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Kunstwart und Kulturwart — 26,4.1913

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Heft 24 (2. Septemberheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14284#0600

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würde sogar die trefflichste Lehre
ihr Werk verrichten, träte ihr nicht
aus dem Lernenden ein empfäng-
liches nnd mitfruchtendes Verständ-
nis gegenüber.

Diese Worte entnehmen wir Liner
Vorlesung Iakob Grimms, die er
s8V in der Berliner Akademie der
Wissenschaften über „Schnle, Ami--
versität, Akademie" gehalten hat.

Mögen die Latsachen, auf die sie
sich bezieht, „veraltet" sein, ihr
Geist tut uns heut so not wie nur
je, man kann sie ihrem wesentlichen
Gehalt nach geradezu „aktuell" nen--
nen. Line sehr gnte Sammlung
„kleinerer Schriften" erschien bei
Meyer L Iessen in Berlin, auch
beim Gutenberg-Verlag und bei
Hendel in Halle erschienen Samm-
lungen dieser Schriften.

Unsre Bilder und Noten

er Steindruck nach Hans von Volkmann wirkt „ausgesprochen
>-^^altmodisch"? Daß wir eine solche Behauptung nicht mehr ohne wei-

teres als eine Bemängelung empfinden, das glaube ich, ist eine
der guten Folgen unsrer Lntwicklung. Wir wissen wieder, wie viele
Werte uns verloren gegangen sind, die den Großvater erfreuten, als er die
Großmutter nahm, und wissen auch alle, daß weit über Bauen und Woh-
nungseinrichten hinaus das „Biedermeiern" zwar auch Mode ist, aber
trotzdem sein Gutes hat. Volkmanns Abendbild gehört zu den edeln
Stilisierungen der Stille, von denen er uns schon mehrere
geschenkt hat. Artistisch erinnert es an die besten der alten Lithographien.
Vier Platten, von denen die eine zeichnet nnd drei nur Flächentöne geben —
und doch ist farbiger Raum da. Aus der Ferne, aus dem windwolken-
überwölbten goldigen Himmel, an dem die Sonne gesunken ist, kommt ein
warmes Hereinleuchten zu uns her in die kühle Ruhe vorn. Ganz leicht
hin ist das Kunstmittel gebraucht, das Schwind und seine Zeitgenosfen so
liebten: die menschliche Gestalt blicken zu lassen, wie man den Blick des
Beschauers geleitet wünscht. Die Herde ein grasendes, friedliches Gewusel,
munter der Hund, der Hirt aber sehend wie wir, und vielleicht mit „seligen
Augen", wie der Türmer Goethes.

Hans von Volkmanns „tzerbstregen" wird man gern mit
seiner schönen Abend-Lithographie vergleichen. Was er da gibt» hätte sich
mit einigem genialischen Getu ungleich effektvoller geben lassen — gerade
das kennzeichnet die Persönlichkeit dieses Lchten und macht sie liebens-
wert: daß sie sich niemals in Szene setzt. Wer sie einmal fühlt, dem ist sie
ja trotzdem in allen seinen Bildern gegenwärtig, wie sie aus dem ruhig
glücklichen Betrachten ihrer tiefen Liebe zur deutschen Landschaft in jedem
Werk und in jedem Werkchen wiederleuchtet.

Bei Max Liebermann fesselt uns dagegen der Geist. Nicht der
„Geist", bei Liebermann ist das Geistreich-Sein echt. Nur beim Gesicht
dieses Backfischs hier hat seine Hand ein wenig verweilt, aber da lebt auch
wirklich das ganze Persönchen auf, höchst gespannt in einer Na-warte!-
Stimmung bei der Sache. Das „Brustbild" war das erste, die Hände kamen
nur so zum Buchhalten dazu, nein, zum Runden gehörte noch mehr, es
macht den Lindruck, als sei die untere Hälfte nachträglich zugesetzt. Ganz
flüchtig, aufs Einzelne ganz unaufmerksam, und gerade dadurch so höchst

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