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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 7 (Juli 1863)
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Kleine Mittheilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0217

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— 207

Kleine Mittheilungen.

Lukas Cranach in Wien und Zistersdorf.
Bilder des berühmten sächsischen Künstlers sind in den Kir-
chen Österreichs begreiflicher Weise eine Seitenheit. Christian
Schuchart führt in seinem vortrefflichen Werke über Lukas
Cranach eine Reihe von Gemälden auf, welche sich in Wiener
Kunstsammlungen befinden, übergeht aber zwei Gemälde, wovon
eines wenigstens einem engeren Kreise von Kunstfreunden bekannt,
ein anderes hingegen gänzlich unbekannt, dem Schreiber dieser
Zeilen erst vor wenigen Tagen zugekommen ist. Das erstere Bild
befindet sich in der Pfarrkirche der Vorstadt Landstrasse auf dem
Seitenaltare linker Hand beim Eingänge; das zweite befand sich in
der Pfarrkirche zu Zistersdorf bei Dürnkrut in Niederösterreich;
das Gemälde stammt aus einem aufgehobenen Franciscanerkloster
und wurde nach Nachrichten der Klosterchronik den Franciscanern
von einem Gliede der adeligen Familie Tiefenhach oder Teufenbach
geschenkt. Nach Aufhebung des Klosters kam das Bild in den Besitz
der Pfarre von Zistersdorf und hlieb daselbst verborgen und glück-
licherweise auch vergessen; würde dieses kleine Dorf auf jener
grossen Heerstrasse gelegen sein, an der Kunstreisende oder viel-
mehr Kunsthändler vorüberzuziehen pflegen, so würde es wahr-
scheinlich den Weg in's Ausland genommen haben, wie es bei den
Tausenden und Tausenden von Kunstwerken der Fall ist, die seit
Jahrzehnten aus dem Besitze des Adels, der Kirche, ja selbst des
Hofes durch List oder Gewalt, durch Gleichgiltigkeit oder Unkennt-
niss entführt wurden.
Das Gemälde, in Öl auf Holz gemalt, ist 29 Zoll hoch und fast
22 Zoll breit, es scheint früher etwas grösser gewesen zu sein. Es
stellt Mariaund das Jesukind vor; letzteres steht auf dem Schosse
der Jungfrau, hält eine grosse Weintraube in der Hand und einige
Beeren im Munde; Maria hält das Kind mit beiden Armen und neigt
sich mit dem Kopfe gegen die rechte Seite. Ein dünner bis auf die
Augenbrauen gehender Schleier deckt den Kopf, ein reiches blondes
Haar fällt über die Schultern, sie trägt ein rothes Kleid mit einem
blaugrünen Mantel in jenen eigenthümlichen Tönen, welche dem
Cranach eigen sind. Der lebensgrosse Kopf ist von ungewöhnlicher
Schönheit und sehr gut erhalten zu nennen, ungeachtet sich in der
Stirne zwei Löcher befinden, welche die ehemaligen Besitzer offen-
bar in der Absicht gemacht haben, um daran eine Krone zu befesti-
gen; auch für einen Halsschmuck in ähnlicher, wenn auch nicht so
barbarischer Weise, ist gesorgt. Die Weichheit des Fleischtones
im Gesicht, die Lieblichkeit des Ausdruckes, die zarte Röthe der
Wangen und die eigentümliche Helle der Schatten, machen dieses
Bild zu einem ganz ausgezeichneten Werke Cranach's. Die Haare
Mariens und des Jesukindes sind mit ganz eigenthümlicher Feinheit
behandelt; der halboffene Mund des Kindleins, der naive Ausdruck
desselben, so wie die Wahl des Motives werden das Bild Freunden
altdeutscher Kunst ganz besonders werth machen. Es wäre zu wün-
schen, dass das Gemälde mit einem entsprechenden Renaissance-
Rahmen versehen, in irgend einer Kirche aufgestellt würde, wo es
weniger der Vergessenheit preisgegeben wäre, als in dem einsamen
und verlassenen Zistersdorf.
R. v. E.
Leutschan.
Bei einer an dem Sacramenthäuschen vor Kurzem vorgenom-
menen Reparatur wurde an der Mauer hinter demselben ein über-
tünchtes altes Wandgemälde entdeckt, und bis auf einige zerstörte
Stellen von der Kalkdecke befreit. Es bildet einen langen Streifen

unterhalb des Kaffgesimses und enthält in einer Reihe drei durch
keine Einrahmung gesonderte Figurengruppen von ungefähr halber
Lebensgrösse. Die erste Gruppe stellt auf bräunlichem mit Gold
reich gemusterten, von kleinen Engeln gehaltenem Teppichgrunde
drei Heilige in traditioneller Bekleidung und in lebhaftem Gespräche,
— wahrscheinlich Apostel — vor, welche aber wegen Mangel der
üblichen Attribute nicht näher bestimmbar sind. Ihre grossen Hei-
ligenscheine, ehemals vergoldet, haben in den glatten Gypsgrund
gepresste hocherhabene Reifen und Ringe, ln der zweiten Gruppe
liegt Maria auf einem niedrigen gemusterten Ruhebette ausgestreckt ;
das Jesuskindlein in der Mitte von vier Engeln, deren zwei ihm ein
Buch Vorhalten, ist ganz unbekleidet, und scheint aus einem weiden-
geflochtenen Korbe sich emporhebend, gegen seine Mutter hin-
schreiten zu wollen. Im Hintergründe sind die Köpfe eines Ochsen
und eines Esels zu sehen. Die dritte leider grösstenteils zerstörte
Gruppe zeigt Christus am Kreuze in stark gebogener Haltung mit
gerade ausgestreckten Armen und übereinander genagelten Füssen
zwischen den beiden Gestalten der heiligen Jungfrau und des Evan-
gelisten Johannes, im Hintergründe ragt ein Kopf, anscheinend eines
Dämons, hervor. Die Ausführung ist ungeachtet der rauhen Wand-
fläche sehr fleissig und glatt. Die Köpfe sind stark markirt, dabei
in allem Detail rundlich, die Extremitäten meist unvollkommen,
dagegen zeigt der Körper des Heilandes eine bereits vorgeschrittene
Kenntniss des Nackten; der Faltenwurf ist wellig, ohne bedeutende
Tiefen, an den Säumen in geschlängelten Linien wie bei flatternden
Gewändern geführt; die Farben, vorherrschend lichtblau und roth,
sind sehr flüssig und verschwommen aufgetragen, und nur an einigen
Stellen sind nach der Beendigung aufgesetzte Lichter zu bemerken.
Manier der Zeichnung, Körperverhältnisse, Colorit sind genau die-
selben, wie auf den im November- und Decemberhefte 1862 be-
schriebenen sieben Werken der Barmherzigkeit und sieben Tod-
sünden, das Gemälde ist daher ohne allen Zweifel demselben Meister
zuzuschreiben, und liefert einen neuen Beitrag zu der daselbst aus-
gesprochenen Vermuthung über seine Verwandtschaft mit der böh-
mischen Malerschule des XIV. Jahrhunderts, indem bei einigen
Stücken, wo sich die Farbe unversehrt erhalten hat, die Vortrags-
weise dieser Schule noch deutlicher zu erkennen ist. Auch für die
Bestimmung des Alters dieser Bilder ist der neue Fund von Mäch-
tigkeit. Das Sacramenthäuschen, welches nach seinen Arcbitectur-
formen wahrscheinlich in die erste Hälfte des XV. Jahrhunderts
gehört, lässt nämlich so wenig Raum zwischen sich und der Wand,
an welcher die Malerei ohne Unterbrechung fortgesetzt ist, dass es
durchausunmöglichist, dahin zu treten, vielweniger daselbst zu
arbeiten; das Bild ist also unzweifelhaft älter als der Bau des
Sacramenthäuschens, und wäre hiermit bestimmt in die Frühzeit
desselben Jahrhunderts, wo nicht früher zu versetzen.
W. Merklas.
Das schwarze Madonnenbüd in Attötting.
Kürzlich war in diesen Blättern (Regensburger Teppiche)
wieder dieErklärung zu lesen, dass die schwarzen Muttergottesbilder
eine symbolische Bedeutung hätten, nämlich zum Ausdruck der
Schriftstelle dienen: ATyra seJ /brrnosa. Darauf erlaube ich
mir zu bemerken.- Es gab ursprünglich gar keine schwarzen Mutter-
gottesbilder, sondern sie sind alle erst später durch Nachdunkeln
der Farbe oder des Holzes, oder durch Rauch und Kerzendampf so
geworden. Wir haben keine Nachricht von einem schwarzen Mutter-
gottesbilde aus dem frühen Mittelalter. Dazu hatte jene Zeit auch
zu viel Geschmack und Tact. Das berühmteste Gnadenbild der Art
 
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