene Konferenz leben-
dig geworden. Deswegen müssen
die Konferenzen für Bildungs-
arbeit auf dem Lande sich mehren.
Aber die Hauptarbeit wird immer
draußen auf dem Lande liegen, und
zu der werden all die verschiedenen
großen und kleinen Bildungsvereine
je nach ihrer besonderen Art her-
angezogen werden, diese haben im
letzten Grunde viel eher eine För-
derung als eine Schädigung zu er-
warten.
Wie sich Stadt und Land gegen-
seitig in die Hand arbeiten können,
zeigte in feiner Weise der erste
Vortragende, Geheimrat Rahm aus
Arnsberg, der die Frage des Lese-
stoffes behandelte und gestützt auf
seine Lrfahrung nicht nur in West-
falen, sondern auch in anderen
Gegenden und Ländern zeigte, wie
ein gut ausgebautes Büchereiwesen
von den großen Zentren aus sich
allmählich immer weiter ausdehnt,
bis es schließlich in jedem Dorfe
eine öffentliche und in jedem Hause
eine kleine Familienbücherei gibt,
und wie an der Erreichung dieses
Zieles Staat, Gemeinde und
Privatpersonen zusammenarbeiten
müssen.
Im ganzen ging überhaupt trotz
aller Betonung der Eigenart und
der besonderen Schwierigkeiten in
den einzelnen Gegenden ein starker
Zug nach Einheit durch die Ver-
sammlung. Einheit im Ziele, Ein-
heit im Zusammenfassen der Kräste,
aber Freiheit in der besondern Ge-
staltung der Arbeit. Klar das Ziel
vor Augen, aber Verwerfung jeder
Schablone. Nicht wie die Arbeit
im einzelnen durchgeführt wird,
nicht wer sie treibt, sondern datz
sie getan wird, das war die Haupt-
forderung. Eine richtige Sohnreh-
versammlung. Fr. Lembke
Helden und Karnrner-
diener
elcher Schulmeister hat nicht
von Alexander dem Großen,
von Iulius Cäsar vordemonstriert,
daß diese Menschen von Ruhmsucht
und Eroberungssucht getrieben und
daher unmoralische Menschen ge-
wesen seien? woraus sogleich folgt,
daß er, der Schulmeister, ein vor-
trefflicherer Mensch sei als jene,
weil er solche Leidenschaften nicht
besäße, und den Beweis dadurch
gebe, daß er Asien nicht erobere, den
Darius, Porus nicht besiege, son-
dern freilich wohl lebe, aber auch
leben lasse. — Diese Psychologen
hängen sich dann vornehmlich auch
an die Betrachtung von den Parti-
kularitäten der großen historischen
Figuren, welche ihnen als Privat-
personen zukommen. Der Mensch
muß essen und trinken, steht in
Beziehung zu Freunden und Be-
kannten, hat Empfindungen und
Aufwallungen des Augenblicks. Für
einen Kammerdiener gibt es keinen
Helden, ist ein bekanntes Sprich-
wort; ich habe hinzugesetzt — und
Goethe hat es zehn Iahre später
wiederholt — „nicht aber darum,
weil dieser kein Held, sondern weil
jener der Kammerdiener ist". Dieser
zieht dem Helden die Stiefel aus,
hilft ihm zu Bette, weiß, daß er
lieber Champagner trinkt usf. —
Die geschichtlichen Personen, von
solchen pshchologischen Kammer-
dienern in der Geschichtschrei-
bung bedient, kommen schlecht weg;
sie werden von diesen ihren Kam-
merdienern nivelliert, auf gleiche
Linie oder vielmehr ein paar Stu-
fen unter die Moralität solcher
238 Kunstwart XXVI, 2l
so denkt und handelt, wirft nran
ihm ja oft genug Rnfruchtbarkeit
vor. Mit Unrecht. So manche
Kraft, die heute wirkt, ist durch
ihn geweckt. Neue sind auch durch
die besprochene Konferenz leben-
dig geworden. Deswegen müssen
die Konferenzen für Bildungs-
arbeit auf dem Lande sich mehren.
Aber die Hauptarbeit wird immer
draußen auf dem Lande liegen, und
zu der werden all die verschiedenen
großen und kleinen Bildungsvereine
je nach ihrer besonderen Art her-
angezogen werden, diese haben im
letzten Grunde viel eher eine För-
derung als eine Schädigung zu er-
warten.
Wie sich Stadt und Land gegen-
seitig in die Hand arbeiten können,
zeigte in feiner Weise der erste
Vortragende, Geheimrat Rahm aus
Arnsberg, der die Frage des Lese-
stoffes behandelte und gestützt auf
seine Lrfahrung nicht nur in West-
falen, sondern auch in anderen
Gegenden und Ländern zeigte, wie
ein gut ausgebautes Büchereiwesen
von den großen Zentren aus sich
allmählich immer weiter ausdehnt,
bis es schließlich in jedem Dorfe
eine öffentliche und in jedem Hause
eine kleine Familienbücherei gibt,
und wie an der Erreichung dieses
Zieles Staat, Gemeinde und
Privatpersonen zusammenarbeiten
müssen.
Im ganzen ging überhaupt trotz
aller Betonung der Eigenart und
der besonderen Schwierigkeiten in
den einzelnen Gegenden ein starker
Zug nach Einheit durch die Ver-
sammlung. Einheit im Ziele, Ein-
heit im Zusammenfassen der Kräste,
aber Freiheit in der besondern Ge-
staltung der Arbeit. Klar das Ziel
vor Augen, aber Verwerfung jeder
Schablone. Nicht wie die Arbeit
im einzelnen durchgeführt wird,
nicht wer sie treibt, sondern datz
sie getan wird, das war die Haupt-
forderung. Eine richtige Sohnreh-
versammlung. Fr. Lembke
Helden und Karnrner-
diener
elcher Schulmeister hat nicht
von Alexander dem Großen,
von Iulius Cäsar vordemonstriert,
daß diese Menschen von Ruhmsucht
und Eroberungssucht getrieben und
daher unmoralische Menschen ge-
wesen seien? woraus sogleich folgt,
daß er, der Schulmeister, ein vor-
trefflicherer Mensch sei als jene,
weil er solche Leidenschaften nicht
besäße, und den Beweis dadurch
gebe, daß er Asien nicht erobere, den
Darius, Porus nicht besiege, son-
dern freilich wohl lebe, aber auch
leben lasse. — Diese Psychologen
hängen sich dann vornehmlich auch
an die Betrachtung von den Parti-
kularitäten der großen historischen
Figuren, welche ihnen als Privat-
personen zukommen. Der Mensch
muß essen und trinken, steht in
Beziehung zu Freunden und Be-
kannten, hat Empfindungen und
Aufwallungen des Augenblicks. Für
einen Kammerdiener gibt es keinen
Helden, ist ein bekanntes Sprich-
wort; ich habe hinzugesetzt — und
Goethe hat es zehn Iahre später
wiederholt — „nicht aber darum,
weil dieser kein Held, sondern weil
jener der Kammerdiener ist". Dieser
zieht dem Helden die Stiefel aus,
hilft ihm zu Bette, weiß, daß er
lieber Champagner trinkt usf. —
Die geschichtlichen Personen, von
solchen pshchologischen Kammer-
dienern in der Geschichtschrei-
bung bedient, kommen schlecht weg;
sie werden von diesen ihren Kam-
merdienern nivelliert, auf gleiche
Linie oder vielmehr ein paar Stu-
fen unter die Moralität solcher
238 Kunstwart XXVI, 2l