Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

DOI Heft:
Nr. 1 (Jänner 1863)
DOI Artikel:
Falke, Jakob von: Über Fensterverglasung im Mittelalter
DOI Artikel:
Vocel, Jan Erazim: Die Baudenkmale zu Mühlhausen (Milevsko) in Böhmen, 1, die Basilica des ehemaligen Prämonstratenser Klosters zu Mühlhausen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0021

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
il

Castle vet-liessen, die Fenster aus ihren Rahmen heben und
sorgfältig bei Seite legen dessen, oder wenn es sonst heisst,
dass die Adeligen ihre Fenster aus den Stadtquartieren im
Sommer mit auf das Land nehmen, oder wenn die Fenster
in der Art als Mobilien betrachtet werden, dass beim Ver-
kauf eines Hauses dieselben gleich andern Möbeln vorher
herausgenommen werden *). Das lässt sich nur so erklären,
dass die Glasfenster immer noch als ein so kostbarer Besitz
galten, dass er für sich seines Preises werth war, und den man
durch sorgfältiges Beiseitelegen schonen musste, wenn man
zur Zeit keinen Gebrauch davon machte; oder es befanden
sich die englischen Adelsfamilien damals in weit weniger
günstigen Vermögensumständen als die Bürger, was aller-
dings in gewisser Beschränkung und Yerhältnissmässigkeit
richtig erscheint, denn einerseits waren lange Nothzeiten
für sie vorausgegangen und andererseits war die Schaar
ihrer Diener und Anhänger, die sie täglich zu ernähren hatten,
eher gewachsen als vermindert.
Noch viel später als England kam zu Glasfenstern
das arme, damals völlig industrielose Schottland, das in allen
Arbeiten der Hände, in Waffen, Möbeln, Geweben u. s. w.
von Flandern abhing. Buckle a) sagt noch vom sieben-
zehnten Jahrhundert: „Selbst die höheren bürgerlichen
Stände würden Fenster für etwas Abgeschmacktes an ihren
Häusern gehalten haben." Dazu führt er eine Stelle aus
Ray's Reisen an, welcher Schottland im Jahre 1661 be-
suchte. Derselbe sagt: „In den besten schottischen Häusern,
selbst in den Palästen des Königs sind die Fenster nicht

durchaus verglast, sondern nur die oberen; die unteren
haben hölzerne Läden oder Flügel, um sie nach Gefallen zu
öffnen und die frische Luft hereinzulassen". Das ist also
noch die Einrichtung des vierzehnten und fünfzehnten Jahr-
hunderts. „Die gewöhnlichen Landhäuser", fügt Ray noch
h nzu, „haben als Fenster nur sehr schmale Löcher, die
nicht verglaset sind". „Um das Jahr 1762", heisst es dann
in einer andern von Buckle aus Brown s Geschichte von
Glasgow angeführten Stelle, „fingen die Glasfenster an sich
in den kleinen Landhäusern zu zeigen". Wenn wir Ray's
Nachricht mit einer bekannten und sonst wohl bezweifelten
Bemerkung von Aeneas Silvius (Mitte des fünfzehnten Jahr-
hunderts) vergleichen, dass die Bürger von Nürnberg besser
wohnten als die Könige von Schottland, so gewinnt diese
Nachricht allerdings ihre Wahrheit, aber nicht wegen des
Glanzes und Reichthums einer Nürnberger Wohnung, son-
dern wegen der Mangelhaftigkeit eines schottischen Königs-
palastes. In Bezug auf die Glasfenster, jedenfalls ein Haupt-
erforderniss, hat das seine volle Richtigkeit.
Während sich diese Geschichte unseres Gegenstandes
in Schottland bis in das achzehnte Jahrhundert hineinzieht,
hat sie in Deutschland schon am Ausgang des fünfzehnten
oder in Anfang des sechzehnten insoferne ihr Ende erreicht,
als die Verglasung völlig allgemein geworden ist. Ihre fer-
nere Geschichte und Entwickelung betrifft nur noch die for-
melle Seite, in deren Darstellung wir weniger unsere Auf-
gabe gesetzt hatten.

Die Baudenkmaie zu Mühlhansen (Milevsko) in Böhmen.
Von Dr. Erasmus Woeel.
(Mit i Tatet.)
kirche des heil. Agidius ein höheres Alter als die benachba rte

!.
HUe BasiHea des ehemaligen Prämonstratenser-
Klosfers zn Mühlhausen.
Geschichte des Klosters.
Im Taborer Kreise Böhmens liegt 4^ Stunde west-
lich von der Kreistadt Tabor entfernt das Städtchen Mühl-
hausen (böhm. Milewsko, lat. Milovicium).
Langgestreckte, gröstenstheils mit Nadelholz bedeckte
Anhöhen, Feld- und Wiesenfluren und weite Teichflächen
bilden die Umgehung des Ortes, welche sonst keine her-
vorragenden, den Touristen fesselnde Schönheiten darbietet.
In einiger Entfernung von der Stadt gegen Nordost erhebt
sich die ehemalige Prämonstratenser-Abtei mit ihrer roma-
nischen Basilica, und nahe an derselben steht die uralte,
dem Verfalle preisgegebene Kirche zum heil. Ägidius.
Das Städtchen Mühlhausen ist jedenfalls älter als die
Abteikirche und wahrscheinlich hat auch die Cömeterial-

1) H a I 1 a m Middle ages !!. p. 502.
2) Buckle Geschichte der Civilisation in England, fl. p. 172 (Rüge).

Basilica.
In der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts besass das
weitläufige Gebiet von Mühlhausen der böhmische Dynast
Georg von Milewsk, ein Mann, von dessen frommer
Gesinnung und ritterlichem Muthe gleichzeitige Zeugnisse
Kunde geben. In der blutigen Schlacht hei Lode nie (im
Jahre 1186), durch welche Friedrich Barbarossa's Absicht,
üas böhmische Kronland Mähren als ein Lehen an das deut-
sche Reich zu knüpfen, vereitelt ward, kämpfte Georg von
Milewsk an der Seite des böhmischen Fürsten und nach-
herigen Königs Premysl Otokarl. Der Zeitgenosse Ger-
lach berichtet, dass in jener Schlacht unter dem Herrn von
Milewsk das Pferd erschlagen ward, und dass derselbe nur
durch die hingebende Treue zweier Vasallen dem drohenden
Todeentrissen wurdet). In derselhenSchlacht, erzählt Ger-
lach, wurde Juro (Georg) der Truchsess (dapifer) des Georg
von Milewsk tödtlich verwundet, und starb nach seiner Rück-
kehr in die Heimath, nachdem er sein Habe der Kirche des


2
 
Annotationen