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Kunstwart und Kulturwart — 26,4.1913

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Heft 22 (2. Augustheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14284#0390

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rarischen, wissenschaftlichen oder
pädagogischen Gründen erfolgt. Da-
bei ist sehr häufig dem Bedauern
Ausdruck gegeben worden, daß lite-
rarische oder psychologische Rück-
sichten eine Empfehlung nicht zu-
ließen, und in nicht wenigen Fällen
sind gerade Bücher patriotischen
Inhalts empfohlen worden, auch
wenn festgestellt werden mußte, daß
sie literarischen Ansprüchen nur
unvollkommen genügen.

3. Das von den Iugendschriften-
ausschüssen herausgegebene Ver-
zeichnis empfehlenswerter Iugend-
schriften enthält demgemäß nicht
ein einziges Buch, das auch nur
im entferntesten geeignet erscheinen
könnte, sozialdemokratischen Ten-
denzen Vorschub zu leisten, dagegen
eine sehr große Zahl sowohl belle-
tristischer wie belehrender Schriften,
von denen erwartet werden darf,
daß sie in vaterländischem Sinne
auf die Leser wirken werden.

H. Obwohl nicht selten innerhalb
der Prüfungsausschüsse Anterschiede
sowohl in grundsätzlichen Auffas-
sungen wie in der Anwendung der
Grundsätze bei der Beurteilung ein-
zelner Bücher hervorgetreten sind,
zeigt sich in der Wertschätzung des
vaterländischen Gedankens bei allen
Abereinstimmung. Insbesondere
liegen keinerlei Tatsachen vor, aus
denen geschlossen werden könnte,
daß der Hamburger Iugendschrif-
tenausschuß, der seit dem Iahre
1896 als Vorortsausschuß die Ge-
schäfte der Vereinigten Prüfungs-
ausschüsse leitet, in dieser Hin-
sicht zu den übrigen Ausschüssen
eine gegensätzliche Stellung ein-
nähme."

Damit hat auch die letzte Instanz
der Fachleute in vollkommener Ein-
deutigkeit gegen Kotzde und Scholz
entschieden. Ein letzter Absatz ver-

wirft dann noch unmißverständlich
ihre Methode.

Festlichkett

ist Erheben über das gemeine Le-
ben, Herauskommen aus der All-
täglichkeit, Lntfesselung des Geistes
von leiblichen Anterdrückungen, Ab-
spannung des Körpers von der
Fronarbeit, Befreiung des Herzens
von Daseinssorgen, Versuch, die
Daseinsbürden abzulasten: über-
haupt ein Erholungsleben, wo der
Mensch doch einmal der Gegenwart
froh wird, ohne ängstliches Hor-
chen und Zählen der Achr, die ohne
Rast znm Notwerk abruft. Frei
steht der Mensch dann als ein
Wesen, das auf Freude ein öffent-
liches, unveräußerliches Recht hat,
nicht bloß verstohlen sie nippen darf
und sich knechtlich-lüstern im Win-
kel berauscht. Zurückgeführt aus dem
Irrgewirr der Verkünstelung in die
einfachen Lebensverhältnisse, ge-
winnt er eine wahre Erhöhung der
Lebenskräfte, eine nachwirkende
Kraftvermehrung. Das ist anders
als eine bloße Lrregung, wie sie
jede Art von Rauschmitteln gibt;
anders als eine augenblickliche Stär-
kungseinnahme, die gleich darauf
mit doppelter Schwäche nieder-
schlägt: es wird eine Heiligung der
Zeit. Darum ist es ein adelnder
Vorzug für Menschen von Geist und
Herzen, Feste zu feiern, die ihnen
ausschließlich heilig sind. Wem das
Leben nur ein Kerbstock bleibt, um
Alltage zusammenzurechnen, wer
aus diesen Zeitmerken nichts weiter
herausbringt, als eine große Zahl,
der hat sich die Mühe vergeblich
gemacht, der hat in den Lag und
in die Welt hineingelebt, als ein
großstädtischer Morgenverschläser, so
die Sonne in ihrer Schönheit und
Pracht niemals aufgehen sah. Iahn

3^ Kunstwart XXVI, 22
 
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