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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 10 (October1863)
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Merklas, Venceslav: Der alte Teppich in der St. Jakobskirche zu Leutschau
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Kleine Mittheilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0302

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292 —

nicht an thatsächüchem Grunde, nur die in derselben aus-
gesprochene Tendenz der Widmung wäre zu bezweifeln,
da der Magistrat inmitten eines blühenden Verkehrs
schwerlich bereits an die durch geänderte Verhältnisse
erst weit später erfolgte ungünstige Wendung gedacht
und den Teppich als Andenken an den noch wirklich beste-
henden Handel betrachtet hat; eine solche Absicht wurde
wahrscheinlich , nachdem von all' dem früheren Glanze
nur die wehmüthige Erinnerung an bessere Zeiten übrig
geblieben, auch an den Teppich geknüpft und in die Sage
verflochten. Eben so dürfen wir zweifeln, dass der gegen-
wärtige Ort derjenige sei, dem der Teppich ursprünglich
zugedacht gewesen. Es wäre in der That sehr seltsam, ein
an sich werthvolles Geschenk gleich hei der Übernahme
auf die barbarische Weise, wie es dem Teppiche wider-
fahren, zu misshandeln, und würde nur von einer unbe-

greiflichen Gleichgiltigkeit des Gebers gegen seine in
guler Absicht gespendete Gabe, und der Ordner der Kirche
beiden gegenüber zeigen. Mit mehr Wahrscheinlichkeit ist
also anzunehmen, dass man den Teppich in späterer Zeit,
nachdem das erste Interesse für das Geschenk bereits in
den Hintergrund getreten war, und der Sache fremde Per-
sonen in der Kirche walteten, bei einer neuen Anordnung
der kirchlichen Einrichtung, etwa zur Zeit, als in die Kirche
der evangelische Gottesdienst eingeführt wurde, an seinen
jetzigen Platz versetzte, weil er hei der Änderung des
Cultus anderwärts überflüssig geworden war. Hiefür scheint
auch die Jahreszahl 1547 auf einem vor dem Teppiche am
Schnitzwerke der Rückwand angebrachten Wappen der
Stadt zu sprechen i), welches mit der Übertragung des-
selben gleichzeitig sein dürfte 2).

Kleine Hittheilungen.

Crosspechlarn.
Eine halbe Stunde vom Schlosse und Dorfe Krummnussbaum,
anderthalb Stunden von der Stadt Erosspechlarn, liegt das eben-
dahin eingepfarrte und bis zum Jahre 1848 der Orts- und Grund-
obrigkeit der Herrschaft Pechiarn unterthänige Dorf Holzern,
gewöhnlich Holzing genannt*), bei welchem sich auf einer sanften
Anhöhe, einige hundert Schritte nördlich vom Dorfe entfernt, eine
schöne, weitreichende Fernsicht bietend, ganz frei und einsam 2)
die alte Filialkirche oder Capelle des heiligen Bischofs
Nikolaus erhebt, deren Beschreibung diese Blatter gewidmet
sind.
Was den Ort selbst betrifft, so lesen wir einen Bewohner
desselben, Otto de Holtzarn, 1209 bei einer Vergabung des
Grafen Friedrich v. Peilstein an das Hochstift Regensburg, welchem
die Herrschaft Pechiarn bis 1803 gehörte, unter den Zeugen s)
Elspet, des seligen Kunrat Schach Tochter, verkaufte 1433
ihrem Freunde (Verwandten) Petrein (Denkhel) ein Lehen zu Hol-
zarn, wovon der Pfarre Pechiarn jährlich sieben Schilling Dienst zu
entrichten sind; und 1448 verkauft HansDenkhelzu Kemmanpach
(Kemmelbach) die ihm von seinem verstorbenen Bruder Petrein
zugefallenen Rechte dem Andre Pyderman, Pfarrer zu Pechiarn,
worüber der Kaufbrief am Freitage vor der heiligen drei Könige
Tag des genannten Jahres (5. Januar) gegeben ist. Am Phinztag
vor St. Antonius (13. Januar) 1431 verkauft Georg Sinzendorfer
zum Wasen eben diesem Pfarrer etliche Gülten zu Holzaru^).
gemeinen Sprachweise gewöhniich in ing über; z. B. Pechiarn in
Pechiing, Kornarn, Kuefam, Schweinern, Thaiern, Winkiern in
Korning, Kneßng, Schweining, Thaiing, Winkling u. s. w.
0 Das Haus nächst der Kirche wurde erst in neuester Zeit gebaut.
iichen Archive zu Pechiarn. — Übrigens gibt es auch ein anderes Dorf
Hoizern im Kreise ob dem Wiener-Waide, nächst der Erlauf, hei
Petzenkirchen, zur Herrschaft Wieseiburg gehörig, wohin seibst-

Die äussere und innere Gestalt der Kirche zu Holzern mit
ihrem, der Mitte des XV. Jahrhunderts entsprechenden Bauformen,
wie sie jetzt dem Beschauer sich darsteiit, zeigt schon dem flüch-
tigsten Blicke, dass dieses Kirchlein eigentlich nur der Chor oder
das Presbyterium und der Thurm eines viel grösseren Gotteshauses
sei, dessen Vollendung durch Htnzufügung der zwei Kreuzarme
und des Schiffes oder Langhauses (welche Theile in der projectirten
Form fehlen) aus unbekannten Ursachen nicht zu Stande kam. Dass
hei der Anlage des Bauwerkes die Gestalt eines lateinischen Kreuzes
beabsichtigt war, zeigt der hohe und breite Spitzbogen, der zu
Ende der nördlichen und südlichen Chorwand übereinstimmend mit

der 14. Februar zu verstehen.
1) In der Leutschauer Stadtkirche wurde der Gottesdienst nach evangeii-
schem Gebrauche zum ersten Maie in der Charwoche 1S44 gehaiten.
2) Obgieich sich hei dem Abgänge aiier positiven Nachrichten gegen die
zum Schmucke seiner Edeisitze Gefaiien ßnden, während soiche für
den Bürger oder einen städtischen Magistrat, ein bei weitem gerin-
geres interesse hatten. Ais Eigenthum eines reichen Adeiigen der
Nachbarschaft war daher unser Teppich vielmehr an seinem Piatze als
in den Händen eines Bürgers, und konnte leicht von einem jener
Herren, weicher der Leutschauer Stadtkirche mit Voriiebe zugethan
war, ais Geschenk in deren Besitz übergehen. Unter den benachbarten
Edien standen aber die Grafen Thurzo in nächster Beziehung zu der
ietzteren. Dieses im XVI. undXVH. Jahrhundert hochangesehene, und
im nördlichen Ungarn reichbegüterte Geschieht erhielt nach dem Faiie
der Zäpoiya s die erbiiche Obergespanswürde der Zips, wähite die
Leutschauer Kirche zu seinem Begräbnissorte, stattete seihe mit reicher
Stiftung aus, und noch jetzt ist an mehreren Orten der Kirche das
Thurzonische Wappen zu sehen. Es hätte somit die Schenkung des
Teppichs von Seiten eines Grafen Thurzo an die von seiner Famiiie
begünstigte Kirche nichts befremdendes.
 
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